Mehr als Rampen

Wann ein barrierefreier Bahnhof tatsächlich frei von Barrieren ist

Zu barrierefreien Bahnhöfen gehört mehr als nur Rampen und Aufzüge für Rollstuhlfahrer und -fahrerinnen.
Veröffentlicht: 15. Juli 2024 14:24 Uhr
Stiegen statt ebenerdigen Einstieges in Busse – die Initiative „Stopp U-Bahn“ sieht mit dem geplanten S-Link eine Verschlechterung der Barrierefreiheit in Salzburg. Aber was macht einen barrierefreien Bahnhof überhaupt aus und wie steht’s um die Salzburger Haltestellen derzeit?
Moni Gaudreau

Die Gegeninitiative "Stopp U-Bahn" ortet mit dem Bau des S-Links eine Verschlechterung der Barrierefreiheit der Salzburger Öffis. „Wo es jetzt vom Gehsteig direkt in den Bus geht, würde es in Zukunft über Rolltreppen, Aufzüge und Stiegen zu Stationen unter der Erde gehen“, heißt es in einer Aussendung am Donnerstag. Dadurch verlängere sich der Weg für mobilitätseingeschränkte Menschen massiv.

Die S-Link Projektgesellschaft habe sich indes unter anderem mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband Salzburg, dem Gehörlosenverband und der Lebenshilfe ausgetauscht, um barrierefreie Bahnhöfe sicherzustellen. Die S-Link-Haltestellen sollen breite, helle und hindernisfreie Wege sowie taktile Leitsysteme mit tastbaren Elementen wie Rillenplatten und Warteflächen haben. Zudem setze man auf Piktogramme, Lichtsignale und akustische Hinweise bei der Orientierung helfen. In der Haltestelle am Mirabellplatz soll es neben den öffentlichen Toiletten auch einen größeren, barrierefreien "Changing Room" geben, heißt es in einer Aussendung.

Was genau bedeutet barrierefrei?

Bei dem Wort „barrierefrei“ denkt so manch einer wohl ausschließlich an rollstuhlgerecht. Der Begriff umfasst weitaus mehr: Barrierefreiheit heißt, dass öffentliche Plätze wie zum Beispiel Bahnhöfe so gestaltet werden, dass sie für alle ohne fremde Hilfe zugänglich sind – unabhängig von ihren körperlichen, sensorischen oder kognitiven Fähigkeiten.

Personengruppen, die von Barrierefreiheit profitieren

  • Menschen mit körperlichen Einschränkungen, z. B. Rollstuhlfahrer:innen
  • Menschen mit Sehbehinderung
  • Menschen mit Hörbehinderungen
  • Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, z. B. Personen mit Lernschwierigkeiten oder Demenz
  • Ältere Menschen
  • Menschen mit temporären Einschränkungen, z. B. Schwangere oder Verletzte
  • Familien mit kleinen Kindern

Barrierefreie Umgebungen sind aber für alle Menschen angenehmer – denkt man an Situationen wie einen Großeinkauf, beim Siedeln oder wenn es auf Reisen geht.

Rampen, Brailleschrift und mehr

Wie sieht ein barrierefreier Bahnhof nun aus? Der Verein Aktion Mensch hat sich unter anderem angesehen, wie ein das Reisen für Menschen mit und ohne Behinderungen leichter wird.

Die Tickets bitte

Fahrkartenautomaten können eine ganze Reihe an Problemen darstellen. Sind sie zu hoch, können kleine Menschen oder Rollstuhlfahrer:innen nicht hinsehen. Zumindest ein tiefergelegter Automat sollte vorhanden sein. Neben der Brailleschrift und einem Screenreader soll auch die Schrift am Display groß und kontrastreich sein. Die Option, auf Leichte Sprache umzustellen, darf auch nicht fehlen.

Gleise und Haltestellen

Anzeigetafeln an den Bahnsteigen sollen groß und kontrastreich beschriftet sein. Piktogramme ergänzen die Informationen. Nach dem Zwei-Sinne-Prinzip gibt es regelmäßige und deutliche Lautsprecherdurchsagen, die bei Bedarf per Knopfdruck wiederholt werden können. Tastbare Bodenmarkierungen sind an den Bahnsteigen inzwischen Standard, können aber im gesamten Bahnhofsbereich ausgebaut werden. Akustische und optische Signale weisen auf einfahrende Züge oder schließende Türen hin.

Barrierefreie Toiletten

Prinzipiell soll es in jeder öffentlichen WC-Anlage jeweils eine barrierefreie Toilette für Männer und Frauen geben, jedenfalls muss ein geschlechtsneutraler barrierefreier Raum angeboten werden, heißt es von der Wirtschaftskammer. Wichtig für die Toilette ist die Größe, eine breitere Türe, Haltegriffe und die Kennzeichnung.

Persönliche Information

Auch wenn die Digitalisierung wichtig und notwendig ist – nicht alle Reisenden können oder sich auf technische Hilfsmittel verlassen. Eine persönliche Ansprechperson am Bahnhof, die zum Beispiel durch Behindertenverbände geschult wird, kann dabei Abhilfe schaffen.

Orientierungshilfen

Wo geht’s hier zum nächsten Zug? Vor allem große Bahnhöfe können unübersichtlich sein. Deutliche Wegweiser mit Piktogrammen und Farbleitsysteme helfen, sich leichter zurechtzufinden. Weitere Verkehrsmittel wie Busse oder Taxis sollten sich im direkten Umfeld des Bahnhofes befinden und mit Aufzügen oder Rampen erreichbar sein.

Hilfe im Notfall

Notrufverbindungen am Bahnsteig funktionieren meist über den Hör- und Sprachsinn. Besser sind Notrufsäulen mit der Option auf Videoanruf. Eine Person, die Gebärdensprache beherrscht, kann im Notfall dann weiterhelfen. Brandmelder sollen akustische und visuelle Signale abgeben können.

So barrierefrei sind Salzburgs Bahnhöfe

Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben in ganz Salzburg 59 Bahnhöfe, bei knapp der Hälfte (24 Haltestellen) davon gibt es nach eigenen Angaben keine nennenswerten Hindernisse im Zugangsbereich oder an den Bahnsteigen. Alle Menschen können diese Bahnhöfe also selbstständig nützen. Bei 15 ÖBB-Bahnhöfen wird eine Hilfestellung empfohlen und bei einem Drittel (19 Bahnhöfen) raten die ÖBB überhaupt, die nächste barrierefreie Station zu nutzen. Das ist zum Beispiel in Altenmarkt, Eugendorf oder in Salzburg-Aigen der Fall.

Die Salzburg AG hat insgesamt 30 Bahnhöfe der Lokalbahn, einer davon hat noch keinen barrierefreien Zugang zum Bahnhofsbereich und bei drei gibt es noch keinen barrierefreien Zugang zu den Gleisen. Für sehbeeinträchtigte Personen haben drei Lokalbahnhöfe einen „text to speach“ Modus.

Bis zum Ende dieses Jahrzehnts soll jeder zweite Bahnhof in Salzburg, unter anderem in puncto Barrierefreiheit, verbessert werden. Bund, Land Salzburg und ÖBB werden dafür 200 Millionen Euro in die Hand nehmen, kündigte Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) bereits vor rund zwei Jahren an.

Was darf auf einem barrierefreien Bahnhof eurer Meinung nach nicht fehlen? Schreibt es uns in die Kommentare.

(Quelle: salzburg24)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken