Tag der Elementarbildung

"Kindergarten ist wichtigste Bildungseinrichtung"

Veröffentlicht: 24. Jänner 2022 13:49 Uhr
Bessere Bedingungen fordern Österreichs Elementarpädagoginnen und Pädagogen. Diese bekräftigen sie am Tag der Elementarbildung noch zusätzlich. Wir haben uns angehört, welche Reformen in Kindergärten notwendig wären und wie sie in Salzburg umgesetzt werden können.
Oliver Klamminger

Das Bild der „Kindergartentante“, die mit einer Handvoll Kinder musiziert und bastelt ist längst überholt und heutzutage wohl mehr eine Illusion. Die überforderten Pädagoginnen und Pädagogen klagen über Personalmangel, schlechte Entlohnung und kaum Mitspracherecht bei der Formulierung einschlägiger Gesetze. Daher will man besonders heute, am Tag der Elementarpädagogik, auf die Missstände aufmerksam machen.

Kindergarten ist elementare Bildung

„Die Situation hat sich in den letzten zwei Jahren aufgrund der Pandemie extrem zugespitzt“, schildert der Vorsitzende der Salzburger Berufsgruppe der Elementarpädagogen, Nico Etschberger, am Montag gegenüber SALZBURG24. Und das schmerze nicht nur die Pädagoginnen und Pädagogen, sondern beeinträchtige auch nachhaltig unsere gesamte Gesellschaft. „Der Kindergarten ist die erste und wichtigste Bildungseinrichtung“, so Etschberger. Kinder erlernen in diesem Alter viele Soft- und Hardskills, die für das spätere (Berufs-)Leben wichtig sind. Elementar also.

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„Man kann nicht von Bildungspersonal sprechen“

Diese grundlegende Ausbildung sei allerdings nur möglich, wenn auch ausreichend Personal für die Kleinen zur Verfügung stehe. Ab einer Gruppengröße von 20 Kindern ist in Österreich gesetzlich eine weitere Pädagogin oder ein weiterer Pädagoge vorgeschrieben. Das würde in Salzburg allerdings gar nicht so viele Gruppen betreffen. Sinnvoll wäre jedoch ein 1:7-Schlüssel. „Dann kann man von Bildungspersonal sprechen, meint auch die Wissenschaft. Alles darüber ist nur Betreuung und Gefahrenvermeidung“, prangert der 36-Jährige an. „Wir wollen drei Pädagogen auf 20 Kinder.“

 

Im Bundesland Salzburg kommt man fast auf diesen Schlüssel von 1:7. „Auf eine Fachkraft kommen 7,4 Kinder. Das ist österreichweit der beste Wert aller Bundesländer“, erklärt Bildungs-Landesrätin Andrea Klambauer (NEOS) im S24-Gespräch. Im Vergleich: Der Österreich-Schnitt liegt bei zehn. Jährlich kämen in Salzburg allerdings 500 Kinder dazu. Parallel verliere man Fachpersonal, das nach aktuellem Stand nicht kompensiert werden könne. Insgesamt werden in Salzburgs Kindergärten 22.200 Kinder von 3.100 Pädagoginnen und Pädagogen und 900 Zusatzkräften betreut.

Unterbezahlte Elementarpädagogen

Das Einstiegsgehalt für Elementarpädagogen in Salzburg liegt bei 2.600 Euro brutto, wie Klambauer berichtet. Das sei im Österreich-Vergleich „gut“. Assistenten würden allerdings deutlich schlechter aussteigen. Das zentrale Thema, um dem akuten Personalmangel entgegenzuwirken, sei daher auch den Einsatz entsprechend finanziell zu würdigen. Das fordern Berufsgruppe, Gewerkschaft und Vertreterinnen des Netzwerks Elementare Bildung (NEBÖ) unisono. Besonders um den Beruf für Männer, die laut Etschberger dringend benötigt werden, attraktiver zu gestalten.

 

Dazu zählt nicht nur das Grundgehalt, sondern auch die Entlohnung von Vor- und Nachbereitung. Diese würde laut Etschberger aufgrund der individuellen Bedürfnisse der Kinder immer mehr Zeit in Anspruch nehmen. Finanziell entschädigt wird sie aber noch nicht. „Österreich gibt 0,6 Prozent des BIP für Elementarpädagogik aus. In Schweden sind es im Vergleich zwei Prozent“, zeigt der Vorsitzende auf. „Zudem sollte die Elementarpädagogik im Bildungsministerium sein.“ Momentan ist das Ressort beim Bund im Sozialministerium untergebracht und damit für Etschberger fehl am Platz. Kindergärten sind in Österreich Sache der Länder, dementsprechend gibt es neun unterschiedliche Mindeststandards etwa für Gruppengröße und den Fachkraft-Kind-Schlüssel.

Zu viele Hürden für Berufseinsteiger

Eine Möglichkeit den Kinder-Fachkraft-Schlüssel zu verbessern, wäre mehr Nachschub aus den eigenen Reihen. Doch der versiege stetig, was den aktuellen Rahmenbedingungen in diesem Berufsfeld geschuldet sei. „Es gibt noch zu viele Hürden für den Einstieg“, ortet Landesrätin Klambauer. Daher wurde nun an den Aufnahmeprüfungen für die Bildungsanstalten für Elementarpädagogik (BAfEP) geschraubt. Das sei laut Etschberger, der in „gutem Kontakt“ mit Klambauer steht, aber nur bedingt zielführend. „Es steigen einfach zu wenig in den Beruf ein“, meint er. Dem entgegnet Klambauer, dass aus den drei Ausbildungsstätten im Bundesland Salzburg (Stadt, Bischofshofen und Bruck an der Glocknerstraße, Anm.) eine „gute“ 70-prozentige Einstiegsquote hervorbringen.

