"Aktuell haben wir genug Fortschritte gemacht, um unseren Chefs sagen zu können, dass dies ein fortsetzungswürdiger Prozess ist", so der iranische Außenminister. "Dies ist mein Vorschlag. Ich bin sicher, dass Herr Kerry den gleichen Vorschlag machen wird." Auch die übrigen Staaten der 5+1 würden "dazu tendieren, dass eine Verlängerung hilfreich sein könnte".
Dennoch hofften alle Beteiligten weiterhin auf eine Lösung bis zum Auslaufen des Interimsabkommens am Sonntag, fügte Zarif hinzu. Die Verhandlungen über ein endgültiges Abkommen seien in den vergangenen Tagen einen großen Schritt vorangekommen. Kerry hatte sich zuvor optimistisch hinsichtlich einer Einigung bis zum anvisierten Datum gezeigt. Nachdem Kerry vor die Presse getreten war, hatten sich die beiden Außenminister jedoch noch ein letztes Mal getroffen.
"Niemand hat geglaubt, dass es einfach werden wird", sagte Zarif weiter, der zugleich von "seriösen Konsultationen" sprach und den guten Willen des Irans unterstrich: "Der Iran ist bereit, alle Bedenken der internationalen Staatengemeinschaft zu zerstreuen. Wir haben ein friedliches Nuklearprogramm und werden auch nichts anderes anstreben. Deswegen brauchen wir einen Deal, der möglich, umsetzbar und lange Bestand hat", ergänzte Zarif.
Auf die Frage nach den Auffassungsunterschieden zwischen dem Westen und dem Iran meinte Zarif, dass es nicht notwendig sei, "zum x-ten Mal die Positionen zu präsentieren". Vielmehr brauche man Lösungen. Als größten Fortschritt der jüngsten Wiener Verhandlungsrunde sieht Zarif das Faktum, dass einander zugehört wurde. "Dieses gegenseitige Zuhören könnte die Basis für Vieles sein", freute sich Zarif, der noch einmal unterstrich, dass in Wien ausschließlich über den Atomstreit verhandelt werde. Gespräche wie etwa über den Nahostkonflikt habe es nicht gegeben.
US-Außenminister Kerry hatte zuvor erklärt, er halte eine Einigung in den Atomgesprächen mit dem Iran bis Sonntag für möglich. "Der 20. Juli ist weiterhin aktuell. Wir arbeiten weiter", sagte Kerry. In seinen dreitägigen Gesprächen mit Zarif habe es "Fortschritte" gegeben, doch sei man in Schlüsselfragen wie der Uran-Anreicherung weiterhin auseinander.
In den Gesprächen geht es laut Kerry darum, dass der Iran das Recht zur friedlichen Nutzung der Atomenergie bekommt und die Welt Zusicherungen, dass das Nuklearprogramm friedlich bleibt. "Diese Ziele sind nicht inkompatibel. Wir haben aber noch nicht die richtige Formel gefunden", sagte der US-Außenminister vor Journalisten im Wiener Austria Center. Es habe "greifbare Fortschritte" in einigen Schlüsselfragen gegeben, doch blieben "wirkliche Differenzen" in anderen. "Es ist klar, dass noch viel Arbeit zu tun ist."
Er werde nun in Washington mit US-Präsident Barack Obama und der Führung des US-Kongresses beraten, "welche Aussichten es für ein dauerhaftes Abkommen gibt und ob es mehr Zeit braucht", sagte Kerry. Am Sonntag läuft nämlich das Übergangsabkommen im Atomstreit nach sechs Monaten aus. Die 5+1-Gruppe der UNO-Vetomächte und Deutschlands zeigte sich bisher zurückhaltend zu einer möglichen Verlängerung des Abkommens, um weitere Verhandlungen zu ermöglichen. US-Diplomaten machten zum Auftakt der Gesprächsrunde auf Ministerebene wesentliche Fortschritte zur Bedingung dafür.
Aus Diplomatenkreisen verlautete, dass sich der Iran in den Gesprächen bewegte. Demnach will Teheran einer Verlängerung der bestehenden Einschränkungen seines Atomprogramms, darunter den Stopp der Uran-Anreicherung auf 20 Prozent, für "drei bis sieben Jahre" zustimmen. Die USA fordern einen zehnjährigen Zeitraum.
Größter Streitpunkt ist die Frage der Zentrifugen zur Uran-Anreicherung, die dem Iran zugestanden werden sollen. Kerry bekräftigte diesbezüglich die "kristallklare" Position der USA, dass die bestehenden 19.000 Zentrifugen "zu viel" seien. Zugleich spielte er Aussagen des Obersten Geistlichen Führers des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, der von 190.000 Zentrifugen gesprochen hatte, herunter. Es handle sich nicht um eine neue Zahl, und sie spiegle "langfristige Pläne" wider, sagte Kerry.
Die "Fatwa" (islamisches Rechtsgutachten) Khameneis, wonach Atomwaffen unislamisch seien, bezeichnete Kerry als "starke Botschaft". Allerdings wolle sich die Weltgemeinschaft nicht mit Aussagen zufriedengeben, nachdem der Iran jahrelang ein geheimes Atomprogramm betrieben habe, das zahlreiche "Fragen" in Bezug auf eine mögliche Waffenproduktion aufgeworfen habe.
Man wolle vom Iran "überprüfbare und konkrete Schritte sehen", betonte Kerry. "Das ist keine Frage des Vertrauens, sondern eines faktenbasierten Prozesses, damit wir Tag für Tag feststellen können, was vor sich geht." Es müsse eine "Formel" gefunden werden, um der Welt sagen zu können: "Das ist ein friedliches Programm, das nicht dafür eingesetzt werden kann, Waffen herzustellen und wir haben Gewissheit darüber."
Den iranischen Außenminister bezeichnete Kerry als "harten Verhandler", attestierte ihm aber "gute Absichten". Zuvor hatte auch ein europäischer Diplomat gegenüber der APA anerkannt, "dass die iranischen Verhandler es hier ernst meinen und anscheinend eine Lösung anstreben", doch müsse Teheran "noch viel mehr Flexibilität zeigen".
Kerry deutete zum Abschluss einer Pressekonferenz an, dass er sich wieder in die Wiener Atomgespräche einschalten könnte. "Wir sehen uns wieder, zu einem bestimmten Zeitpunkt", sagte er den Journalisten.
(Quelle: salzburg24)