Im Angriff fehlte Österreichs Abo-Meister zum Bundesliga-Auftakt am Freitag zunächst das Quäntchen Glück, danach die zündenden Ideen. Und in der Defensive leistete sich Salzburg gegen den neuen Leader aus Linz zu leichte Schnitzer, die prompt bestraft wurden. Zudem mussten die Bullen nach 1.174 Tagen (27. November 2916) erstmals eine Heimniederlage verdauen. Ein neues, ungewohntes Gefühl für den Serienmeister.
Ramalho im SALZBURG24-Interview
Ändert sich dadurch gleich die Favoritenrolle um den Meistertitel und was macht die Tatsache, dass der LASK ein mehr als ernst zu nehmender Titelkonkurrent ist, mit dem Team von Trainer Jesse Marsch? Routinier André Ramalho besuchte in der SALZBURG24-Redaktion und stand einen Tag nach seinem 28. Geburtstag Rede und Antwort.

SALZBURG24: Du wirst oft als „The Nicest Guy “ bezeichnet. Zlatko Junuzovic hingegen nennt dich im neuen Podcast als Besserwisser: Du hast jetzt die Chance, vor laufender Kamera aufzuklären, was wirklich stimmt. Der „Zladdi“ schaut sicher gerade zu.
ANDRÉ RAMALHO: Zladdi, du lügst. Ich rede schon ziemlich oft und viel. Ich versuche immer meine Meinung zu sagen. Zladdi macht auch immer das selbe. Das Wichtigste ist, dass wir in der Mannschaft Spaß haben.
Tage, an denen der Abo-Meister FC Red Bull Salzburg nicht von der Tabellenspitze lacht und in der Liga zuhause verliert, sind sehr rar und waren zuletzt kaum vorhanden. Wie fühlte es sich für dich an, Andre, und wie war die Stimmung innerhalb der Mannschaft?
Stimmt, es wäre schöner gewesen, wenn ich meinen Geburtstag mit einem Sieg feiern hätte können. Die Stimmung in der Mannschaft, klar, wenn man nach so eine langen Zeit wieder verliert […] ist natürlich nicht gut. Aber das ist nicht das Ende der Welt.
Das 2:3 gegen den LASK kann man in viele Richtungen deuten. Die einen sagen, es war ein Ausrutscher, ein Weckruf zur richtigen Zeit. Viele jedoch sprechen nach der verlorenen Tabellenführung von einem leichten Wanken. Wie siehst du es?
Ich glaube, um die Liga müssen wir uns später Sorgen machen. Wir schauen immer von Spiel zu Spiel. Nun liegt der Fokus auf Frankfurt, um die Liga müssen wir uns später kümmern. Wir wissen, was wir können.
Ein paar Probleme sind dennoch sichtbar geworden: In der Offensive fehlt nach dem Abgang von Haaland und Minamino die Durchschlagskraft und in der Abwehr habt ihr euch zu viele Fehler geleistet. Wo siehst du den Schlüssel, um an die Leistungen vom Traum-Herbst anschließen zu können?
Wenn wir die ersten zwei, drei Chancen reinmachen, spielen wir anders. Ich mache wirklich keinem Spieler einen Vorwurf. Vorne wollten sie unbedingt die Tore schießen und wir hinten gut verteidigen. Uns hat das Quäntchen Glück gefehlt, auch wenn der LASK das gut gemacht hat. Wir haben das heute schon ein wenig analysiert und werden schauen, was wir besser machen können.
In den Transferphasen tut sich bei Salzburg jedes halbe Jahr sehr viel. Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Wünscht man sich als Spieler nicht ein wenig mehr Konstanz, um die Eingewöhnungsphase zu verkürzen?
Wir haben das gleiche Thema mit vielen Abgängen im Sommer gehabt und trotzdem haben wir das sehr gut kompensiert. Es kommen sehr viele Talente nach und ich bin von den Spielern im Kader sehr überzeugt. Klar, Haaland und Minamino waren sehr wichtige Spieler für uns. Aber im Sommer haben wir mit Munas Dabbur, Hannes Wolf, Stefan Lainer und Xaver Schlager das selbe Thema gehabt. Im Trainingslager und in der Vorbereitung haben sich alle sehr gut präsentiert und ich bin überzeugt, dass wir das weitermachen können wie davor.
Wo steht die Mannschaft im Vergleich zum Herbst?
Natürlich, je mehr Spiele man hat, desto mehr verbessert man sich. Es sind von der Form und vom Selbstvertrauen her zwei unterschiedliche Mannschaften. Ich glaube trotzdem, dass wir gut in Form sind. Es passiert halt, dass man solche Spiele gegen den LASK dann verliert. Wir sollen uns gar nicht so viele Gedanken machen, weil wir wissen, was für Qualität wir haben.
