Explodierende Stromrechnungen

"Enorme Unsicherheit" geistert durch Salzburger Betriebe

Veröffentlicht: 05. Oktober 2022 15:09 Uhr
Die rasant steigenden Energiekosten machen freilich auch nicht Halt vor der Salzburger Wirtschaft, denn Stromrechnungen steigen mitunter ins Unermessliche: Etliche Betriebe haben wegen der derzeit nicht vorhersehbaren Situation bereits geplante Investitionen gestoppt. Bei vielen Firmen herrsche enorme Unsicherheit.

Salzburgs Betriebe ächzen unter den steigenden Energiekosten. "Die Wirtschaft ist von den steigenden Energiekosten voll betroffen", sagt Christoph Fuchs, Leiter für Regionalpolitik und Infrastruktur bei der Salzburger Wirtschaftskammer (WKS), am Mittwoch zu SALZBURG24. "Alle Branchen sind von der aktuellen Energiekrise betroffen." Die Preisspirale am Energiemarkt sei "ein nicht unerheblicher Kostenfaktor, der sich auf den laufenden Betrieb auswirkt". Bei 80 Prozent der regionalen Firmen hätten sich die Energiepreise bis dato teilweise vervierfacht, wie eine WKS-Umfrage aus dem September ergab.

Nicht alle Betriebe gleich betroffen

Generell sei die Betroffenheit von steigenden Energiekosten innerhalb der Salzburger Wirtschaft jedoch höchst unterschiedlich, weil nicht jeder Betrieb gleich viel Energie brauche, wie Fuchs betont. "Energie ist der Motor der Wirtschaft", bringt der WKS-Funktionär die dennoch prekäre Lage auf den Punkt.

Was bei weiteren Preissteigerungen passiert

Und das hat schon jetzt massive Auswirkungen auf den laufenden Betrieb mancher Firmen: Gewisse Prozesse würden sich betriebswirtschaftlich nicht mehr lohnen, führt Fuchs aus. Zumal es illusorisch sei, dass alle Preissteigerungen an die Kund:innen weitergegeben oder gar geschluckt werden können. Einer WKS-Umfrage zufolge können bereits 35 Prozent der Betriebe ihre Preissteigerungen nicht weitergeben, da sonst die Nachfrage verschwindet.

Entscheider:innen in Unternehmen müssten sich die Frage stellen, ob noch weiter produziert werden soll. Neben den steigenden Energiepreisen würden solche Produktionseinschränkungen zu einer "enormen Unsicherheit in allen Branchen" führen. Hinzu kommt der Arbeitskräftemangel, denn laut WKS klagt die Hälfte der Salzburger Betriebe über zu wenig Personal.

Viele Firmen stoppen Investitionen

Diese beiden Problemfelder dürften die weitere Entwicklung der heimischen Wirtschaft negativ beeinträchtigen. Laut Fuchs seien mittlerweile fast zwei Drittel der regionalen Betriebe auf die Investitionsbremse gestiegen. "Die weitere Entwicklung wird genau beobachtet, bis dahin heißt es bei vielen zuwarten."

Doch eben diese weitere Entwicklung gleicht dem bekannten Blick in die Glaskugel. Denn niemand weiß, in welche Richtung sich vor allem die Lage am Energiemarkt entwickeln wird. Besonders im Hinblick auf den Winter – Stichwort Hotellerie und Gastronomie im Land Salzburg – könnte die Frage nach der Energiesicherheit nochmals kritischer werden.

Dabei kommt die Urlaubsbranche seit Beginn der Pandemie im März 2020 ohnehin nicht zur Ruhe. Zuerst wurde das Geschäft durch Einreisebeschränkungen und Corona-Lockdowns gebremst, jetzt durch die massive Teuerung von Energie und Lebensmitteln. Deshalb werden Urlaubsgäste heuer wohl tiefer in die Tasche greifen müssen – mit dem Credo, dass die Qualität des Urlaubs nicht darunter leiden soll. Zuletzt war von Preiserhöhungen bei Hotels in Höhe von 20 Prozent die Rede. Bei Skiliften könnten die Preise um bis zu zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen.

