Die Aufträge werden weniger, dafür steigen die Kosten. Das Konjunkturbarometer der Salzburger Industriellenvereinigung (IV) zeichnet ein frostiges Bild der aktuellen Wirtschaftslage. Und auch die Einschätzung für das erste Halbjahr 2024 ist nicht allzu rosig. Der Trend setzt sich damit wohl fort, denn die Geschäftslage vieler Salzburger Betriebe habe sich schon im vierten Quartal 2023 weiter sichtbar verschlechtert.
Teuerung belastet Salzburger Betriebe
Nur 15 Prozent der befragten 34 Salzburger Firmen mit insgesamt über 17.000 Beschäftigten schätzt die derzeitige Geschäftslage als "steigend bzw. gut" ein – im dritten Quartal 2023 waren es noch 35 Prozent. Eine bessere Einschätzung der Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten teilen mittlerweile nur noch 6 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer.
"Die Salzburger Industrie beurteilte die Konjunktur im Herbst wesentlich pessimistischer als noch im Sommer", schildert IV-Präsident Peter Unterkofler. In allen Umfrageergebnissen spiegele sich das Bild einer Rezession deutlich wider. Belastet werden die Unternehmen laut IV durch die überdurchschnittliche Teuerung, hohe Lohnabschlüsse und die mittlerweile fast vier Jahre andauernde Lieferkettenproblematik aufgrund von Pandemie und Krieg. Der "Mangel an Nachfrage" war im Oktober 2023 erstmals seit April 2021 das von den Unternehmen am häufigsten genannte Hemmnis. "Viele Unternehmen meldeten wie in den Vorquartalen starke Beeinträchtigungen ihrer Geschäftstätigkeit", sagt Unterkofler.
Wenn Inflation zum Standortproblem wird
Aus Sicht der Salzburger Industrie ist die hohe Inflation schon jetzt ein großes Standortproblem für den Wirtschaftsstandort, heißt es dazu bei der Salzburger IV am Dienstag auf SALZBURG24-Anfrage. Neben der Teuerung habe die rezessive Entwicklung die Dynamik des Salzburger Wirtschafts- und Industriestandortes stark verlangsamt.
Die Inflationsrate soll von im vergangenen Jahr 7,9 Prozent (Wifo) bzw. 7,8 Prozent (IHS) auf 4,0 bzw. 3,9 Prozent (2024) und 3,1 bzw. 3,0 Prozent (2025) sinken und damit deutlich über dem prognostizierten Eurozonenschnitt sowie dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 Prozent liegen. Die Inflation in Österreich dürfte 2024 und 2025 um knapp 1 Prozentpunkt höher sein als im Euroraum, unter anderem wegen einer hartnäckigen Teuerung bei Industriegütern, Nahrungsmitteln und vor allem Dienstleistungen.
Vor diesem Hintergrund würden die Lohnabschlüsse die Lohn-Preisspirale antreiben. "Damit kommen die Unternehmen unter Druck und dies hat zusätzlich teils massive Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen zur Folge", so die IV. Die hohen Lohnabschlüsse der letzten beiden Jahre seien ein "wirtschaftlich schmerzhafter Kompromiss". Schließlich seien hohe Lohnkosten besonders im internationalen Wettbewerb fordernd, "denn in der Industrie sitzt der Mitbewerber nicht um die Ecke, sondern in China, Indien oder Südamerika", führt die Salzburger IV aus. Die hohen Lohnabschlüsse hätten demnach massive Auswirkungen auf die Lohnstückkosten, worunter die internationale Wettbewerbsfähigkeit stark leide.
Zur Erinnerung: In der Metallindustrie wurden die kollektivvertraglichen Mindestlöhne und Mindestgrundgehälter um 8,5 Prozent erhöht, wobei untere Einkommensgruppen zehn Prozent Zuwachs erhalten. Die Lohnabschlüsse lagen grundsätzlich deutlich über der aktuellen Inflation (Dezember 2023: 5,6 Prozent, Anm.) und auch über oder auf dem Niveau der Jahresinflation 2023 von 7,8 Prozent.
