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Ostukraine: Viele Wahlstellen nicht im Einsatz

Veröffentlicht: 24. Mai 2014 21:21 Uhr
Die Ukraine wählt am Sonntag einen neuen Präsidenten, der das Land aus der Krise führen soll. In mehr als zwei Dritteln der Bezirkswahlkommissionen im Osten des Landes kann die Wahl nicht durchgeführt werden, zudem vereinten die prorussischen Separatisten ihre Gebiete unter dem Namen "Neurussland". Indes warnte Russlands Präsident Wladimir Putin den Westen vor ernsten wirtschaftlichen Sanktionen.

In zwei Drittel der Bezirkswahlkommissionen in den von Gewalt überschatteten ukrainischen Ostregionen kann die Präsidentschaftswahl am Sonntag nicht durchgeführt werden. "20 von 34 Bezirkswahlkommissionen, in den Regionen in denen der Anti-Terroristen-Einsatz läuft, sind unter der Kontrolle der Terroristen", sagte Vladyslav Selezniov, Sprecher der "Anti-Terroristen-Operation" am Samstag der Presse in Kiew.

Insgesamt gibt es landesweit 225 Bezirkswahlkommissionen, in 20 davon könne die Wahl aus Sicherheitsgründen und wegen einer möglichen Gefährdung der Wahlmitarbeiter nicht stattfinden. In den vergangenen Tagen hatten die Kämpfe im Osten zugenommen. Die Separatisten würden die Bevölkerung weiter "terrorisieren", um die Situation vor der Wahl zu destabilisieren. Am Samstag habe es bei den anhaltenden Kämpfen jedoch kein Todesopfer gegeben, so der Sprecher.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wird höchstwahrscheinlich am Sonntag keine Wahlbeobachter in die Ostukraine entsenden, erklärte die OSZE am Samstag. Grund dafür sei die prekäre Sicherheitslage im Osten des Landes. "Aus Sicherheitsgründen ist es sehr, sehr unwahrscheinlich, dass wir befristet Wahlbeobachter in die Regionen von Donezk und Luhansk (Lugansk) schicken", hieß es.

Vor der Präsidentschaftswahl beriet sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Samstag in einem Telefonat mit den Präsidenten Russlands und Frankreichs über die Lage in dem Krisenland. Die drei Politiker seien sich darin einig gewesen, dass die Wahlen möglichst in allen Landesteilen der Ukraine stattfinden und in einer friedlichen Atmosphäre ablaufen müssten.

Das teilten das Bundespresseamt, der Kreml und das französische Präsidentenamt am Samstagabend übereinstimmend mit. Wladimir Putin, Francois Hollande und Angela Merkel hätten sich besorgt über die weiterhin instabile Lage im Land geäußert.

"Sie teilen die Auffassung, dass die morgigen Präsidentschaftswahlen für die Stabilität der Ukraine von großer Bedeutung sind", so der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Wahlen müssten möglichst in allen Landesteilen der Ukraine stattfinden und in einer friedlichen Atmosphäre ablaufen.

Bei der Präsidentschaftswahl bewerben sich mehr als 20 Kandidaten um das höchste Amt im Staat, das seit der Amtsenthebung und Flucht von Viktor Janukowitsch im Februar von Übergangspräsident Alexander Turtschinow geführt wird. Die beiden aussichtsreichsten Kandidaten, der Unternehmer Pjotr Poroschenko und Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko, sagten vor der Abstimmung zu, bei einem Wahlsieg den Europa-Kurs der derzeitigen Regierung in Kiew zu unterstützen.

Er sei zur engen Zusammenarbeit mit Jazenjuk bereit, um das krisengeschüttelte Land zu stabilisieren, sagte Poroschenko bei einer Fernsehdiskussion. Der Unternehmer liegt nach Umfragen in der Wählergunst klar vorn. Timoschenko, die in Umfragen auf dem zweiten Platz liegt, sprach sich in einer anderen TV-Diskussion für einen baldigen EU-Beitritt der Ukraine aus. Zudem wolle sie im Falle eines Wahlsieges ein landesweites Referendum über eine Mitgliedschaft in der NATO organisieren.

