Der türkische Nationalspieler Merih Demiral hat mit seiner Jubelgeste beim 2:1 im EM-Achtelfinale gegen Österreich für Aufsehen gesorgt. Der 26-Jährige formte nach seinem zweiten Treffer am Dienstagabend im Leipziger Stadion mit beiden Händen den sogenannten Wolfsgruß, ein Handzeichen und Symbol der "Grauen Wölfe".
Die UEFA hat nun gegen Demiral eine Untersuchung eingeleitet. Wie die Europäische Fußball-Union mitteilte, geht es dabei um "mutmaßlich unangemessenen Verhalten" des Abwehrspielers.
Demiral erklärt sich nach Wolfsgruß
Die deutsche Innenministerin zeigte sich am Mittwoch empört über den Vorfall. "Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen. Die Fußball-Europameisterschaft als Plattform für Rassismus zu nutzen, ist völlig inakzeptabel", teilte die SPD-Politikerin mit.
Demiral selbst hatte noch in der Nacht in Leipzig zu der Geste, gesagt: "Wie ich gefeiert habe, hat etwas mit meiner türkischen Identität zu tun. Deswegen habe ich diese Geste gemacht. Ich habe Leute im Stadion gesehen, die diese Geste auch gemacht haben." Es stecke "keine versteckte Botschaft" dahinter. "Wir sind alle Türken, ich bin sehr stolz darauf, Türke zu sein und das ist der Sinn dieser Geste", sagte er. "Ich wollte einfach nur demonstrieren, wie sehr ich mich freue und wie stolz ich bin." Es werde hoffentlich noch mehr Gelegenheiten geben, diese Geste zu zeigen.
Wer sind die "Grauen Wölfe"?
Als "Graue Wölfe" werden die Anhänger der rechtsextremistischen "Ülkücü-Bewegung" bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan.
Diskussion auf Social Media entfacht
Auf Social Media diskutierten Nutzer:innen über Demirals Geste. „Wolfsgruß“ lag auf X mit über 6.000 Postings auf Platz zwei der Österreich-Trends.
Die deutsche Gesellschaft für bedrohte Völker rief die UEFA auf, das Zeigen des Wolfsgrußes nicht zu dulden. "Am Jahrestag des Sivas-Massakers so prominent den Wolfsgruß zu zeigen, ist ein absoluter Skandal", sagte der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido. "Die türkische Nationalmannschaft muss sich öffentlich vom Zeigen des rechtsextremen Symbols distanzieren."
Vor 30 Jahren hatte ein von religiösen Extremisten aufgehetzter islamistischer Mob ein Hotel im Stadtzentrum von Sivas in Brand gesteckt, in dem sich alevitische Schriftsteller, Sänger und Intellektuelle aufhielten. In den Flammen kamen 37 Menschen ums Leben, die meisten Opfer waren alevitischen Glaubens. Aleviten sind eine religiöse Minderheit in der mehrheitlich sunnitischen Türkei.
Demiral traf in Leipzig bereits nach 57 Sekunden zum schnellsten Tor in der K.-o.-Runde einer EM sowie in der 59. Minute. Um den Einzug ins Halbfinale der EM spielt die Türkei am Samstag in Berlin gegen die Niederlande.
Demiral wiederholt in politischer Debatte
Demiral stand schon einmal im Fokus einer politischen Debatte. Bei einem Spiel in Frankreich 2019 hatten viele türkische Nationalspieler mit dem Militärgruß salutiert, um damit die türkischen Streitkräfte zu unterstützen, die am Militäreinsatz gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien beteiligt sind. Damals gab es einen kurzen Disput zwischen Demiral und Kaan Ayhan. Demiral soll seinen Mitspieler dazu animiert haben, ebenfalls zu salutieren.
Die UEFA gab an, dass weitere Informationen zu der anstehenden Untersuchung zu gegebener Zeit bekanntgegeben würden. Sollte Demiral bestraft werden, hätte das wohl Folgen, was seine Verfügbarkeit für das Spiel gegen die Niederländer betrifft. Der albanische Nationalspieler Mirlind Daku war während der EM für zwei Spiele gesperrt worden, nachdem er die Fans zu beleidigenden Gesängen angestiftet hatte. Gegen den englischen Nationalspieler Jude Bellingham wird wegen einer Geste, bei der er sich in den Schritt gefasst hat, ermittelt.
(Quelle: salzburg24)