61.000 Menschen in Salzburg – darunter 16.000 Kinder – sind armutsgefährdet. Das bedeutet, sie haben nicht mehr als 1.570 Euro im Monat zur Verfügung. Geschenke, ein besonderes Essen oder einen Christbaum können sie sich an Weihnachten nicht oder nur sehr schwer leisten. Armut bedeutet aber nicht nur, kein Geld zu haben. Armut bedeutet soziale Isolation, Einsamkeit und oft auch körperliche und psychische Erkrankungen.
Wenige Tage vor dem Heiligen Abend haben wir das Haus Elisabeth der Caritas in der Plainstraße in der Stadt Salzburg besucht. Dort verbringen täglich rund 85 Menschen aus allen sozialen Schichten ihre Zeit im Tageszentrum. Sie bekommen das Nötigste: Ein Essen, eine Möglichkeit zum Aufräumen, eine Dusche und – wenn sie mögen – auch ein offenes Ohr. Im Haus Elisabeth können sie anonym sein.
Stefanie Brucker ist die Leiterin des Hauses Elisabeth. Im zur Winternotschlafstelle für Frauen umfunktionierten Schlafsaal haben wir unser Podcast-Interview geführt. Im Hintergrund zu hören ist die Essensausgabe. Denn zum Zeitpunkt unseres Besuchs, es war kurz nach 13 Uhr, waren alle Tische prall gefüllt.
Sonntagstalk mit Stefanie Brucker: Ein Auszug zum Nachlesen
SALZBURG24: Ganz grundsätzlich, ist es denn überhaupt gut für die Menschen, dass man über ihre Armut spricht? Weil immerhin ist das ja schon ein sehr intimes Thema.
STEFANIE BRUCKER: Stimmt, es ist sehr intim. Also die Betroffenen selbst sprechen nicht darüber. Es ist aber umso wichtiger, dieses Thema an sich nicht zu verschweigen und nicht unter den Teppich zu kehren. Ganz im Gegenteil, es ist wichtig, dass man es vor den Vorhang holt.
Wie kann man sich das im Haus Elisabeth vorstellen? Was sind das für Menschen, die hier herkommen und auch Hilfe suchen?
Das sind ganz normale Menschen wie du und ich. Nur mit Problemen, die man nicht so schnell in den Griff bekommen kann. Das sind nicht immer große Probleme. Es kann sein, dass sie nicht wissen, wie sie heute zu einem Mittagessen kommen, es kann sein, dass sie – aus welchen Gründen auch immer – ihre Wohnung nicht heizen können. Und bei uns ist es warm, wir haben einen Raum zur Verfügung, wo man einfach ich sein darf, so wie man ist. Es ist uns extrem wichtig, ein offenes Haus zu sein. Wir haben nur minimale Regeln. Unsere Klienten nennen wir auch nicht Klienten, sondern Gäste. Das ist auch eine Form der Wertschätzung, die uns wichtig ist. Sie kommen in der Früh, wir sperren um 10 Uhr auf, dann gibt es ein Frühstück. Das ist meistens ein Brot mit Marmelade und Butter. Wenn wir frisches Obst gespendet bekommen, dann gibt es auch das. Das ist dann immer etwas ganz Besonderes und wird uns regelrecht aus den Händen gerissen.
Wir sitzen jetzt gerade in einem Schlafsaal. Da finden Frauen eine Übernachtungsmöglichkeit. Und wie man sieht, ist jede Matratze belegt.
Genau, wir haben von Mitte November bis Ende März immer die Winternotschlafstelle. Das ist ein Schlafsaal, wo 20 Betten stehen. Das ist ein Teil des Tageszentrums und in der Winterzeit durch eine mobile Trennwand abgetrennt. Ein Großteil der Betten steht auf der ehemaligen Elisabethbühne, die man dann im Sommer auch als Veranstaltungsraum nutzen kann. Und dieser Schlafsaal bietet eben Platz für 20 Frauen. Und wie man sieht, ist auch jeder Platz genutzt im Moment. Ich habe gerade vorhin von Kollegen erfahren, dass wir heuer sehr viele Frauen dahaben. Woher das kommt, haben wir leider noch nicht herausgefunden.
Ich kann mir vorstellen, dass gerade für Menschen, die in einer akuten Armut oder in einer Armutsgefährdung leben, Weihnachten zu einer richtigen Belastung wird. Wie wirkt sich der Umstand, dass Weihnachten ist, auf Menschen aus, die nicht viel Geld haben?
Es ist nicht nur Weihnachten, es ist ja das ganze Jahr über anstrengend, das durchzuhalten. Weihnachten ist insofern herausfordernd, weil es mit Geschenken und Essen verbunden ist. Fleisch oder frisches Obst und Gemüse ist extrem teuer und wenn man sonst nur von Nudeln, Reis und Kartoffeln lebt und gerade über die Runden kommt, dann kann ich mir zu Weihnachten diese Sachen nicht leisten.
Wir haben im Tageszentrum der Caritas eben gerade zu Weihnachten sehr viele Angebote oder Weihnachtsfeiern für unsere Gäste, wo wir genau dieses besondere Flair bieten möchten. Da kocht jemand extra, stellt sich dann her und gibt es aus.
Und wir haben heuer auch wieder sehr viele Weihnachtspackerl bekommen. Da war das Christkind sehr fleißig. Also die Christkindl, denn es waren mehrere. Und die geben wir jetzt dann auch immer wieder aus. Es ist für Kinder etwas dabei, es ist aber auch für Erwachsene etwas dabei. Und das ist immer diese Dankbarkeit, die dann in den Augen der Gäste sichtbar wird, wenn sie die Packerl bekommen. Alleine die Freude darüber, dass sie etwas haben, das sie den Kindern unter den Baum legen können, ist riesengroß.

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(Quelle: salzburg24)