Sowohl die USA als auch Deutschland sprachen angesichts der Wahlbeteiligung von einem ermutigenden Signal. Das vorläufige Wahlergebnis wird wegen der langwierigen Stimmenauszählung und der Überprüfung von Betrugsvorwürfen erst Anfang Juli verkündet.
Den Taliban gelang es nicht, die Wahl maßgeblich zu stören. Trotzdem wurde die Abstimmung von Gewalt überschattet. Nach Angaben des Innenministeriums kamen bei landesweit 150 Anschlägen und Angriffen 20 Zivilisten, 15 Soldaten, elf Polizisten und ein Mitarbeiter der Wahlkommission ums Leben. Sicherheitskräfte töteten demnach außerdem 19 Taliban-Kämpfer. Unter den getöteten Zivilisten waren fünf Kinder.
Nach der Stichwahl haben Taliban-Kämpfer laut Innenministerium elf Wählern deren mit Tinte markierten Finger abgeschnitten. Die Opfer seien in der westafghanischen Provinz Herat ins Krankenhaus gebracht worden, teilte Vize-Innenminister Mohammad Ajub Salangi am Samstagabend über Twitter mit. Bei Wahlen in Afghanistan wird ein Zeigefinger des Wählers mit nicht abwaschbarer Tinte markiert, um eine mehrfache Stimmabgabe zu verhindern. Damit wird allerdings auch für die Taliban ersichtlich, wer deren Aufruf zum Wahlboykott missachtet hat. Die Taliban hatten Afghanen mit dem Tode bedroht, sollten sie wählen gehen.
Nach Angaben der Regierung wurden 400.000 Sicherheitskräfte eingesetzt, um Wähler und Wahllokale zu schützen. Unmittelbar nach dem Ende der Wahl begann die Auszählung der Stimmen.
Nach Angaben der Wahlkommission (IEC) beteiligten sich mehr als sieben Millionen der rund zwölf Millionen Wahlberechtigten an der Abstimmung. Mit rund 60 Prozent entspricht das in etwa der Quote aus der ersten Wahlrunde und übertrifft die Erwartungen deutlich. Nach IEC-Angaben waren 38 Prozent der Wähler vom Samstag Frauen.
In Kabul und in anderen Städten bildeten sich Schlangen vor Wahllokalen. Aus einigen ländlichen Gegenden berichteten Augenzeugen allerdings, dass Drohungen der Taliban Wahlberechtigte abschreckten. In mehr als 330 Wahllokalen im Land gingen die Wahlzettel aus, die Wahlkommission musste Nachschub liefern. Auch Betrugsvorwürfe wurden laut. Die Wahlbeschwerdekommission (ECC) meldete 250 Beschwerden.
Die Wahlkommission will ein vorläufiges Wahlergebnis am 2. Juli und ein amtliches Endergebnis am 22. Juli verkünden. Die Amtseinführung des neuen Präsidenten - die erste demokratische Machtübergabe in der Geschichte des Landes - ist für den 2. August geplant.
Der scheidende Präsident Karzai gratulierte seinen Landsleuten am Abend dazu, trotz der Gewalt mit einem "starken Herzen" gewählt und Afghanistan "stolz und erfolgreich" gemacht zu haben. Karzai sprach von einem "großen Schritt in Richtung Stabilität und Frieden".
Karzai durfte nach den Vorgaben der Verfassung nicht ein drittes Mal kandidieren. Er regiert Afghanistan seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001. Abdullah war bei der ersten Wahlrunde auf 45 Prozent der Stimmen gekommen und hatte die erforderliche absolute Mehrheit damit verfehlt. Ghani gewann 31,6 Prozent der Stimmen.
Sowohl Abdullah als auch Ghani haben im Falle ihres Wahlsieges versprochen, die Sicherheitslage zu verbessern, wirtschaftliche Probleme anzugehen und die Korruption zu bekämpfen. Beide haben außerdem zugesagt, ein Sicherheitsabkommen mit den USA zu unterschreiben, das Voraussetzung für einen internationalen Militäreinsatz nach Ablauf dieses Jahres ist.
Die US-Regierung lobte die Wahl und sagte dem künftigen Präsidenten Unterstützung zu. "Das afghanische Volk kann stolz sein auf das, was es erreicht hat. Es hat ein starkes Fundament für die Zukunft", erklärte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel.
(Quelle: salzburg24)