Das Parlament hatte das Amnestiegesetz am Mittwoch beschlossen. Die Opposition boykottierte die Abstimmung, da im Gegenzug für die Freilassung der inhaftierten Demonstranten ein Ende der Proteste und die Räumung besetzter Gebäude binnen 14 Tagen verlangt wird. Bereits am Dienstag hatten die Abgeordneten in einer Sondersitzung dafür gestimmt, die Gesetze zurückzunehmen, mit denen vor zwei Wochen die Versammlungsfreiheit massiv eingeschränkt worden war.
Kurz bevor bekannt wurde, dass Janukowitsch das Amnestiegesetz unterzeichnete, forderte US-Außenminister John Kerry den ukrainischen Präsidenten auf, weitere Zugeständnisse an die Opposition zu machen. "Die Angebote von Präsident Janukowitsch haben noch kein angemessenes Maß erreicht", so Kerry bei einem Besuch in Berlin. Der Opposition sei es deshalb noch nicht möglich, in eine "Art Regierung der Einheit" einzutreten.
Auch das Militär in der Ukraine warnte am Freitag vor einer weiteren Eskalation der schweren Krise. Die Besetzung staatlicher Gebäude durch Demonstranten sei unzumutbar. Indes wurde ein entführter, schwer misshandelter Regierungsgegner gefunden. Die Opposition beklagt, dass etwa 30 Aktivisten verschleppt worden seien, angeblich von angeheuerten Schlägerbanden.
Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel betonte unterdessen, die Ukraine könne sich nach wie vor weiter an die Europäische Union binden. "Die Tür zur Unterzeichnung des Assoziierungsabkommen steht weiter offen." Mit Blick auf die aktuelle Lage ergänzte sie: "Die Europäische Union möchte hier wirklich hilfreich sein." Die Frage größerer Geldhilfen für das finanziell angeschlagene Land stellt sich für Merkel aber nicht.
Russland hat der Ukraine rund um die Abkehr Kiews von der jahrelang geplanten EU-Assoziierung Kredite von 15 Milliarden Dollar (rund 11 Milliarden Euro) versprochen und bereits drei Milliarden Dollar überwiesen. Die EU stellt laut Diplomaten in Aussicht, 600 Millionen Euro zu geben, knüpft dies aber an scharfe Bedingungen. Janukowitsch orientiert sich nun wieder klar an Moskau. Die Demonstranten setzen auf eine Annäherung an die EU.
Das von Janukowitschs Partei dominierte Parlament hatte die als "diktatorisch" kritisierte Verschärfung der Versammlungs- und Pressefreiheit am 16. Jänner beschlossen. Kritiker verglichen die Vorschriften mit repressiven Gesetzen im Nachbarland Russland. In der Folge war es zu blutigen Protesten gegen die Führung gekommen. Mindestens vier Menschen starben, mehr als 500 wurden verletzt. Als Zugeständnis an die Opposition hatte das Parlament die Gesetze am Dienstag aufgehoben.
Trotz der innenpolitischen Krise in der Ukraine hat der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko seine Teilnahme an der Münchner Sicherheitskonferenz bestätigt. Geplant seien Treffen unter anderem mit US-Außenminister John Kerry, dem deutschen Präsidenten Joachim Gauck und der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, teilte Klitschkos Partei Udar (Schlag) am Freitag mit. Für diesen Samstag ist eine Rede des 42-Jährigen zur Lage in der früheren Sowjetrepublik vorgesehen.
(Quelle: salzburg24)