Verhärtete Fronten

"Nein sagen ist einfacher als Ja": Was Salzburg aus der S-Link-Abstimmung lernt

Veröffentlicht: 11. November 2024 15:22 Uhr
Die monatelange Debatte und der hitzige Wahlkampf um den Salzburger S-Link haben am Wochenende in einer Volksabstimmung mit klarem Ergebnis gegipfelt: 53,2 Prozent stimmten gegen das milliardenschwere Infrastrukturprojekt. Die Befragung hat auch politische Gräben offengelegt. Der Weg zu einer konstruktiven Zusammenarbeit dürfte aber leichter fallen, als vermutet.

Das Mobilitätskonzept und die Volksabstimmung zum S-Link hat in den vergangenen Monaten nicht nur die Gemüter erhitzt, sondern sowohl politische als auch gesellschaftlich für verhärtete Fronten gesorgt. Nach einem klaren „Nein“ zum Bau der teilweise unterirdischen Lokalbahnverlängerung am Sonntag, sind nun alternative Lösungen für die Verkehrswende in und um die Stadt Salzburg gefragt.

Angesichts des hitzigen Wahlkampfes scheint eine konstruktive Zusammenarbeit unter schlechten Vorzeichen zu stehen – tatsächlich dürfte die Entscheidungsfindung auf politischer Ebene aber deutlich unkomplizierter verlaufen, wie Kommunikationswissenschafter Josef Trappel im SALZBURG24-Gespräch am Montag erklärt.

Diskussion um S-Link „polarisierend und unversöhnlich“

Wie auch schon in der Causa rund um die Mönchberggarage sei die Diskussion zum S-Link „polarisiert und unversöhnlich“ verlaufen – der Wahlkampf sei dabei aber nur die Spitze des Eisberges so der Professor der Uni Salzburg. „Die Debatte um eine Bahn in der Stadt Salzburg gibt es bereits seit über 40 Jahren, das hat nun in dieser Abstimmung gegipfelt.“ Diese Emotionalisierung des Mobilitätsprojektes sei aber nicht per se dem Thema geschuldet: „Speziell seit Corona bemerken wir eine zunehmende Polarisierung in der Gesellschaft – die Abstimmung war dafür gewissermaßen ein Ventil.“

Das zeigt sich auch daran, dass sich aus der Bevölkerung heraus gleich mehrere Initiativen gegen das Projekt formiert haben: „Stopp U-Bahn“, „Pro Natur“ oder „Altstadt retten“ machten im Vorfeld unablässig auf die Nachteile des Projekts aufmerksam – vom befürchteten „Milliardengrab“ bis hin zur Forderung, das Geld in andere Verkehrsprojekte zu investieren. Diese seien angesichts der deutlichen Entscheidung „offensichtlich gut organisiert“ gewesen, so der Kommunikationswissenschafter. „Das ist aber auch bezeichnend für die direkte Demokratie: Ja sagen ist grundsätzlich schwieriger, als etwas abzulehnen.“ Dem gegenüber hätten es die Initiative „Dafür“ sowie die Informationskampagne des Verkehrsressorts zu den Vorteilen des Projektes schwer gehabt. „Die Befürworter hatten nur wenig Überzeugungskraft.“

S-Link für Volksabstimmung „zu komplex“

Das Ergebnis sei aber insofern ungewöhnlich, angesichts der breiten Zustimmung aus der Politik – die SPÖ hatte sich als einzige Partei von Anfang an gegen das Projekt ausgesprochen. „Das wäre auch in einer direkten Demokratie wie etwa der Schweiz eine Sondersituation.“ Generell sei man in Sachen direkte Demokratie hierzulande nicht wirklich geübt, erklärt Trappel. „Das zu fördern, wäre grundsätzlich sehr positiv, wenn es die Fragestellungen erlauben. Die Frage 'Eisenbahn: Ja oder nein?' hätte sich dafür durchaus angeboten – wären nicht derart komplexe Aspekte zu Bausubstanz, Kosten und Technik miteingeflossen.“

„Blutige Nase“ für Politik nach S-Link-Abstimmung

Mit der Volksabstimmung hätte man sich „eine blutige Nase geholt“ – die Politik habe aber keine andere Wahl, als nach den Differenzen wieder zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückzufinden. „Stadt und Land sind politisch eng verflochten – ich denke, auf dieser Basis wird auch die Entscheidung über eine Mobilitätslösung gefällt werden.“ Eine neuerliche Volksabstimmung dazu hält Trappel für unwahrscheinlich.

Doch auch ein „echtes Highlight“ hat der Wahlkampf für den Kommunikationswissenschafter gebracht: „Die Infobroschüre mit Positionen beider Seiten und neutralen Informationen zur Meinungsbildung, wo die Fakten statt der Meinung im Vordergrund standen – daraus kann man für künftige direkte Demokratie auf jeden Fall etwas mitnehmen.“

(Quelle: salzburg24)

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