Es quietscht und knarrt, als sich Halbmayr auf den gepolsterten Holzstuhl am Besprechungstisch in seinem Universitätsbüro setzt. Der geschwungene Holztisch inmitten des großräumigen Bürozimmers und die dazugehörigen Stühle sind historische Möbel, "vermutlich aus dem 20. Jahrhundert" schätzt der 55-Jährige. Der gebürtige Niederösterreicher hat uns in seinen Räumlichkeiten inmitten der Salzburger Innenstadt zum Interview empfangen.
SALZBURG24: Herr Halbmayr, hat Ostern mittlerweile seinen Zauber verloren?
ALOIS HALBMAYR: Es kommt darauf an, was man unter dem Zauber von Ostern versteht. Ich würde sagen, Ostern ist ein revolutionäres Fest. Und das ist es bis heute. Die Frage ist, ob es so wahrgenommen wird.
Warum ist Ostern revolutionär?
Die Grundbotschaft von Ostern ist, dass es ein Leben für alle gibt. Und der Tod, das Leid und die Ungerechtigkeit haben nicht das letzte Wort. Sondern nur das vorletzte. Und das ist nach wie vor eine ganz revolutionäre Botschaft. Diese ist mit Ostern, also dem Fest der Auferweckung Jesu, verbunden.
Wie würden Sie Ostern einem Nicht-Christen erklären?
Ich sage immer, wenn es Ostern nicht gäbe, müsste man es irgendwie erfinden. Denn es besagt, dass Tod und Verderben nicht endgültig sind, sondern dass es ein Leben und Zukunft für alle gibt. Das ist aus meiner Sicht eine der schönsten Botschaften, die eine Religion überhaupt vermitteln kann.
In Österreich gilt das Weihnachtsfest traditionell als das wichtigste religiöse Fest. Geht es allerdings nach der Kirche, ist es das Osterfest. Wieso?
Im Grunde ist Ostern das höchste Fest, ja. Aber ich würde da gar nicht so eine Hierarchie einziehen. Zu Ostern feiern wir, dass Gott auch Herr über den Tod ist. Die Weihnachtsbotschaft, die sagt, dass Gott Mensch wird, ist spektakulär, Ostern übermittelt aber die spektakulärere Botschaft.
Nutzt der Handel religiöse Feste wie Weihnachten und Ostern für seine Zwecke aus?
Zu Weihnachten spürt man das sicherlich stärker als zu Ostern. Beim Osterfest würde ich eher die Gefahr darin sehen, dass es bedeutungslos, sinnentleert wird und nur mehr eine Aneinanderreihung von Festtagen ist.
Welche Bedeutung hat Ostern für Sie persönlich?
Neben der religiösen Bedeutung sind die Ostertage auch ein Anlass, Verwandte und Freunde zu treffen, mit der Familie Zeit zu verbringen und sich eine kleine Auszeit zu nehmen. Ostern hat ja eine mehrfache Symbolik. Es ist auch ein Fest des Neubeginns, nach dem langen Winter kommt der Frühling. Das sind gute Gründe zum Feiern.
Wie werden Sie den Ostersonntag verbringen? Gibt es da Traditionen?
Ja, die gibt es schon seit Kindertagen. Für mich ist die Liturgie, der Gottesdienst, in diesen Tagen wichtig. Sich zu erinnern, dass der Tod überwunden ist, wie es im Neuen Testament heißt, gehört gefeiert. Ich werde den Ostersonntag zusammen mit Familie und Verwandten verbringen. Und ich freue mich besonders auf das Osterfrühstück nach dem Gottesdienst. Natürlich gehört auch ein längerer Osterspaziergang dazu.
Auf historischen Möbeln bat Halbmayr zum Gespräch. /SALZBURG24/Posani
Werden bei Ihnen im persönlichen Umfeld Eier gepeckt und Osterneste versteckt?
Natürlich, das sind ja auch lustige Dinge. Eier färben, Nester suchen, Osterjause, wer macht das nicht gerne? Wobei für mich auch die "Speisenweihe" in der Osternacht eine besondere Bedeutung hat. Die österliche Bußzeit war früher eine mehr oder minder harte Fastenzeit, daher auch der Name. Zu Ostern konnte man dann wieder Fleisch essen, daher wurde es in der Osternacht gesegnet. Das ist bis heute eine schöne Tradition. Viele Körbe werden zu den Ostergottesdiensten mitgebracht und schmücken den Altarraum.
