Stadt

"Wir wollen nicht, dass in Salzburg jemand erfriert"

Veröffentlicht: 20. Jänner 2017 15:34 Uhr
Der Winter hat Salzburg fest im Griff. Für obdachlose Menschen ist die Kälte besonders gefährlich. Torsten Bichler und sein Team der Caritas kümmern sich darum, dass in Salzburg niemand auf der Straße erfriert.
Jacqueline Winkler

Auf bis zu minus 21 Grad sinken die Temperaturen in diesem Winter in den Nächten. Besonders von der Kälte betroffen sind Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben. So sind in den letzten Wochen in Europa zahlreiche Obdachlose dem Kältetod zum Opfer gefallen oder bei dem Versuch, sich mit selbst entfachten Feuern aufzuwärmen, gestorben.

Warmes Bett für Obdachlose im Winter

In Salzburg ist zum Glück in diesem Winter noch niemand erfroren. "Das passiert aber leider immer wieder", erzählt Torsten Bichler, Leiter des Haus Franziskus der Caritas in Salzburg und seit 2016 auch Leiter des Fachbereichs Wohnungslosen Hilfe. 2015 waren in Salzburg 1643 Personen obdachlos, wie die Wohnungslosenerhebung ergab.

In der Notschlafstelle werden obdachlose Österreicher und Notreisenden betreut. Das sind keine Bettler, sondern Menschen, die in Salzburg Arbeit suchen, betont Bichler. Im Winter sind das meist zwischen 80 und 100 Menschen. 20 Plätze stehen für Österreicher bereit, 50 für Notreisende. "Die Leute fragen dann immer, wieso nur 20 Plätze für 'unsere' Leute und 50 für die anderen? Einfach deshalb, weil wir für die Österreicher mit 20 Plätzen gut auskommen, denn für die gibt es noch andere Angebote. Den Notreisenden bleiben nur Salzburgs Straßen und sonst nichts", so Bichler.

/Foto: SALZBURG24/Winkler Salzburg24
/Foto: SALZBURG24/Winkler

Schlafplatz und warme Mahlzeit

Bis zu 120 Freiwillige versorgen die Obdachlosen in der Notschlafstelle. Der laufende Betrieb wird von Land und Stadt Salzburg finanziert.

Neben dem Haus Franziskus gibt es noch die Winternotschlafstelle der Organisation "Soziale Arbeit" in der Linzergasse, mit der Bichler und sein Team eng zusammenarbeiten. Die Schlafplätze im Haus Franziskus werden vom Bahnhofsozialdienst zugeteilt. Obdachlose Österreicher können maximal 30 Tage am Stück, Notreisende 14 Tage hintereinander bleiben. Die Notschlafstelle öffnet um 18.00 Uhr, die Menschen bekommen Abendessen und Frühstück sowie Hygieneartikel und müssen das Haus spätestens um 8.30 Uhr wieder verlassen.

Bichler: "Wollen niemanden auf der Straße lassen"

Für die nächsten Tage rechnet Torsten Bichler wieder mit mehr Menschen, die Zuflucht vor der Kälte suchen. Deshalb wird die Notschlafstelle am Freitag mit Stockbetten aufgerüstet. "Wir müssen uns auch eine Alternative überlegen, weil wir bei diesen Temperaturen niemanden auf der Straße lassen wollen", so Bichler.

Der Bedarf an Schlafplätzen ist hoch, die Kapazitäten sind allerdings im Winter nie ausreichend. Deshalb müssen auch immer wieder Menschen abgewiesen werden. Jene Menschen, die kein Quartier bekommen, werden mit Schlafsäcken ausgestattet, die auch bei minus 24 Grad noch warm halten.

Hinweise aus der Bevölkerung lebensrettend

Es kommt auch immer wieder vor, dass Menschen gar nicht in die Notschlafstelle wollen, sondern lieber draußen in der Kälte bleiben. Dafür haben sie ganz individuelle Gründe, man versuche auch, sie dazu zu überreden, zumindest einmal vorbeizuschauen, erzählt Bichler. Um auch diese Menschen einigermaßen zu versorgen, sind Streetworker der Caritas auf Salzburgs Straßen unterwegs.

Weil dafür aber nur drei Personen abgestellt werden können, sind die Helfer auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. Freitagmorgen habe er schon einen Anruf bekommen, dass jemand bei einer Bushaltestelle liege und sich nicht bewege, schildert Bichler. "In so einem Fall sollte man als erstes die Rettung verständigen. Auch, wenn es sich im Endeffekt nicht um einen medizinischen Notfall handelt. Dann bringen die Sanitäter die Person zu uns und es kümmert sich wer um sie", so Torsten Bichler.

Offen sein für das Thema Armut

Er wünscht sich auch, dass die Bevölkerung offen auf das Thema Armut zugeht und ihn und die anderen Mitarbeiter verständigt: "Wollen wir tatsächlich, dass in Salzburg Leute erfrieren? Wir können da alle ein bisschen besser hinschauen und vor allem können wir es uns leisten."

Links zu diesem Artikel:

  • Bis zu minus 30 Grad

(Quelle: salzburg24)

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