"Die Art und Weise der Verurteilung des Oppositionsführers zu fünf Jahren Arbeitslager ist äußerst zwielichtig und riecht nach einem rein politischen Prozess mit dem alleinigen Ziel, eine kritische Stimme in Russland mundtot zu machen. Viele Russen, die sich Sorgen über die zunehmende Alleinherrschaft von Putin machen, hatten in den vergangenen Monaten Nawalnys kritische Angriffe auf die Politik des Präsidenten und die Bloßstellung der Korruption in mächtigen Kreisen Russlands durch den 37-Jährigen begrüßt. (...) Hoffentlich kann Nawalny noch durch ein Berufungsverfahren die Aufhebung seines Urteils erreichen. Doch das ändert nichts an der Feststellung, dass der russische Rechtsstaat todkrank ist."
"Liberation" (Paris):
"Es ist nicht gut, sich Wladimir Putin zu widersetzen. Alexej Nawalny ist das jüngste Opfer des ehemaligen KGB-Obersts, der keine Herausforderung seiner absoluten Macht duldet. (...) In Putins Russland stehen Justiz wie Polizei, Medien wie (das Parlament) Duma unter dem Befehl des Kreml wie in alten Zeiten der Sowjetunion. Russland ist kein Rechtsstaat. Wladimir Putin wird trotzdem von (Frankreichs Präsident) Francois Hollande wie ein respektabler Staatschef behandelt. Er ist bei G-8-Gipfeln dabei neben westlichen Demokratien, deren Werte und Interessen er nicht teilt. Russland verteidigt und bewaffnet Damaskus und Teheran. Es ist höchste Zeit, dass Europa und Frankreich Putin als das behandeln, was er ist: als einen Diktator."
"El Pais" (Madrid):
"Die Verurteilung zu fünf Jahren Haft von Alexej Nawalny, des Anwalts und Bloggers, der die Opposition gegen Putin anführt, hat gestern viele Protestreaktionen ausgelöst, nicht nur auf den Straßen Russlands, sondern auch seitens der internationalen Gemeinschaft. Die russische Opposition, Menschenrechtsorganisationen, die EU und die Vereinigten Staaten erklärten, Nawalny sei Opfer eines politischen Prozesses ohne die nötigen juristischen Garantien gewesen. Der Einsatz der Gerichte gegen die Opposition wurde auch von Gorbatschow als 'inakzeptabel' bezeichnet. Dieser Fall macht wieder das autoritäre Abdriften des russischen Präsidenten deutlich."
"Lidove Noviny" (Prag:
"Wenn jemand die Regierung und den autoritären Präsidenten kritisiert, Korruptionsfälle aufdeckt, die Menschen zur bürgerlichen Selbstverteidigung aufruft und dann zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt wird, dann stinkt etwas. Das Urteil belegt, dass Russland Russland bleibt, ein Land, in dem jeder aus der Reihe tretende Einzelne eine gewatscht kriegt.
Es ist bezeichnend, dass der beliebte Blogger und informelle Oppositionsführer Nawalny für ein Wirtschaftsdelikt verurteilt wurde. Der Staat will ihn bei den Bürgern und seinen Anhängern in Misskredit bringen. Einem solchen Menschen soll man glauben, der Putin kritisiert und sich dabei selbst bereichert?
Trotz allem fällt es schwer, in Nawalny ein Symbol einer starken Opposition, einen Kämpfer für ein besseres Russland oder den nächsten Präsidenten zu sehen. Kann eine Persönlichkeit diese Rolle erfüllen, die zwar gegen die Korruption ankämpft, aber ansonsten keinerlei gesellschaftliche Idee anzubieten hat?"
"Die Welt" (Berlin):
"Der oppositionelle Blogger Alexej Nawalny wurde in einem absurden Prozess zu fünf Jahren Straflager verurteilt. Es ist ein weiterer Beweis dafür, wessen Geistes Kind Kreml-Chef Wladimir Putin und seine Umgebung sind. Die Macht Putins basiert vor allem auf der Passivität der Mehrheit. Vor anderthalb Jahren geschah ein Bruch. Besonders die Mittelschicht in den Großstädten ging auf die Straße, um ihren Protest öffentlich auszudrücken. (...) Das Urteil an Nawalny ist eine Warnung an alle, die politisch aktiv sind. Was wir erleben, sind nicht die Geburtsfehler einer noch jungen Demokratie. Das ist bewusster Missbrauch von demokratischen Institutionen mit einem Ziel, lebenslang an der Macht zu bleiben."
"Frankfurter Allgemeine Zeitung":
"Dass der Kreml es für nötig hält, Nawalnyj bis nach der nächsten Präsidentenwahl wegschließen zu lassen, muss wohl als Anerkennung seiner politischen Fähigkeiten verstanden werden. Für die russische Opposition bedeutet das nicht nur, dass sie einen potentiellen Führer verliert (...); es ist auch eine Warnung an alle, die in der Lage wären, eine Führungsrolle einzunehmen. Damit sinken die Chancen, dass in Russland demokratische Kräfte heranwachsen (...). Für Russland wie für seine europäischen Nachbarn sind das düstere Aussichten. (.) Es ist nicht ganz auszuschließen, dass Putin für zwei volle Amtszeiten - bis 2024 - der Herr im Kreml bleibt. Das macht Russland zu einem Dauerproblemfall der europäischen Politik. Ein Partner kann es erst nach Putin wieder werden."
(Quelle: salzburg24)