Wie können Strom und Gas eingespart werden?

Um weitere Kostenexplosionen zu verhindern, soll Strom und Gas gespart werden. Bereits jetzt sei die Nachfrage nach Energieberatungen durch die WKS sehr groß, gibt Fuchs einen Einblick. So sollen Firmen dabei unterstützt werden, energieeffizienter zu arbeiten. Die Betriebe würden "alle Prozesse auf den Prüfstand stellen, wie Energie eingespart werden kann. Das Einsparen von 10 Prozent des Energieverbrauchs ist eine Herausforderung, aber machbar", zeigt sich Fuchs überzeugt. Wenn in einem Lager etwa die Raumtemperatur etwa um ein Grad reduziert würde, könne 7 Prozent an Energie eingespart werden, rechnet er vor.

Ruf nach europäischer Lösung

Zwar könne das Land Salzburg die Stromproduktion in den Sommermonaten durch erneuerbare Energie größtenteils selbst decken, im Winter müsse aber Strom importiert werden. "Diese Dramatik wurde bisher nicht gesehen", meint Fuchs. So sind sich auch Strom- und Gasmarkt-Fachleute darüber einig, dass es dafür eine gemeinsame europäische Lösung brauche – sprich einen gemeinsamen Strommarkt. Denn aufgrund der Verwobenheit des Marktes und wegen gegenseitiger Abhängigkeiten wird befürchtet, dass kleinteilige, nationale Lösungen die Preise weiter in die Höhe schnellen lassen könnten. Und durch unterschiedlich hohe Kosten auf dem europäischen Kontinent könnten Wettbewerbsnachteile für die heimische Wirtschaft entstehen, befürchtet die WKS.

WKS fordert Strompreis-Regulierung

Weil sich viele Unternehmen die stark gestiegenen Energiekosten nicht mehr leisten können, hat die Bundesregierung zuletzt beschlossen, das Budget für den Energiekostenzuschuss auf 1,3 Mrd. Euro aufzustocken – allerdings zu bestimmten Bedingungen. Die Förderrichtlinie zum Unternehmens-Energiekostenzuschuss-Gesetz sieht Unterstützungszahlungen für Unternehmen vor, die mindestens 3 Prozent ihres Umsatzes für Strom, Gas und Treibstoffe ausgeben. Das erste Geld soll noch heuer fließen. Dieser Energiezuschuss "bewältigt die Vergangenheit", kommentiert Fuchs. Das sei ein Drittel der Mehrbelastung, die kompensiert wird und das auch bis dato nur für den Zeitraum Februar bis Dezember. Unklar ist derzeit, ob es auch künftig weitere Zuschüsse gibt.

Die derzeitige Krisensituation könne nur gemeinsam gelöst werden, ist Fuchs überzeugt: Private Haushalte und die Wirtschaft müssten demnach an einem Strang ziehen. Der WKS-Funktionär fordert deshalb eine Regulierung des Strompreises und weitere Zuschüsse für besonders durch die steigenden Energiekosten betroffenen Betriebe. Zudem sollen Strom- und Gaspreis voneinander entkoppelt werden.

Ist ein Energie-Lockdown realistisch?

Auch ein Energie-Lockdown, wie er seit dem Sommer durch verschiedene österreichische Medien geistert, sei laut Fuchs "derzeit nicht ausgeschlossen". Gleichzeitig warnt er vor einem massiven drohenden volkswirtschaftlichen Schaden durch solche flächendeckende Stromabschaltungen. "Das zu vermeiden, muss das unbedingte Ziel sein."

Der Blick in den weiteren Jahresverlauf ist jedenfalls stark eingetrübt.

(Quelle: salzburg24)

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Von SALZBURG24 (AnGr)
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