Die Älteren werden sich vielleicht erinnern – 1980 marschiert die UdSSR in Afghanistan ein, in Österreich wird die Sommerzeit eingeführt und in Salzburg gründen vier Personen, darunter Walter Klappacher, die Homosexuellen Initiative Salzburg, kurz HOSI.
Seit damals hat sich viel verändert und das Archiv des Vereins wuchs und wuchs. Damit alles, was nicht dem Datenschutz unterliegt, der Öffentlichkeit und der Forschung zur Verfügung steht, hat am Freitag Conny Felice, Geschäftsführerin der HOSI, viel Material an das Haus der Stadtgeschichte in der Glockengasse in der Stadt Salzburg übergeben.
Startschuss für Geschichtsaufarbeitung
Es war der Startschuss für die geschichtliche Aufarbeitung der queeren Community in Salzburg, ist Felice beim heutigen Pressegespräch überzeugt. „Wir übergeben zahlreiche Plakate und mehrere Laufmeter an Dokumenten den sicheren Händen des Hauses der Geschichte und damit der Forschung“, sagt Felice beim Medientermin. Als queer werden Personen bezeichnet, deren sexuelle Orientierung nicht heterosexuell ist. Auch Geschlechtsidentitäten, die nichtbinär oder nicht-cisgender sind, werden unter queer zusammengefasst.
Grundstein der Aktion war der Umzug heuer in die Franz-Josef-Straße im Salzburger Andräviertel. „Wir haben so viele Dokumente, Plakate und Protokolle gefunden, die unsere gesamte Geschichte widerspiegeln. Uns war klar, wir wollen diese Geschichte und die Menschen, die sie erlebt und begründet haben, ehren“, schildert Felice. Statt also eine Broschüre mit Eckdaten und Fotos zur queeren Geschichte zu veröffentlichen, ging die HOSI auf das Haus der Stadtgeschichte zu. Laut Felice und Sabine Veits-Falk, der Leiterin des Stadtarchivs, seien die Unterlagen nun sicher untergebracht.
„Hier kommt nichts weg“
Die vielen Ordner und die Plakate sollen nicht nur einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. „Uns ist auch wichtig, dass sich Studierende mit der queeren Geschichte in Salzburg auseinandersetzen können und darüber auch forschen“, freut sich Felice.
Den Mehrwert für das Haus der Geschichte stellt Veits-Falk heraus: „In der HOSI waren und sind hunderte Personen aktiv – und das über viele Jahrzehnte. Die Quellen, die uns heute übergeben werden und alle weiteren, sollen die Verdienste dieser Personen dokumentieren.“
Man wolle in Zukunft auch viele Interviews mit queeren Zeitzeug:innen führen, damit die Geschichten breiter werden und lebensnah bleiben würden. Interessierte können sich direkt ans Stadtarchiv wenden.
HOSI-Archiv als Hilfe beim Coming-out
Laut HOSI würden im Land Salzburg fünf bis zehn Prozent queere Personen leben. „Nicht jeder von uns ist eine schrille, sichtbare und offensive Dragqueen. Nicht nur die HOSI-Beratung, auch die nun einsehbaren Quellen sollen jungen Menschen helfen, ihr persönliches Coming-out für sich passend auch anhand von Vorbildern zu gestalten“, sagt Felice.

Sein persönliches Coming-out hatte der heute 82-jährige Gründer der Salzburger HOSI, Höhlenforscher Walter Klappacher, schon vor vielen Jahrzehnten. Bei der Übergabe des Archivmaterials offenbart er, dass der Verein zuerst von der Polizei verboten worden wäre, bis sich der damalige SPÖ-Kanzler Bruno Kreisky eingeschaltet hätte. „Dann kam aus Wien der Bescheid, dass die Ablehnung fünf Tage zu spät geschickt worden wäre, daher sei der Verein nun erlaubt“, erinnert sich Klappacher mit einem Lächeln an "diesen österreichischen Genehmigungsweg".
Auinger: „Danke für eure queeren Schätze“
Auch Vize-Bürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ) war Zeuge der Materialübergabe. „Wir sagen Danke an die HOSI, dass ihr unser Archiv mit euren queeren Schätzen bunter gestaltet“, freut sich Auinger. Für Felice steht abschließend fest, dass in unsicheren Zeiten wie diesen eine Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln wichtig sei. „Wir freuen uns, dass unsere Gründungsmitglieder ab heute im Haus der Geschichte sichtbar sind und bleiben werden“.
Die Vereinsarbeit der HOSI erfolgt überwiegend ehrenamtlich und der Verein ist grundsätzlich basisdemokratisch organisiert. Die HOSI Salzburg versteht sich als überparteilich und überkonfessionell. Der Verein bietet insbesondere Beratung für Lesben, Schwule und Transgender und deren Angehörige an und stärkt durch Workshops und Schulungen die Sozialkompetenzen von Jugendlichen und Erwachsenen.
Historie zur Homosexualität in Salzburg und Österreich
- Im Mittelalter wurden Homosexuelle im Gebiet des heutigen Österreich verfolgt.
- Bis 1787 galt hierzulande auf Homosexualität die Todesstrafe.
- 1852 wurde die „Unzucht mit Personen desselben Geschlechts“ als Verbrechen im Strafgesetzbuch festgehalten. (Fünf Jahre Kerker)
- Während der NS-Zeit wurden in Salzburg 338 homosexuelle Personen (sechs Frauen) deportiert. Zehn Stolpersteine zeugen heute davon.
- 1971 war das Ende des Totalverbots von Homosexualität in Österreich.
- 2002 wurde der letzte diesbezügliche Tatbestand vom Verfassungsgerichtshof gekippt.
(Quelle: salzburg24)