Wirtshaussterben

Wie wichtig sind Dorfwirte für eine Gemeinde?

Den heimischen Gasthäusern setzen die zahlreichen Krisen zu. (SYMBOLBILD)
Veröffentlicht: 20. Februar 2024 15:39 Uhr
Die zahlreichen Krisen setzen den Salzburger Gasthäusern zu, immer wieder müssen gutgehende Wirtshäuser zusperren. Doch was bedeutet das Wirtshaussterben gerade für Gemeinden am Land? Dieser Frage ist ein Salzburger Künstler:innen-Kollektiv nachgegangen und hat dazu einen "Stammtisch für alle" in der Galerie im Traklhaus eingerichtet.

Die heimische Gasthauskultur befindet sich im Wandel. Nicht erst seit der Corona-Pandemie sperren viele Wirtshäuser im Bundesland Salzburg zu – der Prozess zeichnet sich bereits seit einigen Jahren ab. Die Gründe dafür sind vielfältig: Kostensteigerungen bei Einkauf, Pacht, Gehältern und Energie sowie eine schwierige Situation bei der Suche nach Personal. "Jeder Tag ist ein Kampf. Viele ältere Kollegen tun sich das nicht mehr an und gehen in Pension", zeigt sich Ernst Pühringer, Fachgruppenobmann der Sparte Gastronomie bei der Salzburger Wirtschaftskammer, im Gespräch mit SALZBURG24 am Dienstag pessimistisch.

Wirtshaussterben: Gemeindesaal ersetzt Dorfwirt

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich dabei gerade die Rolle der Dorfwirte stark verändert. Fanden etwa in den 1980er-Jahren noch Vereine und Feierlichkeiten in den Gasthöfen einen Veranstaltungsort, änderte sich die Nutzung in den darauffolgenden Jahren. "Fast jede Gemeinde hat mittlerweile einen Gemeindesaal. Dort kommen Vereine unter und haben Bars eingerichtet. Der Wirt nebenbei muss zusperren", gibt Pühringer zu bedenken. Hinzu kommt die Stadtflucht: Viele Menschen leben am Land, arbeiten aber in der Stadt. Oftmals bringen sich diese Menschen weniger in das Leben in der jeweiligen Gemeinde ein – wodurch auch der Wirt im Ort von den "Zuagroasten" kaum profitiert.

"Stammtisch für alle" als Kunstprojekt

Doch was passiert mit einer Gemeinde, wenn das Wirtshaus als Ort für gesellschaftlichen Austausch wegfällt? Dieser Frage ist das Künstler:innen-Kollektiv Alpine Gothic nachgegangen und hat dazu in der Galerie Traklhaus in der Salzburger Altstadt einen "Stammtisch für alle" eingerichtet, der seit Anfang Februar zugänglich ist. Bis zu zehn Interessierte können an der Installation – die einen Tisch in einem urigen Wirtshaus darstellt – Platz nehmen und verschiedenste Themen diskutieren. "Wir sind mit der These angetreten, dass jede Gemeinde so einen Raum zur Verfügung stellen sollte – denn das gehört einfach zur Infrastruktur dazu", erklärt Christina Breitfuß von Alpine Gothic im Gespräch mit S24 am Dienstag die dahinterliegende Idee.

Noch bis 2. März kann der "Stammtisch für alle" im Traklhaus genutzt werden. "Wir sehen den Stammtisch als Skulptur. Das schöne ist, dass diese Skulptur nicht nur zum Ansehen ist – man setzt sich drauf und diskutiert", führt Breitfuß weiter aus. Das Angebot werde gut angenommen: "Es ist schön zu sehen, wie sich die Sache verselbstständigt. Die Leute nutzen die Einrichtung, um sich auszutauschen, etwas zu trinken oder Karten zu spielen." Dazu wurden insgesamt vier Termine eingerichtet, bei denen Vortragende zu verschiedenen Themen einen Gesprächsanstoß liefern.

Austausch am Stammtisch von demokratiepolitischer Bedeutung

Der Austausch am Stammtisch sei nach Ansicht der Künstlerin auch demokratiepolitisch von Bedeutung. "Man bekommt andere Haltungen mit, kann Streitgespräche erproben oder einfach Spaß haben. Es ist was anderes, als wenn ich jemanden zu mir einlade, weil es eben doch ein öffentlicher Ort ist." Von der ursprünglichen Annahme, dass eine Gemeinde in Form eines Dorfwirts einen Raum für den gesellschaftlichen Austausch zur Verfügung stellen sollte, ist das Künstler:innenkollektiv nach den zahlreichen Gesprächen wieder etwas abgekommen. "Wir fragen uns mittlerweile, wie ein Ort funktionieren kann, an dem sich Jung und Alt treffen – und das vielleicht sogar konsumfrei. Wir denken eben in solchen Utopien", sagt Breitfuß mit einem Lächeln. Für das Funktionieren einer Gesellschaft sei jedenfalls das Eigenengagement der Bürger:innen von größter Bedeutung.

Der "Stammtisch für alle" in der Galerie im Traklhaus ist noch bis 2. März zugänglich. Am letzten Tag des Projekts findet ein Gespräch zum Thema "Politische Verantwortung und Strategien" statt. Möglicherweise kommen dabei Ideen auf, wie man dem Wirtshaussterben entgegenwirken kann.

(Quelle: salzburg24)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken