270 Bewerber:innen wollen sich am Sonntag in den 119 Salzburger Gemeinden ins Bürgermeisteramt wählen lassen. Doch nur 47 von ihnen sind weiblich – gerade einmal 17 Prozent. Was Frauen davon abhält, sich um das Amt des Ortschefs zu bewerben und warum sie selbst sich dennoch getraut haben, haben uns fünf Kommunalpolitikerinnen erklärt. Es geht um alte Rollenbilder, Betreuungspflichten und: Den Mut, ein Amt auszuüben, das in nahezu allen Belangen in der Gemeinde mitmischt.
Politikerinnen oft „nicht in der ersten Reihe“
Zunächst sei das Bürgermeisteramt „nicht unbedingt ein familienfreundlicher Beruf“, wie Sonja Ottenbacher (ÖVP) im Gespräch mit SALZBURG24 betont. Die 63-Jährige ist seit 2004 Bürgermeisterin in der Pinzgauer Gemeinde Stuhlfelden und war damit eine der ersten drei Frauen im Bundesland Salzburg, die in dieses Amt gewählt wurden. Zudem sei das Selbstverständnis von Frauen in der Politik ihrer Erfahrung nach oft ein anderes als das von Männern: „Sie wollen schon mitarbeiten, aber nicht in der ersten Reihe.“
Laut Ottenbacher ist das vor allem eine Frage des Selbstbewusstseins. Insgesamt habe sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten aber eine Menge getan: Waren damals noch 78 Frauen Bürgermeisterinnen in Österreich, so sind es heute über 200. „Da ist viel passiert.“ Für die Lokalpolitikerin geht mit den anstehenden Gemeindewahlen ihre letzte Amtszeit zu Ende. „Man soll ja dann aufhören, wenn die Leute noch traurig sind, dass man geht“, meint sie. Was sie Frauen rät? „Den Mut haben, dieses Amt anzustreben“ und „Schwächen leben. Schwächen machen sympathisch.“ Bürgermeisterin zu sein sei ein „wunderbarer“ Beruf. „Ich würde es sofort wieder machen.“
Bürgermeisteramt und Familie: „Wie machst du das?“
Barbara Huber (ÖVP), Bürgermeisterin in Bruck an der Glocknerstraße (Pinzgau), spricht gegenüber S24 von stärkeren Selbstzweifeln, die sie bei Frauen wahrnimmt. „Ich frage mich schon auch manchmal: Kann ich das? Und ich bin mir nicht sicher, ob sich ein Mann das fragt.“ Dazu kommt: Huber ist Alleinerzieherin und pflegende Angehörige – und übernimmt damit wie viele andere Frauen eine ganze Menge Care-Arbeit zusätzlich zu ihrem Beruf. Ein Kollege habe sie erst kürzlich gefragt: „Wie machst du das eigentlich?“ Denn wenn er nach Hause komme, sei das Essen bereits gekocht, der Haushalt erledigt. In der Früh lege ihm die Frau sogar die Wäsche bereit. Hubers Tag hingegen startet bereits um dreiviertel Fünf, wie sie erzählt. Und oft geht es dann bis in die Abendstunden hinein: Die Bürgermeisterin muss bei Sitzungen und Veranstaltungen schließlich dabei sein. „Es gibt ganz wenige Tage, an denen gar nichts ist.“
Warum sie trotzdem weitere fünf Jahre Bürgermeisterin sein möchte? „Nirgendwo ist man so nah am Menschen“, meint sie. Außerdem habe sie nach ihrer ersten Amtsperiode „noch vieles auf der To-Do-Liste.“ Huber rät Frauen in der Politik: „Nicht ganz auf Bauchgefühl und Intuition vergessen.“ Zudem sei das Amt „Learning by doing“. Im ersten halben Jahr werde man von Gremium zu Gremium „herumgereicht“, doch irgendwann komme man an.
Andere Rahmenbedingungen durch alte Rollenbilder
Auf veraltete Rollenbilder verweist auch Eveline Huber (SPÖ), derzeit Vizebürgermeisterin in St. Johann, im S24-Gespräch. Sie will sich am 10. März zur Bürgermeisterin wählen lassen. Dann wäre sie die erste Frau an der Spitze der Pongauer Bezirkshauptstadt. Weil viele Sitzungen am Abend stattfänden und sich häufig immer noch Frau um Kind und Haus kümmere, hätten Frauen in der Gemeindepolitik „ganz andere Rahmenbedingungen“ als Männer. Sie habe aber gemerkt, dass es die weibliche Sicht in der Politik dringend brauche. „Weil wir einfach eigene Themen haben.“
Fehlende weibliche Vorbilder in Salzburger Politik
Ganz ähnlich sieht das Anna Schiester, die sich für die Bürgerliste (Die Grünen in der Stadt Salzburg, Anm.) um das Amt der Bürgermeisterin in der Salzburger Landeshauptstadt bewirbt. „Ich glaube nicht, dass Frauen bessere Politik machen, aber dass sie einen anderen Blick haben“, erklärt sie im S24-Gespräch. Studien würden außerdem zeigen, dass es mehr Vorbilder brauche, um Frauen Mut für die Politik zu machen. Ihr habe etwa die ehemalige Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) gezeigt: „Wir können das auch.“ Nun wolle sie selbst ein solches Vorbild sein.
Fehlende Vorbilder in der Gemeindepolitik sieht auch Sandra Lindtner (FMÖ). Die Wirtin will Bürgermeisterin in Hallein (Tennengau) werden, seit fünf Jahren ist sie im Gemeindeamt tätig. Frauen stünden mittlerweile zwar häufig auf den Wahllisten, aber eben nicht an der Spitze. „Da sind wir wirklich in der Unterzahl“, stellt sie im S24-Gespräch fest. Sie habe sich aber gedacht: „Ich kann das genauso.“ Denn nur so könne sich in den kommenden Jahren etwas an diesem Ungleichgewicht ändern.
SALZBURG24 wird am Sonntag umfassend für euch über die Gemeindewahlen im Bundesland Salzburg berichten.
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(Quelle: salzburg24)


  




