S24 Archiv

Minister erhoffen Wohlverhalten von Erdogan

Erdogan-Besuch sorgt für Sorgenfalten
Veröffentlicht: 17. Juni 2014 15:55 Uhr
Die meisten österreichischen Minister hoffen, dass sich der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bei seinem Wien-Aufenthalt - entsprechend dem Appell von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) - seiner Verpflichtung gegenüber dem Gastland bewusst ist und sich einer sensiblen Wortwahl bedient. Etwas skeptisch zeigten sich am Dienstag aber Innenministerin und Landwirtschaftsminister.

Sowohl Innenministerin Johanna Mikl-Leitner als auch Agrarminister Andrä Rupprechter (beide ÖVP) schlossen sich dem Appell von Kurz an, Erdogan möge sich bemühen, die türkische Community nicht zu spalten. Aber der Landwirtschaftsminister ist skeptisch: "Er bringt den Wahlkampf nach Österreich - ein Krawallmacher." Mikl-Leitner zeigte sich besorgt, dass der türkische Premier seine Worte nicht wirklich sensibel wählt: "Wer Erdogan kennt, weiß, dass das nicht ganz von der Hand zu weisen ist." Die Innenministerin versicherte einmal mehr, dass die Polizei alles tun werde, um - auch bei den zu erwartenden Gegendemonstrationen - die Sicherheit zu gewährleisten.

Minister unterstreichen österreichische Gesetze

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) unterstrichen die österreichischen Gesetze zur Versammlungs- und Redefreiheit. Bei Erdogans Besuch konkurriere die Redefreiheit mit den Verpflichtungen gegenüber einem Gaststaat, merkte Mitterlehner an. Keine große Sorge hat er um die Integration der Türken: Man könne doch nicht annehmen, dass eine einzige Veranstaltung alle bisherigen Integrationsbemühungen über den Haufen werfe.

Die Grünen-Chefin Eva Glawischnig sieht dem Auftritt Erdogans "mit Sorge entgegen". Erdogan sei bisher "nicht als Mann der Versöhnung aufgefallen, sondern als jemand, der mit seinen Reden einen Keil in die Gesellschaft treibt und spaltet", meinte Glawischnig am Dienstag. Österreich als Rechtsstaat "kann und soll seinen Auftritt nicht verhindern", ein mit Pomp inszenierter Wahlkampfauftritt sei aber nicht begrüßenswert, so die Grünen-Chefin.

Polarisierende Rede ist "Gift für Zusammenleben"

Eine Rede des türkischen Premiers, in der er in polarisierender Manier von "den Europäern" und "den Türken" spreche, wie er das bei seinem Auftritt in Köln gemacht habe, wäre "Gift für das Zusammenleben". Er schade damit den hier lebenden Bürgerinnen und Bürgern mit Wurzeln in der Türkei, warnte Glawischnig.

Die Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (ALEVI) veröffentlichte am Dienstag einen offenen Brief an Erdogan. Darin heißt es unter anderem: "Wenn andere Religionen und Konfessionen für Sie vereinende Faktoren und keine trennenden Übel sind, so seien Sie willkommen. Wenn Sie bereit sind, all das was Sie für Ihre türkischen Bürger in Österreich fordern, auch Ihren türkischen Bürgern in der Türkei zu gewähren, so seien Sie willkommen." Zugleich forderte die ALEVI Erdogan auf, zur Integration in Österreich beizutragen "und nicht durch unbedachte Aussagen 50 Jahre Integrationsarbeit" zu zerstören.

Kritik der Wiener FPÖ

Die Wiener FPÖ hat hingegen scharfe Kritik am kommenden Auftritt des türkischen Premiers in Wien geübt - unter anderem an den Kosten, die durch den Polizeieinsatz entstehen. "Ich fordere die Bundesregierung auf, die Rechnung dem Herrn Erdogan nach Ankara zu schicken", sagte der freiheitliche Rathaus-Klubchef Johann Gudenus. Laut Gudenus werden für den Einsatz der Sicherheitskräfte mindestens 500.000 Euro notwendig sein. "Das zahlen die österreichischen Steuerzahler. Das ist eine De-Facto-Wahlkampfspende", befand der FP-Politiker. Erdogan solle dies, so verlangte er, selber zahlen.

Erdogan unterstütze die Integrationsverweigerung vieler Türken in Österreich, warnte der blaue Rathaus-Politiker. Und er nehme die Rede- und Versammlungsfreiheit in Österreich in Anspruch, gleichzeitig würden Bürgerrechte in der Türkei nicht gewährt. Erdogan spalte auch die türkische Community. Ein Konflikt aus dem Ausland werde so nach Österreich getragen.

Der Besuch Erdogans ruft auch seine Gegner auf den Plan. Bis Dienstagnachmittag wurden zwei Demonstrationen angemeldet, die den Protest gegen die Veranstaltung mit Erdogan zum Ziel haben, wie Polizeisprecher Johann Golob der APA mitteilte. Golob zufolge plant ein Bündnis mehrerer türkischer und österreichischer Vereine, ab 13.00 Uhr vom Praterstern in die Donaustadt zu marschieren. Die Organisatoren gehen laut Anmeldung von rund 10.000 Teilnehmern an der Demonstration aus.

Gratis-Tickets sind vergriffen

Die gut 7.000 Gratis-Tickets für die Rede des türkischen Premiers in der Albert-Schulz-Halle sind übrigens vergriffen, hieß es am Dienstagnachmittag bei der einladenden Organisation UETD Austria. Die Einlassberechtigungen in die Halle seien bereits am ersten Tag praktisch zur Gänze weggegangen. Wie viele Menschen zusätzlich vor der Halle über Video den Ausführungen Erdogans folgen werden, könne man nicht vorhersagen, aber UETD erwartet eher mehr als die zugelassenen 10.000.

Sebastian Kurz (ÖVP) warnende Worte an den türkischen Premierminister in der Zeitung "Österreich", die österreichische Gesellschaft nicht zu spalten, sind derweil in der Türkei nicht ohne Nachhall geblieben. Eine türkische Hackergruppe hat die Internetseite des österreichischen Außenministers mit einer eindeutigen Botschaft verunstaltet. "Wer bist du denn Kleiner", postete am Montag eine Hackergruppe, die sich Akincilar (Räuber) nennt, auf der Internetseite von Kurz. In der Botschaft, die auf türkisch, englisch und deutsch lanciert wurde, heißt es weiter: "Du kannst nicht entscheiden, wie unser Premierminister zu reden hat". Neben dem Bild des türkischen Ministerpräsidenten prangt jenes von Sultan Süleyman dem Prächtigen, der als einer der bedeutendsten Osmanenherrscher gilt. (APA)

(Quelle: salzburg24)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

22.10.2018
S24 Archiv

Laudamotion schließt Station in Salzburg

Von Nicole Schuchter
15.10.2018
S24 Archiv

Auto brennt in Anif völlig aus

Von Jacqueline Winkler
22.07.2014
S24 Archiv

Lage in Koalition laut Faymann "gut"

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken