390.000 Menschen in Salzburg wählen am 23. April einen neuen Landtag. In Tirol war es bereits vergangenen September so weit, in Niederösterreich gestern. Am 5. März folgt noch Kärnten. Bei den zentralen Themen seien Trends erkennbar, die auch im Salzburger Wahlkampf eine entscheidende Rolle spielen dürften, prognostiziert der Salzburger Politologe Armin Mühlböck Montagvormittag im SALZBURG24-Interview:
- Teuerung
- Energiekrise
- Leistbares Wohnen
- Pflege
- Kinderbetreuung
ÖVP-Verluste in Salzburg wahrscheinlich
Im Vergleich zum Jahr 2018, als die ÖVP mit türkisem Rückenwind aus dem Bund in Salzburg noch ein „hervorragendes Ergebnis" (37,8 Prozent) eingefahren habe, sei heuer wie in Niederösterreich und Tirol auch in Salzburg mit Verlusten zu rechnen. „Die ÖVP wird wohl dennoch die stärkste Kraft bleiben. Es stellt sich aber die Frage, wie hoch diese sind und welche Koalitionen sich ausgehen.“
Die Verluste der Volkspartei dürften in Salzburg wohl nicht so stark wie in Tirol oder Niederösterreich ausfallen. Die bisher vorliegenden Umfragen der Institute IFDD und GMK, jeweils mit 800 Befragten, weisen jedoch eine hohe Schwankungsbreite (rund 3,5 Prozentpunkte) aus. Demnach käme die ÖVP auf 32 bzw. 35 Prozent, Grüne und NEOS würden mit neun beziehungsweise acht Prozent ihre aktuellen Werte de facto halten.
"Historisches Ergebnis" für FPÖ denkbar
Dass die FPÖ, die in Niederösterreich ein sehr starkes Ergebnis eingefahren habe, auch in Salzburg deutlich zulegt, sei laut Mühlböck durchaus denkbar. „Die FPÖ hatte in Salzburg nie über 20 Prozent. Wenn sie diese Marke knackt, wäre es ein historisches Ergebnis. Mit einem Aufwind wie in Niederösterreich könnte die FPÖ in Salzburg die zweitstärkste Kraft werden.“
SPÖ kämpft bei Salzburger Landtagswahl um Platz zwei
Warum die SPÖ bei eigentlich „aufgelegten“ Themen es in Niederösterreich nicht geschafft hat, stark zu punkten, sei laut Mühlböck ein Mysterium. Drei Punkte würden eine Rolle spielen, die die Wählenden nicht dazu bringen, den Sozialdemokraten ihre Stimme zu geben:
- Inhalte
- Struktur
- Personen
„Die SPÖ-Wähler vertrauen anscheinend nicht darauf, dass zukunftsfähige Gegenkonzepte zu den derzeitigen Themen geboten werden können.“ Auch in Salzburg rechnet der Politologe deshalb nicht mit großen Schritten nach vorne. „Für die SPÖ ist es gar nicht so wichtig, eine reale Konkurrenz zur ÖVP mit Landeshauptmann Haslauer zu sein. Viel wichtiger ist es, den zweiten Platz zu behalten und sich als verlässlichen Regierungspartner zu präsentieren.“
Aus für "Dirndlkoalition"?
Denn, dass die „Dirndlkoalition“ mit ÖVP, NEOS und Grünen halten wird, sei keinesfalls gesichert. Stimmen die Umfragen, ginge sich die Dirndlkoalition nur mehr knapp oder gar nicht mehr aus. Für die Grünen und die NEOS geht es um viel: Fallen sie in Salzburg aus der Landesregierung, wären sie jeweils nur mehr in einem Bundesland Teil einer Regierung (Grüne: Vorarlberg, NEOS: Wien). Und selbst wenn sich die Dreierkoalition rechnerisch ausgehen würde, stelle sich die Frage, ob diese von den Wähler:innen überhaupt noch gewünscht wird, so Mühlböck. Deshalb seien Schwarz-Rot und Schwarz-Blau Alternativen.
2018 lag die SPÖ mit 20,0 Prozent knapp vor der FPÖ (18,8 Prozent). Damals kostete den Freiheitlichen aber das Antreten des früheren FPÖ-Landeschefs Karl Schnell mit einer eigenen Liste Stimmen. Addiert man diese zu den FPÖ-Stimmen, wären die Blauen schon damals zweitstärkste Kraft geworden. Sowohl die SPÖ, die heuer erstmals mit Spitzenkandidat David Egger ins Feld geht, als auch die FPÖ – mit Landeschefin Marlene Svazek – legen in den Umfragen leicht zu. Sowohl IFDD und GMK sahen aber die Sozialdemokraten voran.
Lage im Bund spiegelt sich im Land wider
Grundsätzlich wollen die Wähler:innen darüber entscheiden, wer regieren wird, sagt der Politologe. „Ich gebe meine Stimme niemandem, bei dem eine Regierungsbeteiligung unwahrscheinlich ist.“ Hinzu komme, dass die politische Stimmungslage im Bund (Vertrauenskrise, geringe Zufriedenheit mit der Bundesregierung) sich auch in der Landtagswahl widerspiegeln würde.
NEOS könnten von abgewanderten ÖVP-Wählenden profitieren
Genau diese Unzufriedenheit, Proteststimmung gegen Regierende – insbesondere gegenüber der ÖVP – oder Nachwirkungen der Corona-Krise spiele nun der FPÖ in die Karten. Laut Mühlböck könne es durchaus passieren, dass jene FPÖ-Sympathisierenden, die in der Vergangenheit die türkise "Kurz-ÖVP" gewählt haben, nun wieder zurückwandern. Möglich sei auch, dass sich jene, die der ÖVP nicht mehr ihre Stimme geben, aber nicht zu Nicht-Wähler:innen werden wollen, den NEOS zuwenden. Die Chancen der NEOS seien allerdings recht schwer einzuschätzen. Mit großen Sprüngen rechne er nicht. Grund dafür seien u.a. interne Konflikte.
Interne Konflikte bei den Grünen
Das treffe auch auf die Grünen zu, die zwar im urbanen Raum punkten würden, sich im ländlichen Bereich aber schwer täten. „Die Grünen hatten einen holpringen Start in den Wahlkampf mit dem Rücktritt Schellhorns. Die Übernahme von Martina Berthold war logisch.“ Allerdings habe es hier interne Unstimmigkeiten gegeben, was u.a. die Listenreihung von Simon-Heilig-Hofbauer angeht. „Die Unterstützung für das Team Berthold ist nicht in ausreichendem Ausmaß vorhanden“, fasst Mühlböck zusammen.
Antreten von drei Listen unklar
Unklar ist noch, welche Parteien in Salzburg tatsächlich auf dem Stimmzettel stehen werden. Neben den fünf Landtagsparteien haben drei Listen bekannt gegeben, Unterstützungserklärungen für ein Antreten zu sammeln. Die GMK sah dabei überraschend die KPÖ Plus bei landesweit vier Prozent. Daneben bemühen sich auch zwei Gruppierungen aus dem Lager der Impfkritiker und Corona-Maßnahmen-Gegner um ein Antreten: Die MFG und die sich im Vorjahr von der MFG abgespaltete Liste "Wir sind Salzburg" des früheren MFG-Bundesgeschäftsführers Gerhard Pöttler. Die IFDD-Umfrage sah die MFG dabei bei drei Prozent.
Wahlkarten werden am Wahltag ausgezählt
Erstmals werden die Wahlkarten heuer übrigens bereits am Wahltag mit ausgezählt. Das Endergebnis wird damit bereits am Wahlabend vorliegen. Für den Einzug in den Landtag gilt in Salzburg eine Fünf-Prozent-Hürde.
Fest stehe aber, dass in drei Monaten bis zum Wahltermin noch viel passieren kann, betont Politologe Mühlböck: „Wer hätte 2020 an Corona gedacht? Oder im Vorjahr an den Ukraine-Krieg, Inflation und Energiekrise?“ Die Wahlen in Niederösterreich und Tirol seien durchaus spannende Wahlen gewesen. Das könne man auch bei der Salzburger Landtagswahl erwarten, sagt Mühlböck abschließend.
(Quelle: salzburg24)