Alle Maßnahmen im Überblick

Maul- und Klauenseuche: So rüstet sich Salzburg für „Ernstfall“

180 Tiere wurden vorsorglich von Gut Aiderbichl in Henndorf ausquartiert.
Veröffentlicht: 04. April 2025 12:02 Uhr
Auf den „Ernstfall“ – also einen Ausbruch der Maul- und Klauenseuche – bereiten sich die Behörden im Land Salzburg momentan vor. „Die Nervosität ist nicht übertrieben“, sagt Landesveterinärdirektor Peter Schiefer am Freitag. Das Risiko, dass die Seuche nach Österreich eingeschleppt wird, werde als sehr hoch eingeschätzt. Strenge Regeln gelten nun etwa beim Betreten von Ställen. Außerdem wird derzeit zusätzliche Schutzkleidung beschafft. Alle Maßnahmen findet ihr hier.

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Ungarn und der Slowakei wirkt sich auch auf das Bundesland Salzburg aus. Momentan gibt es noch keinen gemeldeten Fall in Österreich, dennoch laufen Vorbereitungen auf den „Ernstfall“, erklärt Franz Moser, Leiter der Abteilung Lebensgrundlagen und Energie beim Land Salzburg, am Freitag in einem Pressegespräch.

Gerade werde zusätzliche Schutzkleidung – etwa für Tierärzt:innen oder andere Personen, die Proben ziehen müssen – angeschafft. Mehrere tausend Stück seien bereits lagernd. Auch Reinigungsmittel werden aktuell beschafft, denn im Fall einer Infektion müssen alle Fahrzeuge, die am betroffenen Hof zu- oder abfahren desinfiziert werden, so Moser. Die Nachfrage nach den nötigen Produkten sei in Österreich zwar groß, eine Verknappung bestehe allerdings noch nicht. Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist eine hochansteckende Viruserkrankung, die vor allem Paarhufer wie Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen, aber auch Kamelartige wie Lamas und Alpakas betreffen kann. Für Menschen ist das Virus nicht gefährlich.

Schutzkleidung für betriebsfremde Personen

Grundsätzlich sollen derzeit nur Personen einen Stall betreten, wenn sie dort arbeiten müssen bzw. zum jeweiligen Betrieb gehören, erklärt Landesveterinärdirektor Peter Schiefer. Betriebsfremde Personen wie Klauenschneider, Tierärzt:innen oder Futtermittelhändler:innen bekommen von den Betrieben eine eigene Schutzkleidung wie Overall, Überschuhe oder Gummistiefel, damit es zu keiner Virusübertragung von außen kommt.

Da das Virus sehr widerstandsfähig ist und an Schuhsohlen, Autoreifen oder Kleidung haften bleibt und sogar tiefgefroren lange überleben kann, ist besondere Vorsicht und Sorgfalt geboten. Es wird also nicht nur von Tier zu Tier übertragen.

Virus kann sich auch durch Wind verbreiten

Empfohlen wird außerdem gründliches Händewaschen, das Desinfizieren der Hände, und ein Zutritt zu den Tieren nur über eine Desinfektionswanne. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Personen aus Ausbruchsgebieten auf den Hof kommen. Auch über Winde kann das Virus über Strecken von 50 Kilometern – in besonderen Fällen auch noch weiter – weiterverbreitet werden, so Schiefer.

Vorsicht bei Rohmilch und frischem Fleisch

„Die Nervosität ist nicht übertrieben. Das Risiko für einen Eintrag der Seuche nach Österreich wird sehr hoch eingeschätzt“, betont der Landesveterinärdirektor. Rohe Lebensmittel wie Frischfleisch aus den betroffenen Regionen oder Rohmilch und Produkte daraus können Virus enthalten. Deshalb gibt es eine Sofortmaßnahmenverordnung des Bundes, die verbietet, dass diese Produkte aus den betroffenen Regionen nach Österreich gebracht werden. Auch Wildtiere können die Seuche weitergeben, ergänzt Schiefer. Deshalb darf auch kein erlegtes Wild oder Wildfleisch aus Ungarn oder Slowakei nach Salzburg mitgenommen werden.

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Schiefer geht davon aus, dass auch an „neuralgischen Punkten“ wie dem Salzburger Flughafen nun Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden könnten. Wenn es in Salzburg tatsächlich zu einem Fall kommt, werden alle gefährdeten Tiere im betroffenen Bereich untersucht und Sperrzonen errichtet. Alle für das Virus empfänglichen Tierarten müssen auf den jeweiligen Betrieben gekeult werden. Denn Tiere, die überleben, können das Virus weiter beherbergen – auch ohne sichtbare Symptome. Wenn die Tiere es dann ausscheiden, bestehe die Gefahr für einen weiteren Ausbruch.

