Beginnen wir relativ am Anfang. Nach Jahrzehnten der Diskriminierung und Unterdrückung wurde erst 1971 die strafrechtliche Verfolgung von homosexuellen Menschen verboten. Zum Vergleich: Deutschland hatte selbiges bereits 14 Jahre vorher beschlossen. „Diese Entscheidung ist aber nicht der Politik, sondern dem Verfassungsgerichtshof zuzuschreiben. Das ist der typisch österreichische Weg. Die Gerichte treffen Entscheidungen, die die Politik versäumt hat“, erklärt Josef Lindner, Obmann der Homosexuellen Initiative Salzburg (HOSI), im Gespräch mit SALZBURG24.
Diskriminierungsschutz auf dem Papier
Es müssen weitere 33 Jahre vergehen bis 2004 beschlossen wird, dass Menschen nicht aufgrund ihrer Sexualität benachteiligt werden dürfen. Zumindest auf dem Papier, wie Lindner betont. Denn für homo-, bi-, inter- sowie transsexuelle und queere Menschen gäbe es nach wie vor gesellschaftliche Herausforderungen. „Zum Beispiel dürfen Wirtinnen und Wirte noch immer von ihrem Hausrecht Gebrauch machen, um etwa zwei Männer, die sich küssen des Lokals zu verweisen. Auch im Mietrecht gibt es keinen Schutz vor Diskriminierung. Vermieterinnen und Vermieter dürfen homosexuelle und transidente Personen klar als potenzielle Mieter ausschließen. Auch beruflich werden queere (nicht heterosexuelle oder cisgender) Menschen häufig benachteiligt.“
Österreich hinkt nach
2019 folgt der nächste Schritt: Gleichgeschlechtlichen Paaren wird es ermöglicht, zu heiraten. Andere EU-Staaten waren Österreich mit dieser Entscheidung teils mehr als 10 Jahre voraus. Dass es hierzulande Aufholbedarf gibt, zeigt auch eine Umfrage der Europäischen Grundrechteagentur aus dem Jahr 2020, laut dieser liegt Österreich in der Gleichstellung von LGBTQIA+ Personen deutlich unter dem EU-Schnitt. Österreich ist auch einer der letzten EU-Staaten, in dem Konversionstherapien, also die „Heilung“ von Homosexualität, noch erlaubt sind.
Sichtbarkeit im Pride Month
Fast 150.000 Menschen nahmen an der Pride Parade in Wien teil. Laut und bunt zog die Masse über die Ringstraße. Das Ziel der Teilnehmer: Sichtbar zu sein. Genau das sei essenziell, wie Lindner betont. „Sichtbarkeit ist entscheidend, um Fortschritte voranzutreiben. Deshalb ist der Pride Month so eine wichtige Aktion.“ Dieses Jahr sei das öffentliche Interesse besonders deutlich geworden. „Die Entrüstung über die Entscheidungen der UEFA wegen einer bunten Armbinde und einer Stadion-Beleuchtung zum Beispiel. Die Politik hätte diese Themen nie so in den Fokus der Öffentlichkeit rücken können. Das zeigt, dass wir den Pride Month brauchen.“ Der offene Umgang jedes Einzelnen sei entscheidend, um Tabus zu brechen und die Gleichstellung voranzutreiben, erklärt Lindner.
LGBTQ-Workshops
Für jeden der mit Themen rund um Sexualität, Geschlechtsidentiät und Queerness in Berührung kommt, ist die Homosexuellen Initiative Salzburg (HOSI) eine unterstützende Anlaufstelle. „Unsere Tätigkeit ändert sich laufend. Vor ein paar Jahren noch haben sich hauptsächlich Schwule und Lesben für Beratungen an uns gewandt. Mittlerweile organisieren wir verschiedenste Workshops an Schulen oder für Unternehmen mit queeren Mitarbeitern, um aufzuklären und für den Umgang mit queeren Personen zu sensibilisieren.“
(Quelle: salzburg24)