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RH fand bei Multiversum Kompetenzüberschreitungen

Nicht nur Sportstätte, sondern auch Politikum
Veröffentlicht: 04. Juni 2014 10:39 Uhr
Der Rechnungshof (RH) hat am Mittwoch seinen Bericht zum finanziell angeschlagenen Multiversum Schwechat vorgelegt. Die Prüfer stellten fest, dass in zahlreichen Geschäftsfällen insbesondere der (ehemalige, Anm.) Bürgermeister und der (frühere, Anm.) stellvertretende Stadtamtsdirektor ihre Kompetenzen überschritten und ohne vorherige Befassung des Gemeinderats im Namen der Stadt gehandelt hätten.

"Die Verletzungen reichten vom Tätigwerden eines unzuständigen Organs und der Überschreitung der Außenvertretungsbefugnis des Bürgermeisters über die Nichteinholung von aufsichtsbehördlichen Genehmigungen, die Missachtung von Rechnungslegungsvorschriften und Bestimmungen betreffend die voranschlagsunwirksame Gebarung sowie die Überschreitung der Anordnungsbefugnis bis hin zur Missachtung der Bestimmungen über das Notverordnungsrecht des Bürgermeisters", hält der RH fest. "Die finanziellen Nachteile aus den rechtswidrigen Handlungen des Bürgermeisters und anderer Gemeindeorgane waren für die Stadtgemeinde noch nicht abschätzbar. Durch ihre nicht legitimierten Handlungen bürdeten der Bürgermeister und ihm nahestehende Führungskräfte der Stadtgemeinde Schwechat Geschäftsrisiken auf, deren finanzielle Auswirkungen die Haushaltsgebarung der Stadtgemeinde massiv belasteten. Obwohl Schwechat zu den finanzkräftigsten Gemeinden Österreichs zählte, bestand die Gefahr, dass die Stadtgemeinde dadurch ihre Haushaltsausgaben nicht mehr bedecken konnte."

"Die maßgeblichen Akteure" seien im November 2007 noch von Errichtungskosten in Höhe von etwa 37 Mio. Euro ausgegangen. Die tatsächlichen Investitionskosten "fielen aber um mehr als ein Drittel höher aus und betrugen rund 50 Mio. Euro", so der RH. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projekts Multiversum und die Finanzierung aus dem laufenden Betrieb seien "von Beginn an zweifelhaft" gewesen. "Dennoch zog die Stadtgemeinde die Einstellung des Projekts zu keinem Zeitpunkt in Betracht. Die zur Finanzierung der Multiversum GmbH erforderlichen Aufwendungen (Leasing- und Zinsaufwand) entsprachen nahezu der Betriebsleistung der Gesellschaft und gefährdeten daher langfristig den Bestand des Unternehmens."

Und, so der RH weiter: "Zahlreiche Verträge der Multiversum GmbH wurden von den Geschäftsführern im Alleingang unterschrieben, ohne Beschlüsse durch die Gesellschafter erwirkt zu haben." Durch die Umgehung der vertraglich festgelegten Pflichten zur Einholung von Gesellschafterbeschlüssen vor dem Eingehen von Vertragsverhältnissen zwischen der Multiversum GmbH und verschiedenen Vertragspartnern "könnten sich Probleme hinsichtlich der in einem Kooperationsvertrag angeführten Nachschussverpflichtungen für die Gesellschafter ergeben".

Der Rechnungshof stellte in seinem Bericht auch fest, dass ein Beschluss der Bilanz 2008 der Multiversum GmbH bisher unterblieben sei. Die Bilanzen der Jahre 2009 und 2010 hätten lediglich die eingeschränkte Zustimmung eines Gesellschafters erhalten. Der testierte Jahresabschluss 2011 sei mangels der Zustimmung eines Gesellschafters noch nicht von der Generalversammlung beschlossen worden.

Auch der Jahresabschluss 2012 sei "wegen Auffassungsunterschieden zwischen den Gesellschaftern bis Mitte 2013 weder erstellt noch beschlossen" worden, so der RH. "Ein Geschäftsführer der Multiversum GmbH gab im Anhang zur testierten Bilanz 2011 an, dass die Gesellschafter zu Zuschüssen verpflichtet waren, dies obwohl er wusste, dass die Wirtschaftsprüfungskanzlei ihre Redepflicht anlässlich der Überprüfung der Bilanz 2011 ausübte, eben weil die Stadtgemeinde mangels Gemeinderatsbeschlusses ihrer Zuschussverpflichtung nicht nachkommen müsse."

Im Jahr 2013 schließlich sei die von der Stadtgemeinde im Dezember 2009 abgegebene Haftung für einen Kredit des Leasinggebers der Multiversum GmbH bereits im Teilumfang von rund 691.400 Euro in Anspruch genommen worden. Laut den Prüfern "bestand die Gefahr, dass die gesamte Haftung in Höhe von 12,45 Mio. Euro für die Stadtgemeinde schlagend wird".

Laut RH hat Schwechat im Jahr 2011 "beinahe viermal so hohe Steuereinnahmen je Einwohner" ausgewiesen wie Vergleichsgemeinden. Die laufenden Einnahmen je Einwohner der Stadtgemeinde Schwechat hätten die Werte der Vergleichsgemeinden um bis zu rund 63 Prozent überstiegen. "Trotz dieser österreichweit herausragend hohen Einnahmen gelang es der Stadtgemeinde Schwechat im gesamten Überprüfungszeitraum nicht, ausgeglichene Jahresergebnisse zu erwirtschaften." Die vereinheitlichten Jahresergebnisse 2008 bis 2012 seien mit minus 5,07 Mio. Euro bis 6,46 Mio. Euro "alle deutlich negativ gewesen".

Die Finanzschulden Schwechats stiegen laut Prüfbericht im Zeitraum 2008 bis 2012 von 53,80 Mio. Euro auf 53,94 Mio. Euro an und betrugen 2012 etwa 86 Prozent der laufenden Einnahmen der Stadtgemeinde. Die Haftungen waren - "überwiegend im Zusammenhang mit dem Multiversum" - von 3,88 Mio. Euro (2008) auf mehr als das Siebenfache (28,77 Mio. Euro im Jahr 2012) angestiegen, so der RH. "Ein Konsolidierungskonzept fehlte."

Im Multiversum Schwechat hat es erst am Dienstag eine Hausdurchsuchung gegeben. Die Staatsanwaltschaft Korneuburg ermittelt wegen des Verdachts der Untreue.

(Quelle: salzburg24)

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