Warum es bei Red Bull Salzburg im Horror-Herbst ständig bergab ging und in einer noch nie dagewesenen Krise gipfelte, hat mehrere Gründe. Einer – und der wohl entscheidendste – war, dass das Team nicht an einem Strang gezogen hat, sondern fast nur aus Individualisten bestand.
Daher zog Neo-Sportchef Rouven Schröder gemeinsam mit dem kaufmännischen Geschäftsführer Stephan Reiter die Reißleine und entließ Pep Lijnders als Coach. Der Niederländer schaffte es nicht, dass der Großteil der Spieler ihr Herz auf dem Platz ließen.
Red Bull Salzburg krempelt ordentlich um
Unter dem neuen Trainer Thomas Letsch soll es nun wieder besser laufen. Bei seinem ersten offiziellen Auftritt verkündete der Deutsche, der sich sachlich, unaufgeregt und kämpferisch präsentierte, den neuen Kurs bei Red Bull Salzburg. Unter dem Leitsatz "ich will eine Einheit bilden" betonte Letsch sein Vorhaben, aus dem Team eine geschlossene Mannschaft zu formen.
Beim Vizemeister hat sich vieles verändert. Ebenso nicht mehr mit an Board ist der degradierte Ex-Sportdirektor Bernhard Seonbuchner. Der Bayer ist wieder in der Akademie tätig und trifft beim Vizemeister keine Entscheidungen mehr. Den Posten werden die Bullen nicht mehr nachbesetzen, wie Schröder gegenüber SALZBURG24 bestätigte.
Auch im Trainerteam ist einiges neu. Mit Kai Hesse installierten die Bullen einen neuen Co-Trainer. "Er kann ein Riesen-Benefit für uns sein. Ich habe zwar noch nicht mit ihm zusammengearbeitet, aber im Austausch haben wir gemerkt, dass wir in die gleiche Richtung gehen", merkte Letsch an, der in Großgmain (Flachgau) mit seiner Familie lebt.
Identifikation ganz oben auf der Bullen-Agenda
Der Herbst lief für die Salzburger Bullen alles andere als geplant. Die Mannschaft hat ihr Potenzial nicht annähernd ausgeschöpft, und eine Einheit war auf dem Platz viel zu selten zu sehen. Scharfe Kritik entzündeten sich an den Leistungen. Auch Schröder machte im Endspurt der Saison klar, dass Identifikation mit dem Klub für ihn oberste Priorität hat. Daher seien auch einige Abgänge denkbar. "Wir haben einen quantitativ großen Kader. Gut möglich, dass sich auch hier etwas bewegt. Im Transferfenster kann sich noch viel bewegen."
Red Bull Salzburgs "Fußball wird sich verändern"
In seiner ersten offiziellen Pressekonferenz gab sich Letsch sehr sachlich: "Es ist eine spannende Phase, und ich freue mich auf die Herausforderung." Der 56-Jährige möchte zudem auch den Spielstil verändern. "Der Fußball wird vielleicht etwas anders werden, als dies in der Vergangenheit unter Pep war. Mir ist wichtig, dass wir aktiv sind. Ich kam 2012 mit Ralf Rangnick hierher (nach Salzburg, Anm.) und seitdem hat sich aber auch vieles verändert", betonte Letsch.
Den Begriff Red-Bull-Fußball wolle er nur sehr selten benützen. "Mir ist es wichtig, dass die Spieler auf ihren besten Positionen spielen." Trotz miserablen Leistungen formuliert er zwei ambitionierte Ziele: "Ich will die Meisterschaft und den Pokal gewinnen." Aktuell beträgt der Rückstand auf Meister Sturm Graz zehn Punkte, ehe es zu einer Punkteteilung kommt. "Es ist nicht so, dass nichts mehr möglich ist. Wenn ich nicht mehr an die Meisterschaft glauben würde, wäre ich der Falsche."
Routinier und Österreicher: Onisiwo-Deal erfüllt Fan-Wünsche
Neuzugang Karim Onisiwo wurde als erstes Signal der neuen Ära verpflichtet. Letsch kennt ihn aus seiner Zeit in Mainz und ist überzeugt von seinem Potenzial, die Mannschaft zu bereichern: "Karim bringt nicht nur Qualität, sondern auch die richtige Einstellung mit – genau das, was wir brauchen." Der Ex-Austrianer passt genau in das Profil, dass sich die Fans gewünscht hatten: Er ist routiniert und hat einen österreichischen Pass. Zudem lebt der 32-Jährige in Salzburg und kennt die Leute und sie Stadt bereits bestens.
Fernando vor Abgang
Onisiwo wurde unter anderem geholt, weil Torschützenkönig Karim Konaté wegen eines Kreuzbandrisses langfristig ausfällt. Ein anderer verletzter Spieler könnte den Bullen indes den Rücken kehren. Wie Schröder bestätigte, steht Fernando, der in Topform den Unterschied ausmachen könnte, vor einem Absprung.
Ein Highlight mit dem Testspiel gegen Bayern München, für das bisher 23.500 von 30.000 verfügbaren Karten verkauft wurden, steht bereits am Montag an. Letsch sieht dies als Chance: "Was gibt es Schöneres, als so zu starten." Ernst wird es dann Ende Jänner gegen die beiden Madrider Großclubs. In der Champions League gastiert Salzburg am 22. bei Real und empfängt am 29. Atletico. Danach folgt am 2. Februar in Linz das Cup-Viertelfinale gegen den LASK, ehe es am 9. Februar in Klagenfurt wieder um Punkte in der Bundesliga geht.
Drei Kracher-Duelle als Startschuss
"Es gibt Schlimmeres, als bei Real Madrid zu starten. Aber für uns entscheidend sein werden das Cupspiel beim LASK und die darauffolgenden Meisterschaftsspiele", meinte der Trainer. Gegen Real könnte es im Champions League-Duell zum Comeback von David Alaba kommen. Der österreichische Teamkapitän liebäugelt in den nächsten zwei Wochen mit der Rückkehr nach 13-monatiger Verletzungspause.
Die Zeichen stehen auf Neustart – mit Thomas Letsch und Rouven Schröder als Architekten einer neuen Bullen-Identität.
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(Quelle: salzburg24)