Regierungschef Arseni Jazenjuk rief die Bürger zur regen Teilnahme an der Abstimmung auf, die entscheidend für die Zukunft des Landes sei. Bei einem stimmungsvollen "Gebet für die Ukraine" sprachen sich Kirchenvertreter in Kiew für eine friedliche und erfolgreiche Präsidentschaftswahl aus. Übergangspräsident Turtschinow und Jazenjuk sowie mehrere Minister waren am Samstag in die Sophienkathedrale zu der Zeremonie gekommen, die vom Staatsfernsehen live übertragen wurde. "Morgen zeigen wir der Welt, aber vor allem uns selbst, dass wir uns nicht einschüchtern lassen", sagte der Regierungschef.

Jazenjuk verband den Aufruf mit einer Kampfansage an die militanten Separatisten im Osten des Landes. "Die Banditen werden nicht lange die Regionen (Luhansk/Lugansk und Donezk) terrorisieren."

Die Aufständischen sorgten unterdessen für neue Spannungen und Provokationen. Die Separatistenführer der Gebiete Donezk und Luhansk mit mehr als 6,5 Millionen Einwohnern hätten in der Großstadt Donezk einen Vertrag über die Vereinigung zu "Neurussland" unterzeichnet, berichteten örtliche Medien.

In Kiew teilte ein Sprecher des Innenministeriums mit, dass die Hälfte der Gebietswahlkommissionen in beiden Regionen aufgrund der instabilen Lage nicht agieren könnten. "Im Donezker Gebiet wurden 22 Kommissionen gebildet, von denen neun nicht arbeiten. Im Luhansker Gebiet funktionieren acht von zwölf nicht", sagte Wladimir Grinjak.

Am Sonntag sind rund 35 Millionen Stimmberechtigte im zweitgrößten Land Europas zur Wahl eines neuen Präsidenten aufgerufen. Erhält kein Kandidat die absolute Mehrheit, kommt es im Juni zu einer Stichwahl der beiden Erstplatzierten. Die Führung in Kiew will die Abstimmung auch ungeachtet der Blockade in der Ostukraine als gültig betrachten, da im Land keine Mindestbeteiligung vorgeschrieben ist.

Russland, das erst vor kurzem trotz internationaler Proteste die ukrainische Halbinsel Krim annektiert hatte, rechnet auch nach der Präsidentschaftswahl an diesem Sonntag nicht mit einer schnellen Normalisierung der schwer belasteten Beziehungen. "Erst einmal ist es notwendig, dass sich die Lage dort politisch stabilisiert und das Land zu einer modernen Entwicklung zurückkehrt", sagte Regierungschef Dmitri Medwedew in Moskau.

Putin verteidigte die Annexion der Krim erneut. Zudem wies er Spekulationen, die 1991 untergegangene Sowjetunion "wiederherstellen" zu wollen, zurück. Solche Vorwürfe seien Propaganda. Putin bekräftigte am Samstag zugleich, dass Moskau das Wahlergebnis in der Ukraine "respektieren" werde. Wie schon am Vortag vermied er das Wort "anerkennen".

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt in der Ukraine-Krise weiter auf eine Verhandlungslösung. In ihrem Internet-Podcast erklärte sie, es gebe Probleme mit Russland, das durch die Annexion der Krim die territoriale Integrität verletzt habe. "Aber wir müssen die Meinungsverschiedenheiten durch Gespräche überwinden." Putin betonte in St. Petersburg, er hoffe trotz der schweren Verstimmungen auf eine Fortsetzung der guten bilateralen Beziehungen zu Deutschland.

Die EU bereitet für den Fall einer weiteren Eskalation in der Ukraine einen Drei-Stufen-Plan für Wirtschaftssanktionen gegen Russland vor. Diese reichen von einem Importbann für russische Luxusprodukte wie Kaviar oder Pelze auf der niedrigsten Stufe bis zu Einfuhrverboten für Öl und Gas auf der höchsten Stufe. Das geht aus einem internen EU-Dokument hervor, das der Nachrichtenagentur dpa in Brüssel vorliegt. Eine mögliche Entscheidung über Sanktionen beim Sondertreffen der EU-Staats- und Regierungschefs an diesem Dienstag in Brüssel hängt wohl vom Verlauf der Ukraine-Wahl ab.

Vor ernsten wirtschaftlichen Sanktionen warnte Russlands Präsident. Sie wären "negative für alle" und brächten "die europäische, russische und weltweite Wirtschaft in derartige Turbulenzen führen, dass sie natürlich im Interesse von niemandem sind". Zudem zeigte er sich überzeugt davon, dass eine dauerhafte Isolierung Russlands auch bei Verhängung von Wirtschaftssanktionen "unmöglich" sei.

(Quelle: salzburg24)

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