Wann ist Limit erreicht?

Salzburg und das Rennen um neuen Tourismus-Rekord

Veröffentlicht: 19. Jänner 2024 15:07 Uhr
Einen neuen Tourismus-Rekord dürfte die Stadt Salzburg heuer aufstellen und damit nimmt die Diskussion um das Reizthema weniger als zwei Monate vor der Bürgermeister- und Gemeinderatswahl wieder Fahrt auf. Eine höhere Ortstaxe, mehr Gebühren für Reisebusse oder gleich eine Obergrenze – was hilft gegen den Tagestourismus, der durchaus zur Belastung für die heimische Bevölkerung werden kann?

Es ist ein altbekanntes Bild in der Salzburger Innenstadt: Menschenmassen zwängen sich täglich durch die engen Gassen der historischen Altstadt – ob in Gruppen oder auf eigene Faust. Vor allem die linke Altstadthälfte mit Mozarts Geburtshaus, dem Dom und Festspielhaus zieht Tourist:innen aus aller Welt in den Bann.

Die Stadt Salzburg ist nun mal ein weltweit bekannter Touristenmagnet mit einem internationalen Gästemix, was die Entwicklung der vergangenen Jahre eindrucksvoll zeigt: Während im Jahr 2003 noch rund 1,6 Millionen Nächtigungen in der Stadt Salzburg verzeichnet wurden, waren es im Jahr 2018 bereits 3,1 Millionen. Nächtigungsrekord-Jahr war dann 2019 mit 3,3 Millionen Nächtigungen. Mit über 2,6 Millionen Nächtigungen näherte man sich im Jahr 2022 wieder dem Vor-Pandemie-Niveau an. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer eines Salzburg-Gasts beträgt übrigens 1,77 Tage.

Neuer Tourismus-Rekord winkt

Zum Vergleich: Gereiht nach den Salzburger Bezirken war im Sommer 2023 der Pinzgau mit über 5,8 Millionen Übernachtungen die klare Nummer eins vor dem Pongau, der nicht ganz 4 Millionen Nächtigungen verbuchte. Auf Platz drei landete die Landeshauptstadt mit über 1,9 Millionen Übernachtungen. Endgültige Daten für das Tourismusjahr 2023 lagen bis dato noch nicht vor, spätestens heuer dürfte aber ein neuer Rekord in der Mozartstadt erreicht werden.

Übernachtungsgäste vs. Tagestourist:innen

Gästebetten gibt es in der Landeshauptstadt derzeit rund 14.100 samt etwa 800 Airbnb-Einheiten. Daran wird wegen der Limitierung der Zimmeranzahl bei Hotelneubauten wohl vorerst auch nicht gerüttelt, zumal Übernachtungsgäste ein Qualitätstourismus-Kennzeichen sei, zu dem sich der Gemeinderat der Stadt Salzburg im Tourismuskonzept 2025 bekannt habe.

Schließlich gaben die Übernachtungsgäste im ersten Halbjahr 2023 durchschnittlich 115 Euro pro Person aus, während die jährlich schätzungsweise 7 Millionen Tagesgäste durchschnittlich 35 Euro pro Person in den Salzburger Geschäften und Lokalen lassen.

Bürgermeister lehnt Eintrittsgebühr ab

Eine Möglichkeit der Touristenlenkung in der Stadt Salzburg wäre etwa eine Eintrittsgebühr nach dem Vorbild von Venedig, doch dieser Idee erteilte Bürgermeister Harry Preuner (ÖVP) bereits mehrfach eine Absage.

 

An besonders besucherstarken Tagen und Wochenenden fällt in der Lagunenstadt während einer Testphase ab April eine Gebühr in Höhe von 5 Euro an. "Wir haben in Salzburg 30 bis 40 Einfahrtsstraßen. Sollen wir die alle mit Schranken überwachen? Venedig ist autofrei, das kann man mit den Schiffen zusammen gut kontrollieren", argumentierte Preuner gegen eine Eintrittsgebühr für die Salzburger Innenstadt. Vielmehr ist der Bürgermeister von der vom ihm mit initiierten Reisebus-Regelung überzeugt, die durchaus noch weiter verschärft werden soll.

Reisebusse begrenzen oder höhere Gebühr?

