Es ist das Gefühl der Freiheit, das immer mehr Menschen zum Camping bringt. Das Übernachten mit Zelt oder Van an idyllischen Orten abseits der touristischen Hotspots, der Kaffee am Morgen inmitten der Natur, Digital Detox gepaart mit Abenteuer. Doch echte Camper wissen, ganz so ist es dann doch nicht.
Wildcampen in Österreich nicht erlaubt
Denn in Österreich und vielen anderen europäischen Ländern drohen Wildcampern empfindliche Strafen. Das freie Stehen mitten in der Natur ist hierzulande größtenteils untersagt – einheitliche Regeln gibt es nicht, vieles wird geduldet. Gleichzeitig gibt es keine echten Nächtigungszahlen, die Dunkelziffer der nicht erfassten Camper in Österreich wird auf das Doppelte bis Dreifache geschätzt.
like2camp sammelt legale Stellplätze
Das Salzburger Startup „like2camp“ aus Anif (Flachgau) hat genau diese Problematik erkannt und sammelt exklusive und legale Stellplätze in ganz Österreich. Auf der gleichnamigen Buchungsplattform, die im Mai dieses Jahres nach einer erfolgreichen Pilotphase gelauncht wurde, finden sich bislang 216 Plätze an 40 unterschiedlichen Orten – Schmankerl wie der Innenhof eines alten Vierkanthofs direkt von vor den Toren vor Bratislava, Übernachtungsmöglichkeiten direkt an Seen und Flüssen oder mit Poolnutzung inbegriffen. Künftig wolle man rund 400 Stellplätze für Van, Zelt, Auto mit Zeltdach, Wohnwagen oder Wohnmobil anbieten, verrät die 35-jährige Gründerin Verena Sowa im Interview mit SALZBURG24. Zusammen mit Co-Founder Matthias Haunholder hat sie sich auf die Vermittlung von “naturnahen Stellplätzen für Camping-Begeisterte” spezialisiert.

Ähnlich wie auf Booking.com könne man auf www.like2camp.com nach unterschiedlichen Kriterien filtern und dann das gewünschte Angebot buchen. Und umgekehrt können Kommunen, Tourismusregionen oder auch Private hier ihr Angebot auf der Plattform veröffentlichen. „Statt auf Camping-Verbote zu setzen, wollen wir die Camper gezielt zu bestehenden Ressourcen lenken. Das ist eine Win-Win-Situation für alle“, beschreibt Sowa, die 2022 selbst vier Monate mit dem Van in Österreich unterwegs war, die Idee hinter der Plattform.
Camper als neue Chance für Tourismus
Und mit der Abgabe der Ortstaxe an die Gemeinde und der Erfassung der Gästedaten wachse auch das Interesse der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Freiluftfans im Ort willkommen zu heißen. Das Image der Camper innerhalb der Tourismusbranche befinde sich gerade im Wandel, weiß Sowa. „Camper sind keine Billigurlauber mehr – das zeigen schon die hohen Anschaffungskosten für den Bus oder den Wohnwagen.“ Im Durchschnitt lassen Camper pro Tag und Kopf rund 55 bis 58 Euro liegen, zeigt eine aktuelle Studie auf. Dabei werden rund ein Drittel der Tagesausgaben für Unterkunft/Stellplatz aufgewendet. Der Rest fließt in Aktivitäten, Gastronomie und Handel. Unklar sei aber noch, wie man die neue Klientel in die Wertschöpfungskette integriert und ihnen die richtigen Angebote vor Ort macht. „Tourismusregionen und Gemeinden müssen sich erst langsam an die neue Zielgruppe gewöhnen. Das braucht schon noch etwas Zeit, glaube ich.“
Mega-Potential für heimische Bergbahnen?
Großes Potential sieht Sowa etwa bei den Bergbahnen, die sie als Einzelunternehmerin in Sachen Digitalisierung unterstützt. „Ich habe 2022 vier Monate im Van gelebt und gearbeitet und bin dadurch viel in ganz Österreich herumgekommen. Und durch den Einblick in die Welt der Bergbahnen habe ich gemerkt, dass Seilbahnen – um in Zukunft gut überleben zu können – sich das gesamte Jahr über auf Touristen konzentrieren müssen. Die Wintermonate alleine reichen nicht mehr. Warum also nicht auf Camper setzen?“ Die Parkplätze der Bergbahnen seien im Sommer größtenteils mit rot-weiß-rotem Absperrband gekennzeichnet und das, obwohl es sowohl genug leerstehende Flächen als auch genügend Infrastruktur wie Toiletten, Strom oder Öffis gibt. Gleichzeitig entstehe dadurch auch ein großer Vorteil für die Spontanreisenden, weil: „Sie haben jetzt nicht mehr nur einen Schlafplatz an der Raststätte und sehen nichts von unserem Land, sondern stehen direkt neben der Seilbahn und können mit der Familie vom mobilen Heim aus einen Ausflug machen.“ Auch Salzburg stünden gerade in dieser Hinsicht noch viele Möglichkeiten offen, meint sie.
Für like2camp ist der Weg in die Zukunft klar. „Wir wollen DIE legale Buchungsplattform für Stellplatzsuchende in Österreich werden“. Aber auch länderübergreifend sieht Sowa noch Potential für ihre Plattform, wie etwa in Ungarn, „wo es gefühlt fünf Campingplätze gibt.“
Verschiedene Regeln beim Wildcampen im Ausland
Apropos Europa – auch hier gibt es keine einheitlichen Regelungen für das freie Stehen mit Camper und Co. Grundsätzlich ist das Campen in Nationalparks, Naturschutzgebieten und auf landwirtschaftlich genutzten Flächen verboten. Auf privaten Grundstücken darf ausschließlich mit Zustimmung der Eigentümer:innen übernachtet werden.
In bei Österreicher:innen beliebten Ländern wie Kroatien, die Slowakei, Slowenien, Portugal und Griechenland ist Wildcamping außerhalb von gekennzeichneten Plätzen strikt verboten. In Deutschland wiederum ist es erlaubt, zur „Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit“ einmalig für maximal zehn Stunden zu übernachten. In Belgien darf man abseits offizieller Stellplätze höchstens 24 Stunden pausieren. In Italien, der Schweiz und Polen sollten Camper im öffentlichen Raum bei den örtlichen Behörden nachfragen, ob es erlaubt ist. In Frankreich ist das freie Stehen in Küstennähe und bei Sehenswürdigkeiten untersagt.
Deutlich toleranter gegenüber Wildcamper sind die nordeuropäischen Länder. So ist in Norwegen, Schweden und im Baltikum freies Stehen mit nur wenigen Einschränkungen erlaubt.
like2camp entstammt Salzburger Startup-Initiative
like2camp entstammt übrigens Salzburgs größter Startup-Initiative, dem Do-What-You-Love-Programm von Co-Workerin Romy Sigl. Unterstützt wird das mittlerweile fünfköpfige Team vom Salzburger Investor Patrick Sellier, der auch die Tauglerei in St. Koloman betreibt. Das Portfolio der Gesellschaft Czernin.Godulla.Sellier zählt aktuell zwölf Unternehmen, darunter auch bekannte Startups wie easyVegan.
(Quelle: salzburg24)