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"Hire and Fire" ohne Nachhaltigkeit

Nach dem Double 2006 wurde Schinkels verabschiedet
Veröffentlicht: 09. Oktober 2013 12:20 Uhr
Mit großen Zielen war Frank Stronach angetreten. Österreich an die Spitze zu bringen war sein Vorhaben. Als der Milliardär das Feld wieder verließ, blieb wenig, worauf man aufbauen konnte. Die Rede ist vom Fußball, in den der unberechenbare Milliardär zwischen 1998 und 2011 geschätzt fast 200 Mio. Euro und damit noch deutlich mehr als in seine Partei gesteckt hat.

Nicht wenige sehen darin Parallelen zum aktuellen Stand seiner politischen Ambitionen. Stronach wollte hoch hinaus mit dem österreichischen Fußball. Sein Motto: "Wenn du mit den Adlern kreisen willst, kannst du nicht mit den Hühnern pecken." Sinnbildlich dafür stand sein Einstieg hoch über Wien.

Von einer Geschäftsreise aus Russland kommend, überflogen Stronach und der ehemalige Verkehrsminister und Bundespräsidentschafts-Kandidat Rudolf Streicher (SPÖ), damals Präsident von Austria Wien, am 22. April 1998 das Wiener Happel-Stadion, in dem Österreich gerade gegen die USA spielte. In der zweiten Spielhälfte saß Stronach schon in der Arena und erlebte die 0:3-Schlappe mit.

Wie das denn sein könne, fragte er sich und griff tief in die Taschen, um Österreich an die Spitze zu bringen. Den Europacupsieg für die Austria und den Weltmeistertitel für Österreich "spätestens 2006" gab er als Ziel an. Als Zeichen, dass er es ernst meinte, stellte er sich ohne Konditionen am 1. August 1998 mit einem überdimensionalen Scheck über zehn Mio. Schilling (726.728 Euro) ein, mit dem die Austria den ehemaligen Spieler Michael Wagner zurückholte.

Frei nach seiner Prämisse "Wer das Gold hat, macht die Regeln" wollte sich Stronach aber mit einer Sponsortätigkeit alleine nicht zufriedengeben. Er hegte revolutionären Gedanken zur Neustrukturierung, aber auch skurrile Ideen, etwa eine Junioren-Auswahl (Tiger-Team), mit der er in der Bundesliga mitspielen wollte. Die Gründung einer Nachwuchs-Akademie sowie eine bessere und gemeinsame Vermarktung der Bundesliga über einen Sportwetten- und TV-Kanal waren seine zentralen Punkte, die er der Liga im November 1998 präsentierte. Ab dem Moment einer positiven Absichtserklärung stellte er pro Jahr jedem Klub zehn Mio. Schilling (726.728 Euro) in Aussicht.

Der Austro-Kanadier überzeugte den Großteil der Vereinspräsidenten, schon wenige Wochen später flossen die ersten Stronach-Millionen in diverse Klub-Kassen. Mit Salzburg, Tirol, GAK, Steyr und Admira/Mödling gab es die ersten Einigungen. Am 14. Februar 1999 folgte trotz Bedenken der Spitze des Österreichischen Fußball-Bundes die Wahl zum Bundesliga-Präsidenten.

Im Oktober 1999 schloss die Austria mit Stronach eine Grundsatzvereinbarung, die dem Verein 40 Mio. Schilling (2,91 Mio. Euro) pro Jahr garantierte. Zudem wurde ein Betriebsführungsvertrag abgeschlossen, der als wesentlichsten Punkt die Übernahme des Managements der Kampfmannschaft beinhaltet. Zentraler Punkt seiner Pläne war der Bau eines neuen Stadions in Rothneusiedl.

Unter Stronach wurde "Hire and Fire" quasi zur Vereinspolitik am Favoritner Verteilerkreis. Trainer, Spieler und violette Galionsfiguren hielt es nie lange unter Stronachs Statthaltern. So musste zunächst Österreichs Jahrhundert-Fußballer Herbert Prohaska als Trainer gehen, Walter Schachner wurde trotz nationaler und internationaler Erfolge vom prominenten Deutschen Christoph Daum ersetzt, auch der aktuelle deutsche Teamchef Joachim Löw, der mit Deutschland das Finale der Europameisterschaft erreichte, wurde abserviert.

Ruhe kehrte bei der Austria nicht ein. Als im November 2005 mehrere Austria-Mitglieder einen Misstrauensantrag stellten, kündigte Stronach das Ende des Betriebsführungsvertrags an, der schließlich im Juni 2007 auslief. Die sportliche Bilanz fiel gemessen am finanziellen Aufwand bescheiden aus. Zwei Meistertitel (2003 und 2006) stehen zu Buche, die Qualifikation für die Champions League gelang aber nie - erst im vergangenen Sommer, als die Nachwehen von Stronachs Engagement überwunden waren, gelang dies.

Stronach zog mit seinen Millionen nach Wiener Neustadt weiter. Seine SMI erwarb im Jänner 2008 die Lizenz des finanziell schwer angeschlagenen Zweitligisten Schwanenstadt und zog mit dem Verein nach Wiener Neustadt. 45 km südlich von Wien vollzog sich dieselbe Geschichte wie in der Bundeshauptstadt, allerdings in geringeren Dimensionen. Stronach holte teure Spieler und kündigte den Bau eines neuen Stadions an, das aber nicht gebaut wurde. Nach dem Aufstieg und einem Cup-Finale beendete Stronach im Frühjahr 2011 in Wiener Neustadt sein Engagement.

Danach wurde es ziemlich ruhig um den 81-Jährigen im Fußball. Aktuell unterstützt der Austro-Kanadier Sturm Graz im Nachwuchsbereich sowie mit der Finanzierung von Stürmer Robert Beric. Mitspracherecht, so wurde mehrmals - und auch glaubhaft - versichert, hat Stronach aber nicht.

Viel blieb von Stronachs Engagement nicht. Die unrealistisch hochgesteckten Ziele konnten nicht erreicht werden, die angekündigten Investitionen in die Infrastruktur (Stadien) erfolgten nicht, die Ausgaben in dreistelliger Millionenhöhe verpufften ohne Nachhaltigkeit.

Mit Ausnahme einer Maßnahme: Stronach war mit seiner Nachwuchsakademie in Hollabrunn Vorreiter, sein Ausbildungszentrum fand viele Nachahmer und wirkt nachhaltig. Aus seiner Akademie ging etwa David Alaba hervor, mit 21 Jahren auch international schon eine Ausnahmeerscheinung. Ob sein Wirken in der Politik auch so ein Talent hervorbringt, muss sich erst zeigen.

(Quelle: salzburg24)

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