Aufwendige Nachbetreuung

VinziDach schlägt wegen Entwicklungen bei Wohnungslosenhilfe Alarm

Ehemals langzeitobdachlosen Menschen dauerhaft und direkt zu ihren eigenen Wohnungen zu verhelfen, ist das definierte Ziel von VinziDach Salzburg. (SYMBOLBILD)
Veröffentlicht: 28. Mai 2024 11:17 Uhr
Die Einrichtung VinziDach vermittelt in der Stadt Salzburg Wohnraum an Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind. Außerdem werden die Betroffenen durch Nachbetreuung bei diesem Prozess begleitet. Hier wurde bedingt durch die Krisen der vergangenen Jahre allerdings ein derartiger Mehraufwand festgestellt, dass VinziDach Einschränkungen bei der Krisenintervention vornehmen musste.

Über das Programm „Housing First“ vermittelt die Einrichtung VinziDach Salzburg Wohnraum an obdachlose und wohnungslose Menschen mit einer Doppeldiagnose aus Suchterkrankung und psychischer Erkrankung. Seit zwölf Jahren gibt es dieses Angebot in der Stadt Salzburg, seither wurde rund 130 Personen der Weg aus der Obdachlosigkeit ermöglicht. Den Menschen wird dabei nicht nur Wohnraum vermittelt, die Betreuung umfasst auch gesundheitliche, finanzielle oder alltägliche Belange. Nach Abschluss der vierjährigen Betreuung wird das Angebot in reduzierter Form durch die Nachbetreuung fortgesetzt.

Hier verzeichnete VinziDach Salzburg in den vergangenen zwei Jahren einen starken Anstieg beim Arbeitsaufwand – von einer Verdreifachung auf 370 Stunden im Jahr 2023 wird berichtet. "Als wir im Jahr 2012 mit dem Programm begonnen haben, war ursprünglich geplant, diese Nachbetreuung mit Ehrenamtlichen zu übernehmen. Es zeigte sich jedoch, dass auch in der Nachbetreuung Fachpersonal notwendig ist", teilt Samuel Kok vom Leitungsteam von VinziDach Salzburg auf SALZBURG24-Anfrage am Dienstag mit. Derzeit befinden sich 44 Menschen in aktiver Betreuung und 74 Personen in Nachbetreuung.

Krisen sorgen für großen Zeitaufwand bei Nachbetreuung

Die zahlreichen Krisen der vergangenen Jahre belasten vor allem auch zuvor obdachlose Menschen. Die Mitarbeiter:innen von VinziDach merken dies etwa beim Beantragen von Unterstützungsleistungen gegen die Teuerung, was zu einem starken Anstieg beim Zeitaufwand geführt hat. "Hinzukommen einige wenige Härtefälle mit einem großen Zeitaufwand. Weil das mit den zeitlichen Ressourcen nicht mehr zu bewältigen war, waren Einschränkungen bei der Krisenintervention notwendig", erklärt Kok. Derzet besteht VinziDach Salzburg als vergleichsweise kleine Einrichtung aus insgesamt neun Teilzeit-Angestellten.

Akute Härtefälle als Herausforderung für VinziDach

Als Beispiel nennt er hier Personen, die aufgrund ihrer Leidensgeschichte Schwierigkeiten dabei haben, Termine wahrzunehmen. „Bei schweren, chronischen Erkrankungen mit wichtigen Therapien wird das ebenso zum Problem wie bei der Sicherung des Einkommens. Auch beim Sozialamt, der ÖGK oder dem AMS müssen Termine eingehalten werden, andernfalls droht die Kürzung oder der Entfall von Leistungen.“ Der Verlust des Einkommens hat – zeitverzögert – auch den Verlust der Krankenversicherung zur Folge. Wenn die Person dann ins Krankenhaus oder zu einer Ärzt:in muss, entstehen rasch Kosten im drei bis vierstelligen Bereich. "In solchen komplexen Fällen müssen wir uns erst einen Überblick verschaffen und versuchen, die Menschen wieder in Sozialversicherung zu bringen." Diese akuten Härtefälle, von denen es im Vorjahr drei bis vier gab, würden enormen Zeitaufwand mit sich bringen.

Als Beispiel nennt er hier eine Person, die erkrankte, aber nicht umgehend eine Behandlung im Krankenhaus in Anspruch nahm. Daraufhin folgte der Verlust des Arbeitsplatzes, die Person musste letztendlich aber dennoch im Krankenhaus behandelt werden – ohne Sozialversicherung. „Es entstehen dann rasch Kosten von mehreren tausend Euro. Wir müssen uns dann erst einen Überblick verschaffen und versuchen, die Menschen wieder in Sozialversicherung zu bringen.“ Diese akuten Härtefälle, von denen es im Vorjahr drei bis vier gab, würden enormen Zeitaufwand mit sich bringen.

Weniger Obdachlose, mehr Wohnungslose in Salzburg

In den vergangenen Jahren wurde zudem eine Veränderung bei der Wohnungsnot in Salzburg festgestellt: „Wir haben bemerkt, dass es einen Rückgang bei der Obdachlosigkeit und dafür eine Zunahme bei der Wohnungslosigkeit gibt – Betroffene haben also ihre Wohnung verloren und kommen bei anderen unter“, führt Kok weiter aus. Seit Beginn des Jahres bietet VinziDach Salzburg deshalb auch Menschen mit Doppeldiagnose von Suchterkrankung und psychischer Erkrankung Hilfe an, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind.

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Das neue Leitungsteam von VinziDach Salzburg. V.l.: Nathalie Greisberger, Samuel Kok und Franziska Edlinger.

VinziDach braucht Unterstützung

Das neue Leitungsteam von VinziDach Salzburg, das nach dem Abgang des früheren Leiters Peter Linhuber nun aus drei Personen besteht, beklagt, dass die Nachbetreuung mit den aktuell finanzierten Stunden nicht mehr bewältigt werden könne. Geplant ist, diesen Mehrbedarf an Stunden beim aktuellen Förderansuchen bei Stadt und Land Salzburg zu berücksichtigen. Unklar sei, wie in Zukunft mit der akuten Krisenintervention im Rahmen der Nachbetreuung umgegangen werden soll. Akute Härtefälle sollen zudem an weitere Einrichtungen vermittelt werden.

Im Bundesland Salzburg haben rund 1.300 Menschen keinen festen Wohnsitz. Der Großteil der Betroffenen lebt in der Stadt Salzburg.

(Quelle: salzburg24)

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