In Parteivorstandssitzungen berieten am Vormittag die Parteigremien über das weitere Vorgehen. Merkel berichtete nach der CDU-Sitzung von einem Gespräch mit SPD-Chef Gabriel. Dieser habe aber gesagt, dass die SPD zunächst einen Parteikonvent am Freitag abhalten wolle. "Das gilt es abzuwarten", sagte Merkel. Zugleich schloss sie Sondierungsgespräche auch mit den Grünen ausdrücklich "nicht aus".
Bei den Sozialdemokraten wird eine intensive Debatte über das Für und Wider einer Zusammenarbeit mit der Union erwartet. "Die SPD steht jetzt nicht Schlange oder bewirbt sich, nachdem Frau Merkel ihren jetzigen Koalitionspartner ruiniert hat", sagte Gabriel mit Blick auf die FDP, die mit 4,8 Prozent erstmals den Einzug in den Bundestag verpasst hat. SPD-Spitzenkandidat Steinbrück sagte mit Blick auf die Union: "Die SPD drängt sich nicht auf."
Die Grünen zeigten sich grundsätzlich offen für Gespräche mit Merkel: "Wenn sie einlädt, unterhalten wir uns selbstverständlich", sagte Parteichef Özdemir. Fraktionschefin Renate Künast betonte jedoch, sie könne sich Schwarz-Grün "trotz extremer Fantasie (...) nicht vorstellen".
Die vor einem Scherbenhaufen stehende FDP-Spitze kam ebenfalls in Berlin zusammen. Im Präsidium kündigte Parteichef Rösler seinen Rücktritt an. Er wolle damit auch die Verantwortung für den "bittersten Abend" nach dem Nicht-Einzug in den Bundestag übernehmen, sagte Rösler. Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, Christian Lindner, hat seine Bewerbung für dessen Posten bereits eingereicht. Der 34-jährige Lindner gilt schon seit längerem als Hoffnungsträger der Partei.
Auch bei den Grünen wurde eine umfassende personelle Neuorientierung eingeleitet. Die komplette Führungsspitze will nach der Niederlage zurücktreten. Der Bundesvorstand mit den beiden Vorsitzenden Cem Özdemir und Claudia Roth sowie der Parteirat mit den Spitzenkandidaten Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckart würden beim nächsten Bundesparteitag noch im Herbst ihre Ämter aufgeben, kündigte Roth am Montag an. Sie bekräftigte aber, sollte Merkel den Grünen Sondierungen über eine Regierungsbildung anbieten, sollten diese angenommen werden.
Am Dienstag treten ab 13.00 Uhr die alten und neuen Fraktionen von Union, SPD, Grünen und Linken im Reichstagsgebäude zusammen. Die nach ihrem verbesserten Wahlergebnis auf 311 Abgeordnete angewachsene Unionsfraktion wird dabei ab 15.00 Uhr ihre Führungsspitze bestimmen.
Es gilt als sicher, dass Unionsfraktionschef Volker Kauder, Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (beide CDU) und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt im Amt bestätigt werden. Bei der SPD, deren Abgeordnete Dienstag und Mittwoch zusammenkommen, dürften Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann ebenfalls wiedergewählt werden. Bei den Grünen und der Linken sollen noch keine Personalentscheidungen fallen.
(Quelle: salzburg24)