Die bunt bebilderten Auktionsunterlagen lesen sich wie Werbeschilder beim Winterschlussverkauf: Restposten sind bereits ab 1 Euro zu haben. Aber sie zeigen weder Kleidung noch Schuhe für die kalte Jahreszeit, sondern Bagger, Bohrmaschinen, Abstellregale und Baugerüste. Es sind die Reste des Bauriesen Alpine, der im Juni 2013 die größte Pleite der österreichischen Nachkriegsgeschichte lieferte.
Alpine versteigert Maschinen für Gläubiger
Seither führt das Ruder nicht mehr der spanische Mutterkonzern FCC, sondern der Insolvenzverwalter. Er versucht mit dem Verkauf der verbleibenden Vermögensgegenstände das Beste für die Gläubiger herauszuholen - unter ihnen große Banken wie UniCredit und Erste Group. Die Auktionsfirma Karner & Dechow hat dabei die Versteigerung der insgesamt zehn Bauhöfe übernommen, von denen das Unternehmen seine Baustellen in Österreich beliefert hat. Am Standort in Trumau südlich von Wien können Interessenten die Geräte vor Ort inspizieren, bevor die eigentliche Auktion im Internet startet: Schon von weitem sichtbar ragen gelbe Baukräne in den grauen Himmel über dem 3.000-Seelen-Dorf und weisen dem Besucher den Weg. Auf dem ehemaligen Alpine-Gelände am Ortsrand liegen in einer großen Werkshalle 2.500 Einzelteile aufgereiht.
Auch Kunden aus Arabien
"Bei diesen Besichtigungsterminen kommen Hunderte von Leuten - zum Teil weitgereist", sagt der Chef des Versteigerungshauses, Herbert Karner. Dies fange beim Häuslbauer an, der sich seine Schubkarre oder Mischmaschine kauft, und ende bei ganz großen Baukonzernen. "Das ist Jahrmarktstimmung. Jeder versucht, sich sein Schnäppchen rauszusuchen." Unter den Interessenten an diesem Tag ist auch eine Kran-Verleihfirma aus den Arabischen Emiraten, wo die Bauwirtschaft vor der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar 2022 boomt - ebenso wie lokale Schnäppchenjäger: Zwei Männer aus Wien inspizieren einige Werkbänke. "Das ist schon traurig. Man schaut in Fächer und findet noch Fotos von früheren Angestellten", sagt einer von ihnen.
Routine für Versteigerungsfirma
Von den einst 4.900 Alpine-Bauarbeitern in Österreich haben die meisten mittlerweile einen neuen Arbeitsplatz gefunden - auch weil viele Baustellen von anderen Unternehmen weitergeführt werden: Nach Angaben der Arbeitsagentur AMS waren Ende Februar 365 ehemalige Alpine-Arbeiter arbeitslos - von österreichweit 53.000 arbeitslosen Bauarbeitern. Auch am ehemaligen Bauhof in Trumau sind bis Ende März noch einige von ihnen beschäftigt. Sie helfen bei der Versteigerung mit - bis sie hoffentlich bald einen neuen Job gefunden haben. Während ihnen der Schock nach der Pleite noch in den Knochen sitzt, kommen bei den Verantwortlichen der Versteigerungsfirma weder Wehmut noch Traurigkeit auf. Für sie sind solche Anlässe Routine. "Das ist der Lauf der Wirtschaft. Es ist ja nicht so, dass sich alles auflöst; es gibt auch Leute die kaufen, und deren Unternehmen sind im Aufschwung", sagt Arndt Wernicke von der Auktionsfirma Karner & Dechow.
Tropfen auf dem heißen Stein
Die Einnahmen aus der Versteigerung sind für die Gläubiger des Baukonzerns nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein: Eine erste Versteigerungsrunde auf den Bauhöfen im Herbst vergangenen Jahres brachte 11 Mio. Euro ein - die zweite noch wenige Tage laufende Tranche dürfte Erlöse von gut 5 Mio. Euro einspielen. Ursprünglich schuldete die Alpine ihren Gläubigern laut Kreditschutzverband von 1870 (KSV1870) 3,5 Mrd. Euro. Bis 3. Dezember hatten rund 7.500 Gläubiger lediglich Forderungen im Volumen von etwa 900 Mio. Euro angemeldet - davon wurden wiederum nur 200 Mio. Euro vom Masseverwalter anerkannt. Die Gläubiger werden sich nach Einschätzung des Gläubigerschutzverbands KSV wohl auf eine Quote in niedrigen einstelligen Prozentbereich einstellen müssen. (APA)
(Quelle: salzburg24)