Kiew beschuldigte die Separatisten, 38 Leichen weggeschafft und ukrainischen Ermittlern den Zugang zu der Unglücksstelle verwehrt zu haben. Die Aufständischen wollten "Beweise für dieses internationale Verbrechen zerstören", erklärte Kiew. Ein Sprecher der Rebellen räumte den Abtransport "einiger Dutzend Leichen" ein, doch sei dies im Beisein von OSZE-Experten erfolgt. Die Ukraine wirft den Aufständischen vor, Flug MH17 am Donnerstag mit einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen zu haben. Die Separatisten bestreiten dies.
Die Sicherheitslage am Absturzort blieb angespannt. Rebellenführer Alexander Borodaj erklärte, er könne nicht für die Sicherheit der internationalen Experten garantieren. Eine von Kiew vermeldete Einigung auf eine weiträumige Sicherheitszone gebe es nicht, sagte der Chef der selbstproklamierten "Volksrepublik Donezk".
Zugleich rief der Rebellenführer die internationalen Helfer auf, so schnell wie möglich ihre Arbeit am Absturzort aufzunehmen. Die Leichen der Opfer lägen seit zwei Tagen in der Hitze und müssten umgehend geborgen worden.
Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) trafen am Samstag erneut an der Unglücksstelle ein, konnte sich jedoch kein umfassendes Bild von der Lage machen, da die Rebellen ihnen nur beschränkt Zugang gewährten.
Der niederländische Außenminister Frans Timmermans traf unterdessen in Kiew ein, um auf einen raschen Transport der Leichen zu den Angehörigen zu drängen. 193 der 298 Menschen an Bord des Flugzeugs kamen aus den Niederlanden. Timmermanns zeigte sich "verärgert und empört" über den pietätlosen Umgang mit den sterblichen Überresten der Opfer. "Wir werden nicht stoppen, bis die Schuldigen vor Gericht stehen", sagte er bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko.
Am Flughafen Amsterdam-Schiphol versammelten sich Hinterbliebene der Opfer, um zum Absturzort zu reisen. "Malaysia Airlines" teilte mit, dass eine Maschine zum Abflug bereitstehe, der Zugang zum Absturzort aber noch ungeklärt sei. Niederländische und malaysische Experten sind bereits in Kiew und dürften am Sonntag zum Absturzort fahren.
Zahlreiche internationale Politiker forderten eine rasche unabhängige Untersuchung der Absturzursache. So stimmten auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin in einem Telefonat überein, dass eine Kommission unter Leitung der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) "rasch Zugang zur Absturzstelle" erhalten müsse, "um die Umstände des Absturzes zu klären und die Opfer zu bergen". Es solle zudem rasch ein Treffen der Kontaktgruppe aus Vertretern der Ukraine, Russlands und der OSZE mit den Aufständischen in der Ost-Ukraine geben, "um einen Waffenstillstand zu vereinbaren".
Großbritannien warf Russland jedoch vor, nicht genügend Druck auf die Separatisten auszuüben, um umfassende Ermittlungen zu ermöglichen. Moskaus müsse endlich seinen Einfluss auf die Rebellen geltend machen, sagte Außenminister Philip Hammond. Er schloss sich damit Forderungen von US-Präsident Barack Obama an, der Putin ebenfalls in der Verantwortung sieht. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte sagte, Putin müsse die "Verantwortung" für den Zugang zum Absturzort übernehmen. Der britische Premier David Cameron teilte nach einem Gespräch mit Rutte mit, die EU solle nach dem Jet-Abschuss ihr Verhältnis zu Russland überprüfen.
Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sagte in Zeitungsinterviews, er erwarte einen steigenden Druck auf Putin, sollte sich bestätigen, dass der Flug MH17 von pro-russischen Separatisten abgeschossen worden ist. Schärfere Sanktionen gegen Putin "würden dann im Raum stehen", sagte Kurz der Tageszeitung "Österreich" (Sonntagsausgabe). Gegenüber dem "Kurier" (Sonntagsausgabe) äußerte der Minister jedoch die Hoffnung, dass Putin "daraus die richtigen Schlüsse zieht, sich von den Separatisten distanziert, und jegliche Unterstützung von russischer Seite einstellt".
Die Gefechte in der Ostukraine dauerten am Samstag an. Nach Angaben Kiews brachten die Regierungstruppen die Flughäfen der Rebellenhochburgen Luhansk (Lugansk) und Donezk wieder unter ihre Kontrolle. Präsident Poroschenko kündigte an, auch juristisch gegen die Separatisten vorzugehen. Seine Regierung werde sich dafür einsetzen, dass die selbst ernannten Volksrepubliken Lugansk und Donezk von der internationalen Gemeinschaft als "Terrororganisationen" eingestuft werden.
(Quelle: salzburg24)