Andre, mit Eintracht Frankfurt steht in der Europa League schon der nächste Brocken bevor. Du kennst die deutsche Bundesliga und hast mit Leverkusen schon gegen sie gespielt. Was erwartet euch?
Boah. Es erwarten uns zwei sehr schwere Spiele. Wir wissen, was Frankfurt für Qualitäten hat. Sie haben eine ähnliche Spielphilosophie wie wir. Wir kennen Adi (Hütter, Anm. d. Red). Er war mein bzw. unser Trainer und wir wissen, dass sie auch sehr offensiv sind und pressen wollen. Sie haben zwar am Freitag (0:4 gegen Dortmund, Anm. d. Red.) verloren, aber ansonsten alle Spiele 2020 gewonnen und sich gut präsentiert. Sie sind schon in guter Form, aber auch wir sind bereit.
Adi Hütter hast du kurz schon angesprochen. Was hat er seither für eine Entwicklung gemacht und was verbindet dich mit ihm?
Seine Entwicklung war überragend. Er hat eine super Arbeit mit uns hier gemacht. Und was er in der Schweiz geschafft hat, war sehenswert und außergewöhnlich. Man kann dazu nur gratulieren. Und auch mit Frankfurt: Letztes Jahr war wahnsinnig gut und er hat das Halbfinale in der Europa League geschafft. Und auch jetzt zeigen sie, dass sie voll da sind. Ja, ich freue mich sehr für ihn, hoffe aber, dass wir gegen sie erfolgreich sein werden.
Deine Verbindung zu RBS besteht mit einigen Zwischenstationen schon seit 2011. Du bist der einzige Spieler, den die Bullen abgegeben und wieder zurück geholt haben? Nun hast du im Herbst unter Jesse Marsch als Chefcoach im Herbst von sechs Champions-League-Spielen nur zwei Mal spielen dürfen. Wie schwer hat dich das getroffen und wie siehst du nun deine Rolle?
Ich fühle mich genauso wie immer. Ich weiß, dass ich ein wichtiger Spieler in der Mannschaft bin und Qualität habe. Aber das weiß auch das Trainerteam und jeder, dass ich nicht so zufrieden war, weil ich nicht so oft Champions League gespielt habe. Das ist aber schon Vergangenheit und ich schaue immer nach vorne. Ich werde immer versuchen, mein Bestes zu geben. Wenn der Trainer mich braucht – egal in welchen Wettbewerb – werde ich immer zur Verfügung sein.
Der Halbfinal-Einzug in der Europa League 2017/18 gilt als größter Erfolg in der Red-Bull-Ära. Wie groß ist das Ziel, wieder in diese Richtung zu gehen bzw. das sogar noch zu übertrumpfen?
Das wäre natürlich ein Traum, aber wir müssen sehr positiv und speziell bodenständig bleiben. Wir wissen, dass es keine leichte Aufgabe wird, wenn wir es noch weiter als 2017/18 schaffen wollen. Es bringt nichts, wenn wir über das Finale reden, wenn wir nicht Frankfurt schlagen.
Du bist gestern 28 Jahre alt geworden. Dein Vertrag läuft noch bis 2022. Was steht noch auf dem Karriereplan? Auf ewig Salzburg oder wagst du noch einmal eine andere Herausforderung?
Das ist immer sehr schwierig zu sagen. Ich denke nicht über drei, vier oder fünf Jahre, sondern lebe in der Gegenwart. Ich bin momentan zufrieden hier und spiele bei einem Wahnsinns-Verein, bei dem ich mich wohl fühle. Was in der Zukunft passiert, kann ich auch nicht sagen und bestimmen. Das hängt von vielen Sachen ab. Ich werde für Red Bull immer mein Bestes geben und dann schauen wir mal, wie es weiter geht.
Am Mittwochnachmittag geht’s dann nach Frankfurt. Was darf in deinem Koffer nicht fehlen? Hast du vielleicht sogar irgendwelche Glücksbringer mit ihm Gepäck?
Glücksbringer eigentlich nicht. Ich haben immer meine Kopfhörer, mein iPad und meine Bibel dabei. Solche Sachen nehme ich immer mit. Ich höre natürlich brasilianische Musik und generell alles – auch deutsche Musik. Cro zum Beispiel habe ich auch gehört. Es gibt einige Deutsch-Rapper wie Kontra K, die ich ab und zu höre. Ich bin sehr eklektisch. Gibt es dieses Wort auf Deutsch. Nein? Dann habe ich das erfunden. Ich bin in Sachen Musik sehr flexibel.
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(Quelle: salzburg24)