Der maltesische Ministerpräsident Joseph Muscat warf Europa auf Twitter vor, "völlig abwesend" zu sein und lobte die eigenen Streitkräfte sowie die italienische und die US-Marine für ihre Arbeit bei den Rettungseinsätzen.
Seit Donnerstag hat insbesondere die italienische Marine Tausende Menschen auf dem Mittelmeer gerettet. Damit hat die Zahl der seit Anfang des Jahres nach Italien gelangten Flüchtlinge mehr als 50.000 erreicht.
Unter den Hunderten Migranten, die an diesem Wochenende von der italienischen Marine vor Sizilien aufgegriffen worden sind, befanden sich auch drei Leichen. Dies berichtete die italienische Nachrichtenagentur ANSA.
Die Leichen sollen mit rund 100 geretteten Migranten am Sonntagnachmittag im sizilianischen Pozzallo eintreffen. Hier waren in der Nacht auf Sonntag bereits 420 Flüchtlinge gelandet. Zwei weitere Schiffe mit 322 und 100 Migranten an Bord waren am Samstag eingetroffen. Bei den Migranten handelt es sich mehrheitlich um Afghanen, Syrier, Algerier, Libyer und Somalier, berichteten italienische Medien.
Sizilien bangt indes über die negativen Auswirkungen der Flüchtingswelle auf den Tourismus. Zahlreiche Touristen hätten bereits ihren gebuchten Urlaub in Pozzallo abgesagt, klagte der Bürgermeister der Hafenstadt, Luigi Ammatuna. "Die Urlauber fürchten, hier chaotische Zustände vorzufinden. Es ist zwar nicht so, doch die Reservierungen werden trotzdem abgesagt", so der Bürgermeister.
Der Protest der sizilianischen Bevölkerung wächst. In den 134 Flüchtlingslagern der Insel sind bereits 12.800 Migranten untergebracht. "Die Lage ist außer Kontrolle, wir stehen vor einem unmenschlichen Drama", betonte der Bürgermeister der sizilianischen Hafenstadt Porto Empedocle, Lillo Firetto.
Die sizilianischen Stadtoberhäupter machen Druck auf Rom und auf Brüssel. "Sizilien steht vor dem Zusammenbruch. Die Regierung in Rom sollte den Notstand erklären. Ganz Italien muss bei der Bewältigung dieser Situation helfen", betonte der Bürgermeister von Catania, Enzo Bianco. Sein Kollege aus Palermo, Leoluca Orlando, klagte dass Europa angesichts des Dramas, das sich in den Gewässern vor Sizilien abspiele, unsensibel bleibe.
Nach ihrem Eintreffen auf Sizilien wandern die Migranten durch Städte und Dörfer, in denen sie aufgenommen wurden, auf der Suche nach Wegen, um die Insel zu verlassen. Die meisten von ihnen wollen Angehörige in Norditalien, Deutschland oder Frankreich erreichen. Etwa 30.000 Migranten, die seit Jahresbeginn Italien erreicht haben, sind bereits untergetaucht, berichteten italienische Medien.
Die sizilianischen Behörden helfen, wo sie nur können, befürchten jedoch zugleich Auswirkungen der Migrantenwelle auf die öffentliche Gesundheit. Bei einigen Flüchtlingen wurde Krätze diagnostiziert, ein Somalier sei an Malaria erkrankt, berichteten italienische Medien. Um die öffentliche Sicherheit bangen vor allem die Bewohner Agrigents. Hunderte Auswanderer halten sich auf den Straßen der Innenstadt auf, schlafen auf Bänken und versuchen, mit allen Mitteln das italienische Festland zu erreichen.
Die Regierung von Ministerpräsident Matteo Renzi will die Flüchtlingsfrage zum prioritären Thema des Halbjahres seines EU-Vorsitzes ab Juli machen. "Die Flüchtlingsboote, die täglich Sizilien erreichen, sind eine Schande für Italien und Europa", klagte Justizminister Andrea Orlando.
Die Mission "Mare Nostrum" hatte im Oktober nach zwei Schiffsunglücken vor Lampedusa mit mehr als 360 Toten begonnen. Der Einsatz kostet den italienischen Staat neun Millionen Euro pro Monat. Die Marine fordert zusätzliche Finanzierungen für Treibstoff, die Erneuerung der Flotte und Ersatzteile für die Schiffe. Außerdem drängt Italien die EU auf mehr Hilfe im Umgang mit dem Flüchtlingsproblem. Laut dem italienischen Innenministerium warten 800.000 Menschen in Libyen auf die Abfahrt nach Europa.
(Quelle: salzburg24)