Blick ins Wahlprogramm

Die Standpunkte der Parteien zu "Wirtschaft und Arbeit"

Veröffentlicht: 19. September 2024 11:35 Uhr
Ob mögliche Steuerentlastungen oder Eingriffe bei der Wochenarbeitszeit könnten die Positionen der Parteien zum Thema Wirtschaft und Arbeit bei der Nationalratswahl kaum unterschiedlicher sein. Wir haben uns die Wahlprogramme angeschaut und zeigen euch hier die jeweiligen Standpunkte auf.

Österreich wählt in zehn Tagen einen neuen Nationalrat. Im zweiten Teil unserer Wahlprogramm-Serie ist heute Wirtschaft und Arbeit dran, das war das zweitwichtigste Thema für die S24-Community im Wahlkampf – den Anfang hat das Thema "Asyl und Migration" gemacht. Die Parteien beziehen erneut teils klar unterschiedliche Positionen.

ÖVP: Steuern senken und Anreize für Vollzeit

Die ÖVP setzt zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Österreich auf eine Senkung der Unternehmenssteuern und auf Bürokratieabbau. Die Lohnnebenkosten sollen um 0,5 Prozent pro Jahr sinken und die Körperschaftsteuer durch einen Mechanismus dauerhaft unter dem EU-Durchschnitt bleiben. Der aktuelle Durchschnitt der Körperschaftsteuer (Corporate Tax) in der EU liegt bei etwa 21 bis 22 Prozent und variiert von Land zu Land. Österreich senkte seine Körperschaftsteuer im Jahr 2023 von 25 auf 24 Prozent und heuer auf 23 Prozent.

Im Arbeitsmarktbereich will die ÖVP den Fachkräftemangel mit einem Vollzeitbonus von 1.000 Euro, steuerfreien Überstunden und Steuerfreiheit bei Arbeiten in der Pension bekämpfen. Die Lohn- und Einkommensteuer sollen gesenkt werden. Das Arbeitslosengeld soll mit der Zeit reduziert werden, um den Anreiz zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt zu verstärken. Die Verfahren für die Rot-Weiß-Rot-Karte zur Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte sollen erleichtert werden.

FPÖ gegen CO2-Steuer und für Preisdeckel beim Sprit

Mit einem starken Fokus auf Deregulierung und Steuersenkungen verfolgt die FPÖ eine marktwirtschaftliche Agenda: Sie will wie die Volkspartei die Lohnnebenkosten senken. Im Wahlprogramm der Freiheitlichen ist dann noch die Rede von einer Steuerbefreiung für Mitarbeiterprämien bis 5.000 Euro und einer Abgabenentlastung für Pflegekräfte. Verpflichtende Arbeiterkammerbeiträge sollen gänzlich abgeschafft werden. Um den Gütertransport zu entlasten, will die FPÖ die CO2-Abgabe abschaffen. Die CO2-Abgabe begann 2022 bei 30 Euro pro Tonne und steigt jährlich bis auf 55 Euro pro Tonne im Jahr 2025 an.

Zudem setzt sich die FPÖ für eine Preisdeckelung für Treibstoff sowie eine temporäre Senkung der Mineralölsteuer in Phasen besonderer Teuerung ein. Für operative Kleinst-GmbHs soll die Körperschaftsteuer auf 10 Prozent sinken. Junge Unternehmensgründer, Berufseinsteiger und Familiengründer sollen weniger Steuern zahlen. Auch wer über das Pensionsalter hinaus arbeitet soll steuerlich bevorzugt werden.

SPÖ setzt auf ökosoziale Transformation und Ausbildungsoffensive

Einen Fonds mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro will die SPÖ für eine ökosoziale Transformation der Wirtschaft schaffen, der durch Dividenden der Staatsholding ÖBAG finanziert werden soll. Staatliche Förderungen sollen nurmehr Unternehmen bekommen, die soziale Kriterien erfüllen sowie Standort- und Beschäftigungsgarantien geben, heißt es im SPÖ-Wahlprogramm. Die Vier-Tage-Woche soll bei vollem Lohnausgleich in Branchen wie der Pflege getestet werden. Langzeitarbeitslose sollen einen Rechtsanspruch auf geförderte Jobs erhalten. Dem Fachkräftemangel will man unter anderem durch eine Ausbildungsoffensive in der Pflege beikommen. Die SPÖ möchte für mehr Verteilungsgerechtigkeit sorgen, indem Einkommen aus Kapital höher besteuert und Lohnsteuer sowie Lohnnebenkosten gesenkt werden.

