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Frankreich: Antisemitischer Komiker Dieudonne darf doch nicht auftreten

Dieudonne verbuchte vor Gericht einen Etappensieg gegen die Regierung in Paris.
Veröffentlicht: 09. Jänner 2014 16:09 Uhr
Ein Auftritt des wegen antisemitischer Äußerungen höchst umstrittenen französischen Komikers Dieudonné ist in letzter Minute doch noch verboten worden.
SALZBURG24 (Edgar Netzer)

Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht gab am Donnerstagabend den Behörden Recht, die einen Auftritt Dieudonnés in der westfranzösischen Stadt Nantes untersagt hatten.

Oberstes Gericht verbietet Auftritt

Der Staatsrat in Paris annullierte nur zwei Stunden vor dem geplanten Beginn der Veranstaltung eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Nantes, das am Nachmittag ein Auftrittsverbot per einstweiliger Verfügung außer Kraft gesetzt hatte. Mehrere Städte hatten zuletzt Auftrittsverbote ausgesprochen, auch Frankreichs Regierung machte die Angelegenheit zur Chefsache.

Der 47-Jährige hätte damit wie geplant seine neue Tournee "Die Mauer" am Donnerstag in der westfranzösischen Stadt starten können. Die Menschenwürde werde mit dem Programm nicht grundsätzlich untergraben, urteilte das erstinstanzliche Gericht. Das Innenministerium in Paris kündigte unmittelbar daruf Berufung beim Obersten Verwaltungsgericht an, welches der Beschwerde in den Abendstunden Recht gab.

Witze über den Holocaust

Die Regierung versucht in jüngster Zeit verstärkt, gegen den Provokateur vorzugehen. Dieudonne ist in der Vergangenheit bereits wegen Anstiftung zu Hass und rassistischen Äußerungen zu insgesamt 65.000 Euro verurteilt worden. Sein Lied "Shoananas" banalisiert mit einer Verbindung der Wörter "Shoah" und "Ananas" den Völkermord.

Bekannt ist auch die Geste "Quenelle", die von Gegnern als verkappter Hitlergruß verstanden wird. Der Gruß diente auch als Symbol einer antizionistischen Partei, für die Dieudonne 2009 bei den Europawahlen antrat.

Frankreich will Antisemit zum Schweigen bringen

Seit Jahren gefällt sich Dieudonne in der Rolle des Provokateurs. "Der Holocaust hat uns viel gekostet. Wir zahlen noch immer", gibt der Kabarettist in seiner neuen One-Man-Show zum Besten. Oder "Was für ein Projekt haben die Neonazi 2013? Seife aus der Crème de la Crème des französischen Showbusiness zu machen?"

Frankreichs Innenminister Manuel Valls möchte seine Auftritte aber am liebsten verbieten. Dieudonne kontert, er werde gerichtlich gegen den Politiker und alle verhängten Auftrittsverbote vorgehen.

Hollande ruft zu Wachsamkeit auf

Der "Gottgebene", wie Dieudonné auf Deutsch heißt, lässt auch Präsident François Hollande nicht kalt: "Angesichts des Antisemitismus, angesichts der Störungen der öffentlichen Ordnung, die durch unwürdige Provokationen hervorgerufen werden, (...) fordere ich die staatlichen Vertreter und insbesondere die Präfekten auf, wachsam und unnachgiebig zu sein", erklärte Hollande am Dienstag.

In einem Rundbrief forderte er Bürgermeister und Präfekten des Landes auf, bei erkennbarer Störung der öffentlichen Ordnung die Gastspiele des Komikers verbieten zu lassen. Viele Städte, darunter Bordeaux und Tours, sind dem Aufruf bereits gefolgt.

Markenzeichen: "Falscher" Hitlergruß

Valls hat den Sohn eines Kameruners und einer Bretonin seit mehreren Wochen im Visier - nicht zuletzt wegen des französischen Fußballprofis Anelka. Der Nationalspieler sorgte für Schlagzeilen, weil er den "Quenelle"-Gruß zeigte: einen stramm nach unten ausgestreckten Arm, auf den sich die linke Hand legt.

Seit Wochen mehren sich auf Facebook und Twitter Fotos junger Franzosen, die sich mit dieser Geste abbilden lassen. In Frankreich diente sie einer antizionistischen Partei, für die Dieudonné 2009 bei den Europawahlen kandidierte, als Symbol.

Vom Kritiker zum Sympathisanten

Seine Karriere begann er als Kritiker von Rechtsextremismus und Rassismus. Heute steht der 47-Jährige der rechtsextremen Front National (FN) nahe. Deren Gründer Jean-Marie Le Pen ist Patenonkel eines seiner Kinder. Offen sympathisierte er mit dem iranischen Regime, das für seinen Antisemitismus bekannt ist. Sein 2012 gedrehter Film "Antisémite" soll nach einem Bericht der französischen Zeitung "Libération" mit Geldern aus dem Umfeld des damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad finanziert worden sein.

Rassismus gegen freie Meinungsäußerung

Bislang ließ Frankreich die antisemitischen Parolen Dieudonnés meist durchgehen - im Namen der freien Meinungsäußerung. Diesmal scheint die französische Regierung Ernst machen zu wollen. Doch der bullige Komiker weiß sich zu wehren. Sein Anwalt reichte am Dienstag Klage gegen Innenminister Valls ein - wegen Verletzung der Meinungsfreiheit. (red/APA)

(Quelle: salzburg24)

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