Das große Thema während des Lockdowns war die Einsamkeit, die die Menschen auf verschiedene Art und Weise belastet hat, berichtet der Leiter der Krisenintervention Salzburg, Josef Demitsch. Allerdings hätten die meisten im Bundesland diese Phase recht gut weggesteckt. „Die zu erwartende Steigerung der Inanspruchnahme der Hilfeleistung hat in diesem Ausmaß gar nicht so stattgefunden.“
Gründe dafür macht Demitsch mehrere aus: „Zum einen haben die Menschen all ihre Ressourcen gebündelt, um durch die Krise zu kommen. Dazu kommt, dass die Pandemie jeden betroffen hat, daher war der soziale Druck nicht so groß.“
Die Probleme der Salzburger
Die seelischen Probleme der Menschen, mitunter ausgelöst durch die Corona-Krise, werde man erst mit Verzögerung spüren, mutmaßt der Experte: „Das wird sich in Form von Überlastungsreaktionen, beispielsweise von Alleinerziehenden, Beziehungskonflikten und Destabilisierungen von Menschen mit psychischen Vorerkrankungen zeigen.“
Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen durch die Corona-Pandemie können unser Seelenheil gefährden: „Finanzielle Probleme oder eine mögliche Arbeitslosigkeit können belastend wirken“, weiß Demitsch. Noch bekomme man bei der Krisenintervention noch wenige solcher Fälle, auch diese „kommen sicherlich erst mit Verzögerung“, prognostiziert der Kriseninterventions-Leiter.
Wer besonders von der Corona-Krise betroffen war
Auch der Psychosoziale Dienst vom Land Salzburg hat aufgrund der Corona-Pandemie eine eigene Hotline eingerichtet. Die Nachfrage hielt sich jedoch in Grenzen, wie der Leiter, Bernhard Hittenberger, im Gespräch mit SALZBURG24 berichtet: „Der Großteil der Menschen, der uns kontaktiert hat, waren jene, die wir ohnehin bereits betreut haben oder Menschen, die uns aus früheren Betreuung gekannt haben.“
So kümmert sich der Psychosoziale Dienst vorwiegend um Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen oder Suchterkrankungen. Für sie war der Lockdown besonders belastend: „In dieser Zeit war der Zugang zu den Ambulanzen nur schwer möglich, auch die Aufnahme wurde eingeschränkt, weil die Kapazitäten für Corona-Patienten freigehalten werden mussten.“
Telefon-Seelsorger als einziger Kontakt
Dadurch, dass viele Einrichtungen ihre Angebote in relativ kurzer Zeit einstellen mussten, hängen die Betroffenen in der Luft: „Wir haben sehr viel telefoniert und waren in dieser Zeit für viele der einzige Kontakt. Das ist natürlich für jemanden, der depressiv ist oder eine Angststörung hat, sehr herausfordernd“, berichtet Hittenberger, der Facharzt für Psychiatrie ist.
Psychische Belastungen durch Corona
Vor allem das Fehlen des persönlichen Kontaktes stellte den Psychosozialen Dienst mit zunehmender Dauer vor Herausforderungen: „Auch Video-Telefonanrufe waren oft nicht möglich, da viele gar nicht die technischen Geräte besitzen, um so mit uns in Kontakt zu treten“, erzählt der Mediziner. Als zusätzliche Herausforderung musste der Psychosoziale Dienst seine Bürozeiten Mitte März reduzieren.
Dennoch zieht Hittenberger eine positives Fazit nach dem Lockdown: Viele der psychisch Schwerkranken haben die Zeit erstaunlich gut überstanden.“ Eine deutliche Steigerung der Hilfesuchenden nimmt der Facharzt für Psychiatrie aktuell wahr: „Wir haben – quasi jetzt mit Verzögerung – derzeit alle Hände voll zu tun und haben deutlich mehr Betrieb als üblicherweise zu dieser Jahreszeit.“
Das Positive aus der Corona-Krise
Dennoch hatte der Lockdown nicht nur negative Konsequenzen für unsere Psyche, wie Kriseninterventions-Leiter Demitsch betont: „Wir alle wurden durch Corona etwas eingebremst. Das hat uns die Möglichkeit gegeben, einmal ein Stück weit innezuhalten. In dieser Zeit konnte man sich darüber Gedanken machen, was wesentlich ist und was nicht.“
Nach dem Hochfahren sei aber wieder schnell alles in die bekannten Muster verfallen: „Der Stress im beruflichen Umfeld war oft gleich wieder ein sehr hoher“, erklärt der Experte. Die Spuren, die die Corona-Krise in unserer Psyche hinterlassen hat, werden aber noch lange sichtbar sein: „Das ist eine langfristige Geschichte. Ich bin gespannt, wie sich die Lage entwickelt.“
Betroffene können sich unter folgender 24-Stunden-Krisenhotline melden:
- Salzburg Stadt: 0662 / 43 33 51
- St. Johann: 06412 / 200 33
- Zell am See: 06542 / 72 600
(Quelle: salzburg24)