Die Tat sei ein "zynischer Akt des Terrors, der bestraft werden wird", erklärte Poroschenko am Samstag in Kiew. "Die Terroristen werden die angemessene Antwort erhalten." Poroschenko versammelte die Sicherheitschefs. Zudem rief er wegen des Vorfalls für Sonntag eine Staatstrauer aus. Es ist der schwerste Schlag gegen die Armee seit Beginn ihrer Offensive zur Bekämpfung der Rebellion im Osten der Ukraine.
Der Generalsekretär des Europarates, Thorbjorn Jagland, verurteilte den Abschuss in einer Mitteilung als "sinnlosen Mord". "Es gibt nie eine Rechtfertigung für terroristische Anschläge", drückte der estnische Außenminister Urmas Paet laut der baltischen Nachrichtenagentur BNS sein Beileid in eindeutiger Formulierung aus. Insgesamt sind bei den Kämpfen im Osten der Ukraine in den vergangenen zwei Monaten mindestens 270 Menschen ums Leben gekommen.
Der Truppentransporter sei um 1.10 Uhr (Ortszeit) von einer Flugabwehrrakete getroffen worden, teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mit. An Bord hätten sich 40 Fallschirmjäger und neun Besatzungsmitglieder befunden. Das Verteidigungsministerium sprach von einem "zynischen" Angriff der Rebellen, bei dem auch ein großkalibriges Maschinengewehr eingesetzt worden sei. Die Maschine vom Typ Iljuschin IL-76 habe auch Nachschub-Material transportiert.
Bei weiteren schweren Gefechten zwischen Separatisten und Regierungseinheiten wurden in der Ukraine mindestens vier Menschen getötet und zehn verletzt. In der Hafenstadt Mariupol hätten prorussische Aufständische mit Granatwerfern auf eine Kolonne des Grenzschutzes gefeuert, teilten die Behörden in Kiew am Samstag mit. Bei dem Angriff seien drei Soldaten getötet und vier verletzt worden.
Im Raum Donezk wurde bei einem Luftangriff der Sicherheitskräfte mindestens ein Separatist getötet, sechs wurden verletzt. Die militanten Gruppen hätten das Feuer erwidert und einen Kampfjet vom Typ Suchoi Su-25 abgeschossen, hieß es. Der Pilot habe sich per Schleudersitz retten können. Für den Abschuss gab es zunächst keine Bestätigung.
Luhansk in der gleichnamigen, an Russland grenzenden Region ist einer der Brennpunkte des Konflikts im Osten der Ukraine. Die Separatisten versuchen seit April, die Region von der Ukraine abzuspalten. Sie lehnen den prowestlichen Kurs der Regierung in Kiew ab und streben stattdessen nach dem Vorbild der Halbinsel Krim eine Aufnahme in die Russische Föderation an. Regierungstruppen kontrollieren zwar den Flughafen von Luhansk. In der Stadt selbst kam es aber lokalen Medien zufolge am Samstag zu Kämpfen. Nach Angaben der Rebellen feuerte die ukrainische Luftwaffe zudem auf die Industriestadt Horliwka nördlich der Rebellenhochburg Donezk.
Die Regierung in Kiew wirft Russland vor, die Separatisten heimlich mit Waffen zu unterstützen. Russland hat die Anschuldigungen wiederholt zurückgewiesen. Auch eine Sprecherin des US-Außenministeriums sagte am Freitag, in den vergangenen Tagen sei über die Grenze militärische Ausrüstung an die Separatisten geliefert worden, darunter sogar russische Panzer und mehrere Raketenwerfer. "Das ist inakzeptabel." Sollte Russland nicht zur Entspannung der Lage beitragen, werde dies "zusätzliche Kosten nach sich ziehen", drohte das US-Außenministerium.
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen äußerte sich besorgt über die Berichte zu Waffenlieferungen. Sollten sie sich bestätigen, würde diese eine "ernste Eskalation der Krise" bedeuten, sagte Rasmussen.
Beweise über russische Waffenlieferungen könnten dazu führen, dass die USA und die Europäischen Union ihre Drohungen wahr machen und neue Sanktionen gegen Russland verhängen, die diesmal ganze Wirtschaftsbereiche treffen könnten. Bisher wurden lediglich Einreiseverbote oder Kontensperrungen gegen einzelne Personen, Banken und Unternehmen erlassen.
Die Vorwürfe gegen Russland könnten das diplomatische Klima in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen weiter abkühlen. Schon jetzt ist durch die Ukraine-Krise das Verhältnis so angespannt wie seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr. Verschärfen könnte sich die Lage zudem durch den nach wie vor ungelösten Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine, die noch offene Rechnungen von 1,95 Milliarden Dollar begleichen muss. Am Montag läuft die Frist aus, bis zu der eine Einigung stehen soll. Gelingt dies nicht, will Gazprom nur noch gegen Vorkasse liefern. Es drohen Versorgungsengpässe, die auch zu Problemen in der EU führen könnten, die einen großen Teil ihres Erdgases aus Russland über Pipelines in der Ukraine bezieht.
Allerdings signalisierte Gazprom Gesprächsbereitschaft. "Wir sind bereit, einen Kompromiss zu suchen", sagte ein Sprecher des russischen Staatskonzerns. "Aber es ist nutzlos, uns unter Druck zu setzen." Das Unternehmen bereite sich auf eine weitere Gesprächsrunde in Kiew vor. Im Umfeld der ukrainischen Regierung hieß es, noch am Samstag würden Delegationen der EU und Russlands in der ukrainischen Hauptstadt erwartet.
Vor der geplanten Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens mit der Ukraine zeigte sich die EU umgekehrt bemüht, russische Bedenken gegen das Vorhaben auszuräumen. Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso bot nach Angaben der EU in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin politische Gespräche auf Spitzenebene an. Die ukrainische Regierung will am 27. Juni das Freihandelsabkommen mit der EU unterzeichnen. Russland fürchtet dadurch Nachteile für die heimische Wirtschaft und droht mit Vergeltungsmaßnahmen.
In der Ostukraine werden derzeit weiterhin zwei OSZE-Teams von Separatisten festgehalten. Vier Beobachter aus der Schweiz, Dänemark, der Türkei und Estland waren im Gebiet Donezk unterwegs gewesen. Vier weitere, deren Nationalität die OSZE bisher nicht offenlegt, sowie eine Dolmetscherin verschwanden bei Sewerodonezk im Gebiet Luhansk. Prorussische Kräfte in der umkämpften Ostukraine haben erklärt, die OSZE-Teams bei sich "zu Gast zu haben". Den Ausländern gehe es gut.
Unter den in der Ostukraine von Separatisten entführten OSZE-Beobachtern befindet sich nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung (Samstag) auch eine Deutsche. Die 44-Jährige sei bereits am 29. Mai in der Separatisten-Hochburg Luhansk als Geisel genommen worden. Sie habe für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Lage in der umkämpften Region beobachtet. Das Auswärtige Amt in Berlin wollte sich am Samstag auf Anfrage nicht zu dem Fall äußern.
(Quelle: salzburg24)