Grüne wollen Mindestlohn festlegen und weniger Steuern auf Arbeit

Die Grünen konzentrieren sich auf nachhaltige Wirtschaftspolitik und ökologische Transformation. Sie fordern Investitionen in nachhaltige Technologien und die Schaffung von "grünen" Arbeitsplätzen. Die Wochenarbeitszeit soll schrittweise auf 35 Stunden verkürzt werden und gleichzeitig sollen die Überstundenzuschläge erhöht werden. Mindestlöhne sollen festgelegt und das Arbeitslosengeld auf bis zu 70 Prozent erhöht werden. Mindestlöhne werden in der Regel in den Kollektivverträgen festgelegt. In Deutschland beträgt der gesetzliche Mindestlohn beispielsweise 12,41 Euro brutto pro Stunde. Arbeit soll nach Ansicht der Grünen künftig weniger besteuert werden, Kapitalgewinne allerdings mehr. Dem Fachkräftemangel wollen die Grünen durch erleichtere Zuwanderung sowie Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylsuchende begegnen.

NEOS für weniger Bürokratie und für Steuerrechtreform

Die NEOS setzen wenig überraschend auf eine liberale Wirtschaftspolitik. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit durch Reformen im Steuerrecht und der Arbeitsmarktregulierung zu steigern. So sollen die Lohnsteuer und Lohnnebenkosten gesenkt sowie Bürokratie abgebaut werden. Die Pflichtmitgliedschaften in Kammern und Tourismusverbänden sollen beendet werden. Unternehmensgründungen sollen innerhalb von 24 Stunden digital und zu geringen Kosten möglich sein.

Eine verpflichtende Vier-Tage-Woche lehnen die NEOS ab. Sie setzen auf die Einführung der Teilarbeitsfähigkeit, um die Personalnot zu lindern. Die NEOS wollen die Körperschaftssteuer auf Kursgewinne abschaffen und die Spekulationsfrist von einem Jahr wieder einführen. Zuwanderung soll erleichtert und der Fachkräftemangel durch gezielte Maßnahmen bekämpfen werden.

Positionen der Kleinparteien

Die KPÖ hat ein Wirtschaftsverständnis, das sich grundsätzlich von dem aller anderen Parteien unterscheidet. So tritt die Kommunistische Partei etwa dafür ein, dass Immobilienunternehmen mit dem Vermieten von Wohnraum nichts verdienen sollen. Um die Kosten für Grundbedürfnisse wie Wohnen, Energie und Nahrungsmittel zu senken, wird sich für Preisdeckel und gezielte Preiseingriffe ein​gesetzt. Sozialleistungen, Pensionen, Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sollen angehoben werden. Die KPÖ fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 2.400 Euro brutto und eine radikale Arbeitszeitverkürzung auf 30 Wochenstunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich.

Die Bierpartei konzentriert sich in ihrem Wahlprogramm aus wirtschaftlicher Sicht vor allem auf Einzelunternehmen, kleinere und mittlere Unternehmen. Diesen Firmen soll es leichter gemacht werden, Gewinne steuerbegünstigt ins Eigenkapital überzuführen und ihre Mitarbeitenden am Gewinn zu beteiligen. Durch geringere Lohnnebenkosten sollen die Unternehmen außerdem profitieren. Bürokratische Hindernisse sollen reduziert werden. Zum Thema Arbeit gibt das Wahlprogramm im Vergleich zu den anderen Parteien recht wenig her: Die Lehrausbildung soll jedenfalls gestärkt werden. Qualifizierte Zuwanderung soll ein Mittel gegen den Fachkräftemangel sein. Asylwerbende sollen einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen und Berufsqualifikationen rascher anerkannt werden.

Wenig Konkretes zum Thema Wirtschaft und Arbeit gibt es bei der Kleinpartei die Liste KEINE, die sich dafür einsetzt, Übergewinne abzuschöpfen und selbst mit seinen Staatskonzernen Energie zum Selbstkostenpreis zur Verfügung stellt. Regionale Jobs und Wertschöpfung sollen steuerlich begünstigt werden. Die Steuern auf leistungslose Vermögen und Einkommen der Reichen und ihrer Konzerne sollen massiv erhöht werden.

Wirtschaft und Arbeit fehlen bei den Kernthemen im Wahlprogramm der Liste Petrovic.

Weiter geht es in unserem Überblick über die Standpunkte der Parteien mit dem Thema Gesundheit und Pflege.

 

(Quelle: salzburg24)

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