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Raubkunst-Fund: Spur führt nach Salzburg

Veröffentlicht: 05. November 2013 06:24 Uhr
Nach dem sensationellen Kunstfund in München, bei dem in der Wohnung eines 80-jährigen Pensionisten rund 1.500 mutmaßlichen Raubkunstwerke von Picasso, Chagall, Beckmann und Co gefunden (S24.at hat berichtet), führt die Spur nach Salzburg. 

Bei dem spektakulären Kunstfund in München sind auch bisher völlig unbekannte Meisterwerke entdeckt worden. Die Sammlung sei von außerordentlicher ästhetischer Qualität und großem wissenschaftlichem Wert, sagte die Berliner Kunsthistorikerin Meike Hoffmann bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Augsburg. Mehrere Bilder berühmter Avantgarde-Künstler wie Otto Dix oder Marc Chagall waren nach ihren Worten bisher gänzlich unbekannt und nicht in Werkverzeichnissen erfasst.

Ermittlungen dauern noch länger an

Es handle sich nicht nur um Werke der klassischen Moderne, sondern auch um deutlich ältere Bilder, sagte Hoffmann. Auch Bilder des 19. Jahrhunderts seien dabei gewesen. Das älteste Werk stamme aus dem 16. Jahrhundert. Die Werke seien "von ganz außerordentlicher Qualität", sagte Hoffmann. Die Bilder entdeckt zu haben, sei "natürlich ein unheimliches Glücksgefühl". Die Einzelforschung zu den einzelnen Künstlern werde davon sehr profitieren. Hoffmann rechnet damit, dass die Ermittlungen, bei welchen Bildern es sich um Raubkunst handelt, noch lange andauern werden.

Gurlitts Wohnung erst 2012 durchsucht

Die Wohnung des 79-jährigen Cornelius Gurlitt in München-Schwabing war am 28. Februar 2012 durchsucht worden und nicht bereits 2011. Dies stellte der Leiter des Zollfahndungsamts München, Siegfried Klöble, klar, ohne allerdings den Namen Gurlitt zu nennen. Die Ermittler stießen in einem Raum auf die Bilder. "Die Gemälde waren in diesem Raum fachgerecht gelagert und in einem sehr guten Zustand", sagte Klöble. Hoffmann ergänzte, die Bilder seien zum Teil verschmutzt gewesen, aber nicht beschädigt.

Werke von Picasso, Chagall, Kokoschka & Co.

Nach Angaben des Augsburger Oberstaatsanwalts Reinhard Nemetz beschlagnahmten die Behörden 1285 ungerahmte und 121 gerahmte Bilder. Darunter befanden sich Werke von Picasso, Chagall, Marc, Nolde, Spitzweg, Renoir, Macke, Courbet, Beckmann, Matisse, Liebermann, Dix, Kokoschka, Schmidt-Rottluff, Toulouse-Lautrec und Kirchner. Zum geschätzten Wert der Sammlung machte er keine Angaben. Das Gemälde "Löwenbändiger" von Max Beckmann sei noch vor der Durchsuchung versteigert worden. Die Gemälde seien derzeit nicht in einem Depot in Garching bei München gelagert, sondern anderswo untergebracht. Der Ort wird geheim gehalten. Die Fotos der Werke sollen nicht online gestellt werden, sagte Nemetz. Denn dies könnte die Interessen von Anspruchsberechtigten verletzen.

Auf die Spur der Bilder kamen die Ermittler nach einer Personenkontrolle am 22. September 2010 in einem Schnellzug von Zürich nach München. Dabei ergab sich der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat. Ermittelt wird auch wegen möglicher Unterschlagung. Anders als spekuliert worden war, gehen die Ermittler nicht davon aus, dass Gurlitt noch ein zweites Lager hatte.

Haus in Salzburg heruntergekommen

Das gilt offenbar auch für ein ungepflegt und unbewohnt wirkendes Haus, das Gurlitt im Salzburger Stadtteil Aigen besitzt. "Von den deutschen Behörden hat sich noch niemand bei uns gemeldet", sagte Marcus Neher, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Salzburg, auf Anfrage der APA. "Bei der Staatsanwaltschaft Salzburg liegt nichts gegen den Mann vor." Allerdings hat die deutsche Justiz vor knapp zwei Jahren die Salzburger Kollegen mit der Bitte um Ermittlungen gegen Gurlitt wegen eines Finanzvergehens kontaktiert. "Dabei ist es um Kunsthandel gegangen, nicht um illegale Kunstwerke", erklärte Neher. Dem Ersuchen sei aufgrund der geschilderten Verdachtslage nicht entsprochen worden. "Bei den Schilderungen hat es für uns keinen Hinweis darauf gegeben, dass das ein strafgerichtlicher Tatbestand wäre. Es handelte sich um ein Finanzvergehen, das nicht in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt", erläuterte Neher. "Seither ist niemand mehr mit einer anderen Verdachtslage an uns herangetreten."

Suchmeldungen für 200 Werke

Nach einem Bericht des "Focus" liegen für mindestens 200 Werke offizielle Suchmeldungen früherer Eigentümer vor, die ihre Schätze unter den Nationalsozialisten verloren hatten. Den Wert der Sammlung gibt das Magazin mit rund einer Milliarde Euro an. Die gut 1500 Werke berühmter Künstler wie Pablo Picasso, Henri Matisse oder Marc Chagall waren bereits im Frühjahr 2011 entdeckt worden.

Kritik an Behörden

Die Erben jüdischer Kunstsammler haben die deutschen Behörden für die lange Geheimhaltung scharf kritisiert. Rechtsanwalt Markus Stötzel, der die Erben des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim vertritt, nannte dies im "Handelsblatt" (Dienstag) einen Verstoß gegen die Washingtoner Erklärung, in der sich 44 Staaten über den Umgang mit NS-Beutekunst verständigt hatten. Auch der New Yorker Anwalt David Rowland, der zwischen 30 und 40 Erbengemeinschaften und Nachfahren jüdischer Kunstsammler vertritt, forderte absolute Transparenz bezüglich des Inhalts der Sammlung.

Dem "Focus" zufolge lagerten sie in der Wohnung des 79 Jahre alten Cornelius Gurlitt, Sohn des 1956 verstorbenen Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. Dieser hatte stets behauptet, seine Sammlung sei während des großen Bombenangriffs auf Dresden am 13. Februar 1945 verbrannt. Nun sollen die kostbaren Kunstschätze in einem Depot in Garching bei München lagern, wo sie von Sachverständigen untersucht werden. Auch die Herkunft der Bilder soll geklärt werden. (APA)

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  • 1.500 Nazi-Bilder gefunden

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(Quelle: salzburg24)

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27.03.2014
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Gurlitt-Haus in Salzburg nun leergeräumt

Von Michaela Posch
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