Am Ostersonntag endet eine eigentlich 40 Tage andauernde Fastenzeit. Wieso fastet man aus kirchlicher Sicht?
In nahezu allen Religionen und Kulturen gibt es bestimmte Zeiten, die zur Vorbereitung auf besondere Festtage dienen. Heute wird damit stärker ein Gesundheitsaspekt verbunden. Fasten ist aber kein Selbstzweck, sondern es soll helfen, zum Wesentlichen zurückzufinden, sich darauf zu besinnen, was wirklich wichtig ist. Es ist ein Selbsterkenntnisprozess und geht der Frage nach, wovon wir uns heute abhängig machen können. Es gibt viele Menschen, die in dieser Zeit auf Alkohol oder Social Media verzichten.
Also fasten wir, um uns selbst besser kennen zu lernen?
Der Fokus liegt auf der Selbsterkenntnis und Freiheit. Wir fasten, um frei zu werden und nicht, damit wir uns schlecht fühlen oder um uns zu kasteien.
Fasten Sie selbst auch?
Ja.
Woher kommen überhaupt unsere Ostertraditionen?
Das Ei war immer schon ein Symbol für das Leben und den Neubeginn. Auch der Hase ist ein altes Fruchtbarkeitssymbol. Aber klar ist, dass wir solche Ostertraditionen wie das Osterläuten oder das Palmbuschenbinden als Symbole brauchen. Das ist in der Liebe genauso. Ein Blumenstrauß für den Partner symbolisiert beispielsweise auch die Liebe. So ähnlich würde ich auch die Osterbräuche sehen. Sie gehören dazu, sind aber nicht das Entscheidende. Im Vordergrund steht für mich die Botschaft von der Auferweckung Jesu, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern entmachtet ist.
Nach dem Tod wissen wir nicht, was passiert. Das Osterfest lehrt uns aber, dass es weitergeht mit dem Leben. Wie kann ich diesen Symbolismus greifbar machen?
Ich würde sagen, das ist viel mehr als ein Symbolismus. Es ist eine starke Hoffnung, die sich auf einer Erfahrung und Zusage gründet. Es ist das Grundbekenntnis des Christentums, dass Gott Jesus als Ersten von den Toten auferweckt hat. Und daran knüpft sich die Hoffnung, dass er auch uns alle einmal auferwecken wird. Natürlich kann ich das nicht wissen, aber was ich weiß, ist, dass schon viele Menschen darauf ihre Hoffnung gesetzt haben – und dass es dafür viele gute Gründe gibt, aber natürlich keine Beweise. Das alles ändert aber nichts am Tod, dass er eine brutale und unüberwindbare Zäsur bedeutet. Aber wir leben von der Hoffnung, dass – bildlich gesprochen – nach dem Tod jemand da steht und zu uns sagt: Komm.
Und das Osterfest ist der Tag, an dem wir uns das konkret noch einmal ins Gedächtnis rufen sollen?
Genau. Mit dem Osterfest feiern wir, dass wir davon überzeugt sind, dass das, was mit Jesus geschehen ist, nämlich die Wiederauferstehung, auch mit uns geschehen wird. Auferstehung ist aber auch etwas, dass wir in unserem Alltag erleben. Zum Beispiel wenn zwei Menschen wieder zueinander finden, wenn jemand von einer Krankheit wieder gesund wird, wenn Menschen nach einer Niederlage wieder aufstehen. Aufstehen, abschütteln, Krone zurechtrücken und weitergehen – diesen Satz würde ich als Auferstehungserfahrung bezeichnen. Auferstehung hat unendlich viele Gesichter.
Welche Orte empfehlen Sie zu Ostern in Salzburg?
Ich würde dazu raten, einfach einen Ostergottesdienst zu besuchen. Und sich einmal auf die Liturgie, Musik, Texte und Stille einzulassen. Man muss da keine Erkenntnis haben, es muss nichts passieren, aber es ist einen Versuch wert, sich einfach ansprechen zu lassen und in die Liturgie einzutauchen. Das Wesen eines Gottesdienstes ist ja nicht, dass ich etwas tun muss, sondern dass mit mir etwas geschieht. Wo erleben wir das heutzutage noch?
Vielen Dank für das Gespräch.
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(Quelle: salzburg24)