Die Wohnung des 79-jährigen Cornelius Gurlitt in München-Schwabing war am 28. Februar 2012 durchsucht worden und nicht bereits 2011. Dies stellte der Leiter des Zollfahndungsamts München, Siegfried Klöble, klar, ohne allerdings den Namen Gurlitt zu nennen. Die Ermittler fanden die Bilder ordentlich in Regalen und Schubfächern. "Die Gemälde waren in diesem Raum fachgerecht gelagert und in einem sehr guten Zustand", sagte Klöble.
Verlassenes Haus im Stadtteil Aigen
Der Kunsthändler-Sohn Cornelius Gurlitt besitzt auch ein Haus im noblen Salzburger Stadtteil Aigen, das noch nicht durchsucht wurde. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Salzburg, Marcus Neher, sagte, deutsche Behörden hätten sich noch nicht mit einem Rechtshilfeverfahren an die österreichischen Ermittler gewandt. Anrainer zeigten sich bei einem APA-Lokalaugenschein besorgt über das verwahrloste Haus: "Wir wollen dahinter sein, dass eine Hausdurchsuchung möglich wird. Womöglich liegt ja seine Leiche im Haus", sagte eine Nachbarin. Besondere Sicherheitsvorkehrungen gibt es nicht bei dem haus, laut Landespolizeidirektion Salzburg wird das Gebiet im Rahmen eines normalen Streifendienstes überwacht.
Anrainer besorgt
Auch wenn sich Anrainer über das verwahrloste Haus von Cornelius Gurlitt beim Magistrat Salzburg beschwert haben, die Stadtbehörde kann nicht einschreiten: In baurechtlicher Hinsicht gebe es keinen Anlass, unmittelbar einzugreifen, sagte Magistratsdirektor Martin Floss am Dienstagnachmittag. "Derzeit gibt es kein anhängiges Verwaltungsverfahren betreffend den Hausbesitzer. Das Haus ist offensichtlich unbewohnt. Wir gehen derzeit nicht davon aus, dass ein Gefährdungspotenzial für Dritte besteht. Daher erscheint ein unmittelbares Einschreiten der Baubehörde nicht notwendig", erklärte der Magistratsdirektor. Das Haus des Kunsthändler-Sohns Cornelius Gurlitt im noblen Salzburger Stadtteil Aigen wurde bislang noch nicht durchsucht.
Keine Spur von Gurlitt
Wo Gurlitt derzeit ist, ist nicht bekannt. "Ich weiß nicht, wo er sich aufhält, weil uns diese Frage gar nicht beschäftigt", sagte Nemetz. "Das bedeutet nicht, dass er unauffindbar ist." Das Einfamilienhaus mit Garten in dem Salzburger Nobelviertel wirkt ungepflegt und unbewohnt. Gurlitt besitzt das Anwesen offenbar seit mehr als 40 Jahren. Die Frage, ob der Pensionist in dem Haus möglicherweise Kunstwerke hortet, die zur Zeit des Nationalsozialismus geraubt worden sind, ist vorerst ungeklärt. Der bayerische Zoll hält es aber für nicht sehr wahrscheinlich, dass sich weitere Kunstwerke im Haus von Gurlitt befinden.
Ermittler geben sich bedeckt
Vorerst soll der spektakuläre Kunstfund aus München unter Verschluss bleiben. Weder im Internet, noch in einem Katalog und erst recht nicht in einer Ausstellung sollen die beschlagnahmten Werke öffentlich gemacht werden. Der Augsburger Leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz begründete dies am Dienstag unter anderem mit den Ermittlungen gegen den Besitzer Cornelius Gurlitt, die längst nicht abgeschlossen seien. Zollfahnder hatten die Sammlung mit Werken von unschätzbarem Wert, darunter auch unbekannte Arbeiten berühmter Künstler wie Otto Dix oder Marc Chagall, bereits im Frühjahr 2012 entdeckt, dies aber erst jetzt publik gemacht.
Die strikte Geheimhaltung stößt auch im Ausland auf Kritik, zumal es sich bei vielen Werken um Nazi-Raubkunst handeln dürfte, deren ehemalige Eigentümer seit Jahrzehnten auf der Suche nach ihren verlorenen Schätzen sind.
Sensationeller Fund
Nach Angaben von Nemetz beschlagnahmten die Behörden 1.285 ungerahmte und 121 gerahmte Bilder. Darunter befanden sich Werke von Picasso, Chagall, Marc, Nolde, Spitzweg, Renoir, Macke, Courbet, Beckmann, Matisse, Liebermann, Dix, Kokoschka, Schmidt-Rottluff, Toulouse-Lautrec und Kirchner. Zum geschätzten Wert der Sammlung machte er keine Angaben. Auch wo die Objekte derzeit lagern, bleibt ein Geheimnis, vor allem aus Gründen der Sicherheit. Dass Gurlitt anderswo noch ein Lager hat, halten die Ermittler mittlerweile für unwahrscheinlich.
Kernpunkt für die Ermittler ist die Frage, wem die Kunstwerke einst gehört haben und ob die Familien sie unter dem Druck der Nazis verloren haben. Damit hängt eng zusammen, ob sich Gurlitt strafbar gemacht hat. Ihm werden Unterschlagung und Steuerdelikte angelastet. Kunstgegenstände aus der Sammlung seien als vernichtet oder veräußert bezeichnet worden, sagte Nemetz.
Viele Nazi-Werke
Die Angelegenheit sei zu wichtig, um sie an die große Glocke zu hängen. "Die Ermittlungen werden gefährdet, die Kunstwerke werden gefährdet", hob er hervor. Seit die "wahnsinnige Dimension" bekannt sei, hätten die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt werden müssen. "Die Ermittlungen haben Vorrang, ich kann nicht darüber spekulieren, wer Eigentümer von irgendwelchen Sachen sein kann", erklärte Nemetz. Wer glaube, Anspruch auf eines der Werke zu haben, könne sich aber gerne bei der Staatsanwaltschaft melden.
Die Sammlung umfasst viele Werke der klassischen Moderne, die von den Nazis als "entartet" diffamiert und beschlagnahmt wurden. Aber es gibt auch Objekte, die von Gurlitts Vater, Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, nachweislich erst nach dem Zweiten Weltkrieg erworben wurden, so etwa Gustav Courbets "Mädchen mit Ziege", das erst 1949 ersteigert wurde. Auch ältere Kunstwerke sind darunter, so etwa ein Kupferstich von Albrecht Dürer aus dem 16. Jahrhundert. "Es wird die Einzelforschung zu den Künstlern stark vorantreiben", erklärte Kunsthistorikerin Meike Hoffmann, die die Herkunft der Bilder seit 2012 erforscht. (APA)
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(Quelle: salzburg24)