"Fatale Fehlentscheidung"

VAR in Österreich heftig kritisiert

Auch beim Bundesliga-Spiel zwischen Red Bull Salzburg und Ried kam der VAR zwei Mal zum Einsatz.
Veröffentlicht: 28. Februar 2023 13:54 Uhr
Die fatalen Schiedsrichterentscheidungen in Österreichs Fußball-Bundesliga sorgen für viel Wirbel. Der Video Assistant Referee (VAR) leistete sich laut Liga-Boss Christian Ebenbauer "fatale Fehler." Die Debatte um die Unparteiischen nimmt Fahrt auf.
SALZBURG24 (aa)

Keine Saison ohne Schiedsrichter-Diskussion. Die jüngsten zwei Runden der Fußball-Bundesliga hatten es für die Unparteiischen in sich. Nach der 18. Runde vor einer Woche räumte die Liga drei grobe Fehleinschätzungen ein.

Tirol-Kicker Behounek mit Wutrede über Schiedsrichter

Am vergangenen Wochenende war es ein kurioser LASK-Elfer zum 1:0-Sieg gegen Austria Lustenau, der für Aufregung sorgte. Schiedsrichter-Chef Robert Sedlacek sah "Fehler, die nicht passieren hätten dürfen". Die betroffenen Lustenauer fordern einen Runden Tisch.

 

"Sie sind im Großen und Ganzen einfach schlecht, das muss man jetzt einfach einmal so sagen", zürnte Verteidiger Raffael Behounek von der WSG Tirol am Sonntag über Österreichs Referees. Den Tatbestand einer Beleidigung sah die Liga dadurch nicht erfüllt. Behounek muss nicht mit einer Strafe rechnen, wie Vorstandschef Christian Ebenbauer am Montagabend in der Sky-Sendung "Talk & Tore" erklärte. Zum Fehler, der beim Spiel in Linz passiert sei, gebe es keine zwei Meinungen, so Ebenbauer. "Die Fehlentscheidung war leider eine fatale."

"Folgeschwerer Fehler" vom VAR

Mehr Verwunderung als über seinen Pfiff herrschte darüber, warum Referee Harald Lechner sich die entscheidende Szene nicht selbst auf dem Bildschirm angeschaut hatte. Sein Video-Assistent (VAR) Christian-Petru Ciochirca hatte ihn nicht dazu veranlasst - ein "folgenschwerer Fehler", wie dieser auf Sky gestand. Lechner hätte ihm seine Wahrnehmung von Beinstellen geschildert, nur dem sei er nachgegangen. Eine Einstellung hätte diese Interpretation zugelassen, erklärte Ciochirca. "Ich habe das große Ganze aus dem Blick verloren durch die Prüfung der Bilder und bin auf die falsche Fährte gekommen."

VAR APA/KRUGFOTO
Auch beim Bundesliga-Spiel zwischen Red Bull Salzburg und Ried kam der VAR zwei Mal zum Einsatz.

Sowohl Lechner, Österreichs bester Referee, als auch Ciochirca haben sich bei den Lustenauern entschuldigt. Er wolle sich in Zukunft weniger Zeitstress auferlegen, lautete Ciochircas Erkenntnis. Es gelte, "nicht die Qualität der Arbeit der Geschwindigkeit wegen zu vernachlässigen". Der VAR sei grundsätzlich eine große Hilfe für Schiedsrichter. "Diese Entscheidung war leider keine Werbung, dessen bin ich mir bewusst."

Schiedsrichter bekommen Punktabzug nach Blick auf Monitor

Dabei ist Ciochirca laut Sedlacek ein Mann mit guten Zeugnissen. "Er wird auch von der UEFA angefragt und bei Europa-League-Spielen oder Länderspielen als VAR eingesetzt. Er ist keiner, der es nicht kann", betonte der Vorsitzende der ÖFB-Schiedsrichterkommission gegenüber der APA - Austria Presse Agentur. Er sah eine Häufung von Fehlern. Der Blick müsse nun nach vorne gehen: "Es nützt jetzt nichts, irgendwen zu bestrafen. Wir können nur schauen, was wir verbessern können."

