Doch Obama kann den Streitkräften auch ohne grünes Licht des Parlaments den Einsatzbefehl erteilen. Etwa 40 Abgeordnete hatten bis Dienstagabend (Ortszeit) einen offenen Brief des republikanischen Politikers Scott Rigell an den Präsidenten unterzeichnet, darunter auch mehrere Parlamentarier von Obamas Demokraten. Ein Militäreinsatz in Syrien "ohne direkte Bedrohung für die Vereinigten Staaten und ohne vorherige Zustimmung des Kongresses" wäre verfassungswidrig, heißt es in dem Schreiben. "Wir stehen bereit für eine Sondersitzung, um die Fakten zu betrachten und die Entscheidungslast mit Blick auf den schnell eskalierenden Syrien-Konflikt zu teilen."
Bereits am Wochenende hatte der oberste Republikaner im Auswärtigen Ausschuss des Senats, Bob Corker, den Präsidenten zu einer Einbeziehung des Parlaments ermahnt. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner, verlangte "bedeutende Beratungen" mit dem Kongress. Bisher holte das Weiße Haus US-Medien zufolge aber nur den Rat von einer Handvoll Abgeordneter ein.
Die US-Verfassung räumt alleine dem Kongress das Recht ein, einen Krieg zu erklären. Diesen formalen Schritt haben die USA aber seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr unternommen. Die Entscheidung über Militäreinsätze ist immer mehr in die Hände des Präsidenten gefallen, dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte.
Unter dem Eindruck des Vietnam-Kriegs versuchte sich der Kongress im Jahr 1973 mit der sogenannten War Powers Resolution Einfluss zurückzuerkämpfen. Das Gesetz legte damals fest, dass der Präsident den Kongress 48 Stunden vor einem militärischen Vorgehen informieren müsse. Spätestens nach 60 Tagen müsse das Parlament dem Einsatz zustimmen, sonst müssten die Kampfhandlungen binnen 30 Tagen beendet werden. Ob der Präsident daran tatsächlich gebunden ist, ist allerdings rechtlich umstritten.
Jedenfalls haben alle US-Präsidenten die War Powers Resolution seither ignoriert, egal welcher Partei sie angehörten. Auch Obama verzichtete auf eine Zustimmung durch den Kongress, als sich die US-Armee vor zwei Jahren an den internationalen Luftangriffen in Libyen beteiligte.
Das Weiße Haus hatte damals argumentiert, dass sich die USA in dem nordafrikanischen Land nicht im Krieg befinden, sondern eine Mission zum Schutz von Zivilisten unterstützen. Obama ließ die Spitzen des Kongresses in einem Brief wissen, dass der Einsatz notwendig sei, um eine "humanitäre Katastrophe" zu verhindern und auf eine "Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit" zu reagieren. Die US-Angriffe würden außerdem räumlich und zeitlich begrenzt sein, hieß es.
Die Äußerungen, die Vertreter von Obamas Regierung in den vergangenen Tagen von sich gegeben haben, klingen ähnlich. Das Weiße Haus betonte zwar, der Präsident habe noch keine Entscheidung getroffen. Der Libyen-Einsatz könnte für Obama aber eine Blaupause für den innenpolitischen Umgang mit möglichen Luftangriffen auf Syrien sein.
Das Militär steht offenkundig bereit, seinem Oberbefehlshaber zu folgen. "Wir haben Kräfte in Stellung gebracht, um jedwede Option umzusetzen, die der Präsident in Anspruch nehmen möchte", sagte Verteidigungsminister Chuck Hagel am Dienstag der BBC.
(Quelle: salzburg24)