Schwarze Menschen als Teil von Ausstellungen, Vorführungen und Prestigeprojekten: Es klingt wie weit entfernte Geschichte. Doch in Salzburg war das bis vor etwas mehr als 80 Jahren noch Realität – und die rassistischen Motive dahinter seien klar zu erkennen und würden bis heute nachwirken, wie Maia Loh von Decolonizing Salzburg betont. Gemeinsam mit „D-Arts Salzburg“ lud man am heutigen Donnerstag zum Stadtspaziergang in der Landeshauptstadt – um zu zeigen, wo auch hierzulande koloniale Machtverhältnisse sichtbar wurden.
Außereuropäische Menschen in Salzburg ausgestellt
38 Ereignisse, bei denen außereuropäische Menschen „ausgestellt“ wurden, habe sie im Zuge ihrer Recherche bereits gefunden, so Historikerin Elfriede Windischbauer beim ersten Stopp hinter dem Landesgericht. „Und das sind sicher noch nicht alle.“ Die Schauplätze seien vielfältig gewesen: Nicht nur öffentliche Plätze, sondern auch Namen von bekannten und auch heute noch bestehenden Restaurants seien darunter.
Wir blicken über die Salzach in Richtung Volksgarten, wo besonders viele Veranstaltungen dieser Art stattgefunden haben. Den Rahmen dafür boten Volksfeste, Zirkusse oder ganze Ausstellungen, bei denen „Eingeborenendörfer“ inszeniert wurden. Grenzen gewahrt wurden dabei keine: Die Menschen wurden angefasst, ihnen teils über die Haut gerieben, „um zu schauen, ob die Farbe echt ist“ und begafft, schildert Windischbauer. Zuletzt versprach in Salzburg der Zirkus Apollo ein „unvergessliches Dreistunden-Erlebnis“ inklusive „Exotentruppe“ aus Jamaika – im Jahr 1953.
Erzbischof kaufte Sklaven als Musiker für den Hof
Doch nicht nur als Schau- sondern auch als Prestigeobjekte wurden außereuropäische Menschen in Salzburg missbraucht, wie Historikerin Laura Szentivanyi beim zweiten Stopp erklärt. Wir befinden uns in der Kaigasse. Dort lebte im Haus Nummer 30 Anton Monteur – ein Name, der wohl kaum jemandem bekannt ist. Er war Ende des 17. Jahrhunderts im Auftrag des damaligen Salzburger Erzbischofs Johann Ernst von Thun und Hohenstein gekauft worden. „Das war etwas Exotisches.“
Am Hof musste Monteur eine Lehre absolvieren, danach wurde er freigesprochen. „Was auch immer das damals geheißen hat“, spielt Szentivanyi auf die dennoch fortbestehende Diskriminierung an. Monteur begann als Pauker bei der Hofkapelle zu arbeiten – für ein Drittel des Lohnes, den seine Kollegen erhielten. „Und das zeigt sehr gut, dass Salzburg sehr wohl in diese globalen Machtstrukturen verwickelt war“, meint sie. Man habe die ungleichen Machtverhältnisse gezielt ausgenutzt.
Koloniale Strukturen noch heute
Koloniale Machtverhältnisse sind aber kein rein geschichtliches Thema, sondern auch in der Gegenwart noch präsent, betont Loh gegenüber SALZBURG24 (siehe Video). Sie würden etwa sichtbar in der Ausbeutung von Arbeiterinnen und Arbeitern in nicht-westlichen Ländern, dem Raub der Ideen und Techniken anderer Gesellschaften, ohne sie an Gewinnen teilhaben zu lassen, und in der Darstellung außereuropäischer Personen in Museen, oft nackt oder als Allegorie.
Auch deshalb hat das AAI im Sommer 2024 das Projekt „Decolonizing Salzburg“ ins Leben gerufen. Man wolle dazu motivieren, gewaltvolle Strukturen zu dekonstruieren und gesellschaftliche Vielfalt fördern, schildert Loh. Und dazu gehöre eben auch, respektvoll mit der Vergangenheit umzugehen – und nicht wegzuschauen.
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(Quelle: salzburg24)