Ein Kritikpunkt bleibt, dass die Hauptschiedsrichter im Fall einer "on-field review" einen kleinen Abzug in ihrer Gesamtnote erhalten. Dies ist von der FIFA so vorgegeben. "Die Note kann nicht besser werden, wenn man es im zweiten Versuch löst", sagte Sedlacek zum Prozedere. Beinbruch sei dies grundlegend keiner. Es gebe aber nach wie vor eine "Hemmschwelle", den Gang zum Schirm anzutreten. Diesbezüglich sei es wichtig, bei den Lehrgängen der Unparteiischen weiter darauf hinzuweisen, dass Fehler passieren können. Wichtiger sei, diese auch mit Hilfe der neuen Möglichkeiten auszubügeln.

Rapid Wiens Tore zählen nach VAR-Studium

Dass der VAR prinzipiell das Leben der Schiedsrichter leichter macht, bewies die Partie zwischen dem WAC und Rapid (1:2) am Sonntag. Zwei Tore der Wiener wurden nach minutenlangem Videostudium auf mögliche Abseitsstellungen gegeben. Red Bull Salzburg wurde hingegen beim 2:0-Sieg gegen Ried zwei Treffer wegen Handspiels und Fouls aberkannt.

Meister Salzburg enteilt nach Ried-Sieg Verfolger Sturm

Frustabbau wurde es keiner, dafür ein verdienter Salzburger Sieg gegen die SV Ried. Der Leader besiegt das Schlusslicht am Sonntag mit 2:0.

Werden solche Entscheidungen durch die Technik erleichtert, bleiben jene bei strittigen Situationen im Strafraum oder Foulvergehen jedoch Ermessenssache. Grundlegend sah Sedlacek den Umgang mit dem VAR in Österreich vergleichsweise im europäischen Mittelmaß. "Wir liegen im Durchschnitt. Es gibt pro Runde eineinhalb, zwei Entscheidungen, die hinterfragt werden."

Eine oft geforderte Professionalisierung des Schiedsrichterwesens in Österreich sieht Sedlacek als schwieriges Unterfangen. Über 15 Schiedsrichter müssten ihrer Arbeit dann hauptamtlich nachgehen. Es bleibt die Frage, wer für die Gehälter aufkommen soll. "Sicher wünschen wir uns einen Profispielbetrieb. Aber ob das machbar ist, ist fraglich." Laut Ebenbauer sei die Frage, ob man überhaupt genug Schiedsrichter finde, die bereit wären, den Job hauptberuflich zu machen.

"Video-Schiedsrichter muss besser werden"

Als Hauptpunkt sieht der Liga-Vorstand die Rekrutierung neuer Referees. "Das Problem ist, dass wir in der Basis schon keine Schiedsrichter haben", meinte Ebenbauer. "Wir müssen diesem Berufsbild und dieser Freizeitaktivität mehr Ansehen verleihen." Eine breitere Basis habe auch mehr Qualität zur Folge. Am VAR will er festhalten - auch wenn die Kosten mit 1,5 Mio. Euro jährlich massiv sind. "Es ist unfragwürdig, dass der Video-Schiedsrichter wichtig und gut ist. Aber dass er besser werden muss auch", sagte Ebenbauer.

Das sieht auch Austria Lustenau. "Aus unserer Sicht hat sich aber in den letzten Wochen gezeigt, dass es beim VAR in Österreich deutlichen Optimierungsbedarf gibt", hieß es in einer von Bernd Bösch gezeichneten Stellungnahme des Club-Vorstandes. Die Lustenauer regten einen Runden Tisch von Vertretern von Clubs und Schiedsrichtern an. Ziel der Initiative seien mehr Klarheit rund um den Einsatz der "on-field review", eine Verbesserung des Bewertungssystems der Schiedsrichter und eine transparentere Darstellung der VAR-Entscheidungen für die Öffentlichkeit.

"Es wird durchgehend gesprochen. Wir haben keine Woche, in denen wir nicht mit dem ÖFB und den Schiedsrichter-Verantwortlichen des ÖFB sprechen", entgegnete Ebenbauer. Zuletzt sei Sedlacek vor eineinhalb Jahren bei einer Clubkonferenz der Liga zugegen gewesen. Ebenbauer: "Das werden wir wieder machen, weil der direkte Austausch wichtig ist."

(Quelle: apa)

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