 

Der Einstiegsquote steht aber auch eine hohe Dropout-Quote gegenüber. Zu viele würden nach der Ausbildung in die Praxis reinschnuppern, seien aber oft schon nach kurzer Zeit überfordert und steigen wieder aus. „Das Berufsfeld hat eine der höchsten Burnout-Quoten überhaupt“, so Etschberger. Das bringe auf der anderen Seite aber eine Job-Garantie mit sich. „Es ist ein krisensicherer Job“, so die NEOS-Politikerin.

Eltern sollen Druck ausüben

Die Politik sei hier gefordert, die Rahmenbedingungen anzupassen. „Aber man hat nicht ewig Zeit, denn der Leidensdruck ist groß“. Um die Forderungen durchzusetzen, sieht Etschberger daher auch die Eltern in der Pflicht. Sie müssten selbst Druck ausüben. Ob das den Bund, den Klambauer und Etschberger in der Verantwortung sehen, zu großen Reformen bewegt, wird sich zeigen.

Der Zusammenschluss "AUFTRAG.BILDUNG. Trägerinitiative Kinderbetreuung" aus gemeinnützigen Kindergartenträgern (u.a. Caritas) appellierte mit Blick auf die anstehenden Neuverhandlungen zur 15a-Vereinbarung für die Kindergärten ebenfalls an Bund und Länder, "allen Kindern in Österreich die beste Bildung zu ermöglichen".

Bildungsminister reagiert

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) verwies am Montag in einer Aussendung darauf, dass sich die Bundesregierung dazu bekannt habe, die Mittel für die Elementarpädagogik in den laufenden 15a-Verhandlungen mit den Ländern deutlich auszubauen. Außerdem soll sichergestellt werden, dass der Beruf der Elementarpädagogin und des Elementarpädagogen zeitgemäß gestaltet wird. So setze man etwa die Eignungsprüfung gerade neu auf, für das Berufsfeld sollen mehr Männer gewonnen werden.

Auch die Grüne Bildungssprecherin Sibylle Hamann verwies auf die laufenden 15a-Verhandlungen: Bis zum Sommer müsse dabei ein umfassendes Investitionspaket herauskommen. "Wir brauchen einheitliche Standards, bessere Arbeitsbedingungen für die Pädagog:innen und eine Ausweitung der Öffnungszeiten", so Hamann. Die wichtigste Schraube für mehr Qualität sei aber der Personalschlüssel.

Gewerkschaft ortet weitere Baustellen

Das impliziere eben auch die Arbeitsbedingungen in den Kindergärten, die sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie deutlich verschlechtert habe. „Viele sind am Ende ihrer Kräfte und denken ans Aufhören“, schildert Ursula Schupfer, Frauenbeauftragte des ÖGB Salzburg gegenüber S24. Sie fühlen sich zu wenig geschützt, da Mindestabstände bei Kindern logischerweise nicht einzuhalten seien und die Kleinen natürlich auch keine Masken tragen können. Es fehle auch an ausreichend ergonomischen Möbeln, die aufgrund der zunehmenden Schreibtischarbeit notwendig seien.

Um auf die Missstände aufmerksam zu machen, organisiert der ÖGB heute Abend in der Stadt Salzburg die Aktion „Feuer und Flamme“. Mit einem Herz aus Fackeln soll auf die massiven Belastungen in elementarpädagogischen Einrichtungen aufmerksam gemacht werden. Auch in Wien ging man zu diesem Zweck auf die Straße.

Bildungs-Landesrätin Klambauer, die absolutes Verständnis für die Forderungen zeigt, will die Situation für Elementarpädagoginnen und Pädagogen in Salzburg „Schritt für Schritt“ verbessern.

Bildergalerien

Aktion des \u00d6GB \"Feuer und Flamme f\u00fcr Verbesserungen in der Elementarp\u00e4dagogik\" zum Tag der Elementarbildung am Montag 24. J\u00e4nner 2022 in Wien.\u00a0
Aktion des \u00d6GB \"Feuer und Flamme f\u00fcr Verbesserungen in der Elementarp\u00e4dagogik\" zum Tag der Elementarbildung am Montag 24. J\u00e4nner 2022 in Wien.\u00a0
Aktion des \u00d6GB \"Feuer und Flamme f\u00fcr Verbesserungen in der Elementarp\u00e4dagogik\" zum Tag der Elementarbildung am Montag 24. J\u00e4nner 2022 in Wien.\u00a0
Aktion des \u00d6GB \"Feuer und Flamme f\u00fcr Verbesserungen in der Elementarp\u00e4dagogik\" zum Tag der Elementarbildung am Montag 24. J\u00e4nner 2022 in Wien.\u00a0
Aktion des \u00d6GB \"Feuer und Flamme f\u00fcr Verbesserungen in der Elementarp\u00e4dagogik\" zum Tag der Elementarbildung am Montag 24. J\u00e4nner 2022 in Wien.\u00a0
Aktion des \u00d6GB \"Feuer und Flamme f\u00fcr Verbesserungen in der Elementarp\u00e4dagogik\" zum Tag der Elementarbildung am Montag 24. J\u00e4nner 2022 in Wien.\u00a0

(Quelle: salzburg24)

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