Wie äußert sich die Maul- und Klauenseuche? 

Die Inkubationszeit liegt laut Schiefer bei bis zu eineinhalb Wochen. Bei Rindern könne der Speichel schon infektiös sein, bevor Symptome auftreten. Die Krankheit äußert sich durch Fieber und Bläschen im Bereich des Mauls, der Zitzen, im Zwischenklauenspalt oder am Klauensaum. „Sie können sehr groß werden und aufbrechen. Dann tritt die Schleimhaut darunter hervor. Die Tiere leiden enorm, sie zeigen Lahmheit und Fressunlust, die weil Blasen Schmerzen verursachen.“ Erwachsene Tiere würden eine Infektion häufiger überleben als junge.

Impfung als Vorsichtsmaßnahme?

Wegen der hohen Anzahl an Virustypen sei eine präventive Impfung schwierig, so Schiefer. „Wenn ich gegen Serotyp eins impfe, heißt es nicht, dass das auch gegen Typ zwei hilft. Das ist eine wesentliche Einschränkung bei der Überlegung, eine vorbeugende Impfung als strategische Variante zu wählen.“ Die Impfung verhindere die Infektion des Tieres nicht, sondern nur, dass es klinisch erkrankt. Die Ausscheidung der Erreger werde reduziert, aber nicht komplett ausgeschlossen. Sollte der Seuchenverlauf sehr „volatil“, also sprunghaft, sein, könne man überlegen, ob eine Ringimpfung bei Betrieben im Seuchenkern sinnvoll ist.

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Die letzten Nachweise gab es in Österreich in den 1970er-Jahren bzw. Anfang 1980er. Anfang der 2000er-Jahre galten in Salzburg Schutzvorkehrungen wegen eines MKS-Ausbruchs in England.

Rinderschau im Pinzgau abgesagt 

In Salzburg wurden als vorbeugende Maßnahmen bereits Veranstaltungen abgesagt. Die für Sonntag geplante und in der Region bekannte Maishofener Bundespinzgauerschau und die Verbandsrinderschau (Pinzgau) finden, wie berichtet, nicht statt. "Wenngleich es in Österreich noch keine Hinweise auf das Auftreten der hoch ansteckenden Maul- und Klauenseuche gibt, so gilt höchste Vorsicht in Hinblick auf die Vermeidung von nicht notwendigen Tieransammlungen etc.", so die Veranstalter auf ihrer Homepage.

Noch keine größeren Einschränkungen im Zoo

Im Salzburger Zoo gebe es für die Besucherinnen und Besucher momentan noch keine Einschränkungen, sagt Sprecherin Ulrike Ulmann auf SALZBURG24-Nachfrage. Auch der Streichelzoo hat nach wie vor geöffnet. Pflegerinnen und Pfleger würden ohnehin ihre Kleidung wechseln, wenn sie die Anlagen betreten. Es werde darauf geachtet, dass kein weiteres internes Personal – wie Fotograf:innen – die Anlage betritt. Sollte das nicht zu umgehen sein, müssen auch diese Mitarbeiter:innen Schutzkleidung anziehen und dürfen nicht mit Straßenkleidung in die Gehege. Besonders gefährdet für eine Infektion mit dem Virus seien die Tiere im Afrika-Dorf, zum Beispiel die Kamerunschafe oder Rinder.

Gut Aiderbichl siedelt Tiere um

Beim Tiergnadenhof Gut Aiderbichl mit seinen drei besuchbaren Höfen in Henndorf (Flachgau), Iffeldorf bei München und Deggendorf in Bayern bereitet man hingegen den Abtransport der Klauentiere vor. Diese sollen ab Freitagnachmittag zu Höfen gebracht werden, wo keine Besucher:innen zugelassen sind, sagte Geschäftsführer und Stiftungsvorstand Dieter Ehrengruber zur APA. Alleine vom Besucherhof in Henndorf werden rund 180 Klauentiere - darunter auch Alpakas und Lamas - zu einem anderen, derzeit leer stehenden Aiderbichl-Hof in Henndorf gebracht. Der Besucherhof, wo es derzeit einen Ostermarkt gibt, könne dadurch weiter für Gäste geöffnet bleiben, so Ehrengruber.

Im Osten Österreichs werden ab Samstag 24 Grenzübergänge vorübergehend geschlossen. Wie sich die Lage weiter entwickelt und ob die Schutzmaßnahmen wirken, wird sich wohl in den kommenden Tagen zeigen.

(Quelle: salzburg24)

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