Analyse

Warum das Wahlergebnis in Salzburg nur wenig überrascht

LH Wilfried Haslauer und FPÖ-Spitzenkandidatin Marlene Svazek am Sonntag, 23. April 2023, anl. der Landtagswahl in Salzburg. 
Veröffentlicht: 24. April 2023 17:14 Uhr
Wenig überrascht vom Ergebnis der Salzburger Landtagswahl ist Martin Weiss, Diplomat und ehemaliger Botschafter von Österreich. Wir haben den Salzburger um eine Wahlanalyse gebeten.

„Das Ergebnis hat mich zwar teilweise überrascht, aber nicht vom Sessel gehauen“, kommentiert Martin Weiss, Diplomat und ehemaliger Botschafter von Österreich in den USA das Ergebnis der gestrigen Salzburger Landtagswahl. Weiss ist seit Sommer letzten Jahres Präsident des Salzburg Global Seminar mit Sitz im Schloss Leopoldskron. Der 60-Jährige hat als Diplomat guten Einblick in das politische Geschehen auf der Welt, wie auch in Österreich und Salzburg und entsprechend schon viele Wahlen miterlebt.

Martin Weiss Salzburg Global Seminar/Kerschbaumer
Martin Weiss, Diplomat und Präsident des Salzburg Global Seminar.

Salzburger Wahlergebnis ist im Trend

Das Ergebnis in Salzburg passe sehr gut in den europäischen Trend. Regierungsparteien würden abgewählt, Oppositionsparteien gestärkt, sagt Weiss im Interview mit SALZBURG24. Die Situation für Landeshauptleute sei im Moment ob der zahlreichen Krisen eine sehr schwierige. „Wir leben in sehr unsicheren Zeiten. Wer hätte jemals gedacht, dass mitten in Europa ein Krieg ausbricht, dass die Inflation auf über zehn Prozent steigt und die Energiepreise explodieren. Eine getrübte Stimmung hilft immer nur der Opposition. Denn Parteien, die nicht in der Verantwortung stehen, tun sich leichter und können sagen, was alles schiefläuft“, so Weiss.

Nur KPÖ Plus überrascht wirklich

Während die Gewinne für die FPÖ also zu erwarten gewesen seien, habe er mit dem massiven Zuwachs der KPÖ Plus jedoch nicht gerechnet, sagt Weiss. „Vor allem in der Stadt Salzburg ist die KPÖ schon eine große Überraschung.“ Denn Kay-Michael Dankl landete wie berichtet mit 21,5 Prozent direkt hinter der ÖVP (24,8 Prozentpunkte) auf Platz 2. Danach folgen FPÖ (18,7), SPÖ (16,6), Grüne (12,2) und NEOS (4,6).

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Verluste für ÖVP auch Corona-Politik geschuldet

Die ÖVP, die mit Spitzenkandidat und Landeshauptmann Wilfried Haslauer landesweit ein Minus von 7,4 Prozentpunkten eingefahren hat, und 30,1 Prozent der Wählenden überzeugt haben dürfte, könne mit Fug und Recht den Führungsanspruch für sich beanspruchen – „solange ein 3er vorne ist“, so Weiss. Die Verluste für die Salzburger Volkspartei sieht der Diplomat auch der bundesweiten Corona-Politik geschuldet. „Es schwingen bei diesem Wahlergebnis auf jeden Fall auch Verletzungen, Enttäuschung und Ärger aus der Corona-Zeit mit.“

Martin Weiss kann sich Dreierkoalition vorstellen

Haslauer sei nun an der Reihe eine Koalition zu bilden und bei dieser Frage dürfe man eines nicht vergessen: „Das Leben ist kein Wunschkonzert und der Wähler hat immer recht“. Drei Regierungskonstellationen sind jedenfalls vorstellbar: eine ÖVP-FPÖ Koalition (abgesichert mit 22 von 36 Mandaten), eine ÖVP-SPÖ-Koalition (19 von 36 Mandaten) und eine Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und Grünen (ebenfalls 22 von 36 Mandaten). Im Endeffekt werde es auf das Programm und die Inhalte der Parteien ankommen, so Weiss. „Am Ende der Gespräche könnte ich mir eine Dreierkoalition gut vorstellen.“

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Rasche Lösungen für teures Wohnen in Salzburg

Unabhängig von den Parteien in der Koalition müsse das Hauptthema der KPÖ – nämlich leistbares Wohnen – umgehend angegangen werden. „Ich habe das auch selbst miterlebt, als ich letztes Jahr nach Salzburg gezogen bin. Die Wohnungspreis-Situation in Salzburg ist wirklich hart. Wie sollen sich da junge Leute Wohnraum überhaupt leisten können?“, fragt sich der 60-Jährige. Die Politik sei hier „wirklich“ gefordert Antworten zu finden. Ebenfalls könne man bei den Energiepreisen „noch etwas besser machen“, so der Diplomat – auch wenn die Landesregierung logischerweise die Wirtschaftssituation nicht verändern könne.

Schnelllebige Politik

„In der Politik ist eine Woche eine lange Zeit“, sagt Weiss und die Verhältnisse können sich oft sehr kurzfristig und schnell ändern. So denke man beispielsweise an die Ibiza-Affäre. Damals hätte niemand mehr gedacht, dass die FPÖ jemals wieder so stark werden würde. Und mit einem positiven Blick in die Zukunft werde der Krieg enden, Energiepreise und Inflation würden sich stabilisieren und das Wirtschaftswachstum käme zurück. Dann wäre die politische Stimmung im Land wohl wieder eine ganz andere.

Martin Weiss ist seit Sommer 2022 Präsident der Non-Profit-Organisation Salzburg Global Seminar. Davor war er Botschafter in Washington (USA), Israel und Zypern sowie Sprecher des Außenministeriums. Weiss kam in Innsbruck zur Welt, wuchs in Salzburg auf und maturierte im Akademischen Gymnasium. Weiss war auch immer wieder in unterschiedlichen Funktionen für das Österreichische Außenministerium tätig, unter anderem auch als Leiter der Presse- und Informationsabteilung sowie als Sprecher desselben.

Alles zur Salzburger Landestagswahl

(Quelle: salzburg24)

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