Im Sommer 2018 wurde die Reservierungspflicht an den Busterminals in der Paris-Lodron-Straße und im Stadtteil Nonntal eingeführt. Busreiseveranstalter müssen im Vorfeld ein bestimmtes Zeitfenster buchen. Wurden mit der Einführung im Jahr 2018 noch rund 50.000 Reisebusse in der Stadt Salzburg gezählt, waren es im Jahr darauf circa 38.000, im Jahr 2022 etwa 12.500 Reisebusse und im abgelaufenen Jahr 2023 waren es rund 11.200. Aktuell beträgt die Gebühr pro Buszufahrt 70 Euro. Die NEOS haben im aktuellen Wahlkampf nun 750 Euro pro Busfahrt gefordert. Das dadurch eingenommene Geld soll dann in Form von Gutscheinen etwa für die Salzburger Altstadt zurückgegeben bzw. zweckgewidmet für den Bau der Messebahn verwendet werden, damit Reisebusse künftig komplett aus der Salzburger Innenstadt verschwinden.

 

Eine solche Reisebusgebühr-Erhöhung lehnt Noch-Stadtchef Preuner vehement ab. Vielmehr spricht er sich wie die SPÖ für eine höhere Ortstaxe aus. Aktuell beträgt diese 1,90 Euro pro Übernachtung und Person. Bis nächstes Jahr soll die Ortstaxe um einen Euro angehoben werden, was wiederum die Wirtschaftskammer vehement ablehnt.

Debatte um Anhebung der Ortstaxe

Eine Anhebung der Ortstaxe sei nach Ansicht der Fachgruppe Hotellerie kein probates Mittel, um Lenkungsmaßnahmen für Tagestourist:innen zu erreichen und deren Wertschöpfung pro Kopf zu erhöhen. Fachgruppenobmann Georg Imlauer forderte am Donnerstag bei den Bustagestourist:innen anzusetzen. "Es wäre ein Leichtes, die Gebühr für Reisebusse anzuheben und Zeitslots nur mehr für die Dauer von mindestens vier Stunden zu vergeben. So könnte man auch eine höhere Wertschöpfung erzielen."

 

Um die Wertschöpfung pro Kopf zu steigern, schlägt Imlauer vor, Touristenattraktionen, die im Besitz von Stadt, Land oder Bund stehen, mit einem Tourismus-Euro zu belegen, der über den Kauf der Salzburgcard sowie bei Eintritten in das Paracelsusbad eingehoben werden könne.

 

Bevölkerung lechzt nach Lösungen

Übrigens: Eine Umfrage der Uni Salzburg aus dem Jahr 2019 zeigt, dass sich die absolute Mehrheit der Befragten für eine Verlegung der Reisebus-Terminals an den Stadtrand ausgesprochen hat – vor allem, um die ohnehin schon sehr angespannte Verkehrssituation im Zentrum zu entlasten. Fast 90 Prozent wollten die beiden derzeit sehr zentrumsnahen Ausstiegsstellen Mirabell und Nonntal verlegen. Für mehr als die Hälfte der Befragten war zudem eine Beschränkung des Tagestourismus wichtig.

Der Tourismus ist des einen Freud und des anderen Leid. Schließlich ist er mit einem Viertel der regionalen Wertschöpfung ein unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor in der Stadt Salzburg. Aber Studien zeigen auch, dass in touristischen Intensivzonen Wohnungs- und Grundstückspreise genauso steigen wie die Kosten für ein Hotelzimmer. Das Leben wird also generell teurer, zumal die Wohn- und Lebenserhaltungskosten in der Stadt Salzburg bekanntlich jetzt schon zu den höchsten in Österreich zählen. Die Folge könne Verdrossenheit der Einheimischen gegenüber Tourist:innen sein, womit man sich aus wirtschaftlicher Sicht ins eigene Fleisch schneiden würde.

Weil die Salzburger Altstadt wenig Platz für touristisch attraktive Flächen biete, hätten alle regulativen Eingriffe, wie Limitierungen oder Lenkungsmaßnahmen, Einschränkungen für sowohl Gäste als auch Einheimische zur Folge, warnte bereits Tourismusexperte Werner Taurer die Politik vor Schnellschüssen.

Es bleibt also ein schmaler Grat zwischen einem attraktiven Angebot für Urlaubsgäste aller Art und den Menschen, die hier wohnen und arbeiten. "Wir kommen allmählich in eine Größenordnung, die wir kritisch hinterfragen müssen", sagte Salzburgs Bürgermeister Preuner schon Anfang 2019. Daran hat sich bis heute wenig geändert.

(Quelle: salzburg24)

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