Merkel, so hob unter anderem die spanischen Zeitung "El Mundo" hervor, ist die Einzige an der Spitze eines großen europäischen Landes, die ihr Mandat inmitten der Euro-Schuldenkrise bestätigen konnte. Doch bevor sie nun eine neue Amtszeit antritt, muss die Koalitionsfrage geklärt werden. Und das ist nicht ganz leicht.
Denn der Union aus Christdemokraten (CDU) und bayerischen Christsozialen (CSU) fehlen nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zwar nur fünf Sitze zur absoluten Mehrheit im Bundestag. Doch weil der bisherige Koalitionspartner FDP aus dem Parlament flog, muss sich Merkel einen Partner unter den Oppositionsparteien suchen. Dafür kämen die Sozialdemokraten oder die Grünen infrage.
Am Montag in der Früh regierte in Berlin zunächst einmal die Skepsis. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig warnte, in einem Regierungsbündnis müssten auch die Inhalte zusammenpassen. Das sei mit der CDU "sehr, sehr schwierig". Auch der stellvertretende CDU-Chef Armin Laschet sagte, Koalitionsverhandlungen zwischen Christ- und Sozialdemokraten könnten an inhaltlichen Differenzen scheitern.
Dennoch scheint eine Neuauflage der "schwarz-roten" Koalition, wie sie in Deutschland zwischen 2005 und 2009 regierte, jetzt als die wahrscheinlichste Option. Eine CDU/CSU-Minderheitsregierung hat Merkel am Wahlabend bereits ausgeschlossen. Sie will klare Verhältnisse. Ein schwarz-grünes Bündnis wäre auch möglich, doch sind die ideologischen Unterschiede der CDU/CSU zu den Grünen in der Finanz-, Energie und Gesellschaftspolitik größer als zur SPD.
SPD, Grüne und Linkspartei, die zusammen acht Sitze mehr haben als CDU/CSU, könnten sich nun auch zusammentun und Merkel im Bundestag abwählen. Doch dies ist nur eine theoretische Option. Denn SPD und Grüne lehnen eine gemeinsame Regierung mit der Linken kategorisch ab. Sie halten die außenpolitischen Positionen der Partei für unverantwortlich und ihre sozialpolitischen Forderungen für unbezahlbar. Linken-Chef Bernd Riexinger appellierte am Montag vergeblich an SPD und Grüne, es sich noch einmal zu überlegen.
Wie Umfragen zeigen, wäre unter den deutschen Wählern eine "schwarz-rote" Koalition populär. Und viele CDU-Politiker erinnern sich eigentlich ganz gerne an die gute Zusammenarbeit mit den SPD-Kollegen in Merkels erster Regierungszeit von 2005 bis 2009.
Um die Sozialdemokraten als Koalitionspartner zu gewinnen, müssten die Christdemokraten ihnen freilich Zugeständnisse machen. So fordert die SPD zu Beispiel einen deutschlandweit einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Die SPD will auch die Steuern für Besserverdienende erhöhen, während Merkel den Wahlkampf mit dem Versprechen führte, keine Steuern zu erhöhen. Hier dürfte aber ein Kompromiss möglich sein.
Zur Großen Koalition 2005-2009 gäbe es aber einen wesentlichen Unterschied: Vor acht Jahren waren CDU/CSU und SPD annähernd gleich stark und daher mit je acht Mitgliedern im Kabinett paritätisch vertreten. Nun wären die Sozialdemokraten mit 25,7 Prozent Stimmenanteil nur der Juniorpartner der Christdemokraten, die 41,5 Prozent holten. Womöglich könnte die Regierungsbildung aber schneller gehen als 2005. Denn SPD-Kanzler Gerhard Schröder tat sich damals zunächst schwer mit dem Rückzug von der Macht. So vergingen zwischen Bundestags- und Kanzlerwahl zwei Monate.
(Quelle: salzburg24)