Jeder sechste im Minus

Besser früh als spät zur Schuldenberatung

In Salzburg sind immerhin 19 Prozent der in Beratung befindlichen Personen unter 30 Jahre alt, den größten Teil machen die 31- bis 35-Jährigen aus. (SYMBOLBILD)
Veröffentlicht: 28. Oktober 2021 13:52 Uhr
Jeder sechste Österreicher überzieht laut einer Befragung von Durchblicker.at regelmäßig oder dauerhaft sein Konto. Darüber hinaus geht es zahlreichen Menschen in Salzburg finanziell noch schlechter. Existenzen sind bedroht. Wir haben nachgefragt, wie Menschen in die Schuldenfalle geraten und ihr wieder entkommen können.
Oliver Klamminger

Die Gründe, warum Menschen in die Schuldenfalle geraten, sind vielfältig. Wie Carmen Bayer von der Salzburger Armutskonferenz zu berichten weiß, habe die Corona-Pandemie die Situation noch dramatisiert. „Wir sehen, dass die Leute vermehrt Mietschulden haben“, schildert Bayer im Gespräch mit SALZBURG24. Durch Miet- und Kreditstundungen im Jahr 2020 seien die Auswirkungen aber erst diesen Sommer so richtig ans Tageslicht getreten. Dazu kämen noch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. „Wer ohnehin schon weniger verdient und durch die Kurzarbeit nur noch 80 Prozent bekommt, der steht schnell vor einem Schuldenberg“, weiß die Sprecherin der Amutskonferenz.

Jeder Sechste hat ein Minus am Konto

Jeder Sechste hat regelmäßig oder dauerhaft ein Minus am Konto, Corona hat die Situation verschlechtert, so das Ergebnis einer Befragung (Sample 1.200 Personen) der Onlineplattform durchblicker.at. 1…

Konsumschulden häufen sich

Immer mehr würden sich Konsumschulden häufen. „Das bedeutet, dass sich die Leute alltägliche Dinge wie Lebensmittel nicht mehr leisten können“, erklärt Bayer die bedrohliche Situation. „Da geht es dann auch weniger um Luxusgüter, sondern zum Beispiel darum eine kaputte Waschmaschine zu ersetzen“. Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensverschlechterung waren im Jahr 2019 laut dem Schuldenreport der Hauptgrund für Überschuldung in Österreich. Weitere Gründe waren gescheiterte Selbstständigkeit, der „Umgang mit Geld“ und Scheidungen oder Trennungen.

 

Beratung besser früh als spät aufsuchen

Bei der Salzburger Armutskonferenz werden Betroffene beraten bzw. hilft man ihnen, die richtigen Anlaufstellen wie etwa die Sozialberatung der Caritas oder die Fachstelle zur Wohnungssicherung zu finden. Allerdings würden zu viele Leute zu lange zögern, sich beraten zu lassen. „Viele sagen sich, dass sie das schon schaffen und gehen erst spät in die Beratung. Schulden lösen in Österreich immer noch ein Schamgefühl aus“, meint Bayer. Schlittere man erst einmal ganz tief in die Schuldenfalle, dann sollte man dringend die Salzburger Schuldenberatung aufsuchen.

Schulden verdoppeln sich alle fünf Jahre

Das tun laut Peter Niederreiter von der Schuldenberatungs-Stelle knapp 900 Salzburgerinnen und Salzburger pro Jahr. Dabei handle es sich allerdings nur um Erstkontakte. Auch bei den Niederlassungen in der Stadt Salzburg und St. Johann im Pongau kennt man die hohe Schwelle, sich zu melden. Und das sei ein großer Fehler. „Die Schulden verdoppeln sich alle fünf Jahre, wenn man nichts dagegen macht“, weiß Niederreiter, der bereits seit 29 Jahren als Berater arbeitet. Meist kämen die Leute erst, wenn der Exekutor bereits im Haus war. Kreditschulden seien zu diesem Zeitpunkt kein Thema mehr, weil jene Menschen gar keine Kredite mehr bekämen.

 

Meist ehemalige Selbstständige betroffen

Laut Niederreiter sind rund ein Viertel seiner Kunden ehemalige Selbstständige, die in Privatkonkurs gehen. Im Schnitt stünden sie mit 70.000 Euro in der Kreide, bei Privatpersonen seien es durchschnittlich 40.000 Euro. Ansonsten sei seine Kundenschicht sehr divers. „Es kommen Leute, die nicht Deutsch können, daher wenig verstehen, wie sie in die Situation gekommen sind. Bis hin zu Universitätsprofessoren“.

 

So läuft die Beratung

Der Schuldenberater weist wiederholt darauf hin, dass man nicht zögern soll, sich bei der Einrichtung zu melden. Das sei schon der erste und wichtigste Schritt. Dann ginge es darum, die Existenzsicherung, also Wohnen und Verpflegung, zu garantieren. Erst wenn die dringlichsten Angelegenheiten erledigt sind, schaut man gemeinsam, wie man aus der Schuldenfalle rauskommt. Dazu zählt auch, dass Arbeitslose wieder einen Job finden. „Die Zahl unserer arbeitslosen Kunden ist im Jahr 2020 mit der Corona-Pandemie gestiegen, aber mit der Erholung des Arbeitsmarktes wieder rückläufig“, weiß Niederreiter.

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Ein Drittel seiner Kunden landet übrigens mit einem Insolvenzverfahren vor Gericht, kann um Privatkonkurs ansuchen. Ein anderer Teil finde andere Lösungen wie Stundungen. Wiederum andere würden sich nach dem ersten Kontakt gar nicht mehr melden.

Für das Jahr 2022 wagt Niederreiter noch keine finale Prognose abzugeben. „Es kann passieren, dass es aufgrund auslaufender Stundungen eine Explosion gibt“.

(Quelle: salzburg24)

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