Diese Branchen leiden unter Wirtschaftslage
Diese Entwicklung zeigt auch die Geschäftslage: Den Umfrageergebnissen aus dem Konjunkturbarometer zufolge sind die Auftragsbücher nicht mehr so gut gefüllt wie noch vor wenigen Monaten. Konjunkturell seien vor allem die Bau- und Bauzulieferindustrie von Auftragsrückgängen stark betroffen ebenso wie die Holzindustrie: "Die Metalltechnische Industrie kämpft mit stark gestiegenem Kostendruck – Nischenplayer werden in ihrer Strategie positiv bestätigt."
Was die Geschäfts- und Ertragssituation in sechs Monaten betrifft, so seien die Branchen aus der Mineralölindustrie, Nahrung- und Genussmittelindustrie, chemische Industrie und Fahrzeugindustrie derzeit zuversichtlich.
Ein Drittel der Betriebe überlegt Jobkürzungen
Zudem dürfte die Auslastung der Produktionskapazität massiv schrumpfen – 39 anstatt zuletzt 19 Prozent der Unternehmen befürchten hier abnehmende Werte. Und das hat freilich unmittelbare Folgen für die Betriebe: Neue Mitarbeitende suchten zuletzt nur 23 Prozent der befragten Unternehmen. Auf der anderen Seite ist der Anteil an Firmen, die Stellen abbauen wollen, im Vergleich zum Vorquartal auf ein Drittel stark angestiegen.
IV-Forderungen für "wettbewerbsfähigen Standort"
Um gegen die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen zu steuern, hat die Salzburger IV ein Potpourri aus Forderungen zusammengestellt: Wie gehabt wird das aktuelle Steuer- und Abgabensystem kritisiert, das mit 43,2 Prozent das vierthöchste in der EU sei. Konkret sollen "sämtliche finanzielle Spielräume für eine Senkung der Lohnnebenkosten ausgeschöpft" werden. Die IV bringt dafür etwa an eine Beitragssenkung zum Familienlastenausgleichsfonds bzw. eine Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags ins Spiel.
Es müsse laut IV rasch gehandelt werden, "damit der Arbeits- und Industriestandort wettbewerbsfähig bleibt, sonst droht deutlich höhere Arbeitslosigkeit." Der Infrastrukturausbau soll durch eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren rascher vonstattengehen, zudem fordert die IV gezielte Fachkräftestrategie, die Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland anspricht und durch Leistungsanreize Arbeitskräfte-Potenziale im Inland hebt.
Steigende Löhne als Motor für Konjunktur?
Nach einer milden Rezession im Jahr 2023 dürfte die schwächelnde Industrie die Konjunkturerholung heuer in Österreich verzögern. Die heimische Wirtschaftsleistung wird laut Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und Institut für Höhere Studien (IHS) heuer schrumpfen.
Der Tiefpunkt der Konjunktur sollte mittlerweile durchschritten sein. Laut Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sollten steigende Reallöhne und ein stabiler Arbeitsmarkt den privaten Konsum anschieben und die Konjunktur beleben. "Der Bau wird 2024 weiter schrumpfen, auch die Industrie erholt sich angesichts sehr uneindeutiger Frühindikatoren nur schleppend", sagte der Wifo-Chef. Das heimische Wirtschaftswachstum soll dann 2025 rund 2,0 bzw. 1,5 Prozent erreichen.
Für IHS-Direktor Holger Bonin hat sich die Konjunkturprognose seines Instituts "im Kern seit dem Herbst nicht verändert". Man dürfe "nicht in den Krisenmodus verfallen". Sorgen bereitet Bonin aber die "hartnäckige" Teuerung. "Die Inflation ist nicht nur ein soziales Problem, sondern es wird für Österreich immer zum Standortproblem", bestätigt Bonin die Sicht der Salzburger IV.
Kein Boom der Weltwirtschaft für 2024 erwartet
Ein kräftiger Aufschwung der Weltwirtschaft dürfte auch heuer ausbleiben. Die globale Wachstumsrate dürfte mit 2,6 Prozent sogar etwas unter dem im vergangenen Jahr erreichten Wert von 2,7 Prozent bleiben, geht aus der Umfrage des deutschen Ifo-Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik hervor. Für Österreich erwarten sie ein Wirtschaftswachstum von nur 0,9 Prozent, für Deutschland 0,6 Prozent.
Etwas optimistischer fällt der Blick auf die mittlere und lange Sicht aus. Für 2025 wird ein weltweites Wachstum von 2,9 Prozent vorausgesagt, für 2027 sogar von 3,3 Prozent.
(Quelle: salzburg24)