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Bis zu 100 Tote bei Angriff auf Gaza

Veröffentlicht: 20. Juli 2014 23:05 Uhr
Bei den schwersten Angriffen auf den Gazastreifen seit fünf Jahren sind am Sonntag fast hundert Menschen getötet worden. Palästinensische Rettungskräfte zählten mindestens 96 Leichen. Die palästinensische Führung und die Arabische Liga warfen den israelischen Streitkräften "Massaker an Zivilisten" und "Kriegsverbrechen" vor. Auch für Israels Armee war es der blutigste Tag seit Jahren.

Tausende Bewohner des Gazastreifens flüchteten in Panik. Trotz der Verluste auf beiden Seiten kündigte Israels Premier Benjamin Netanyahu eine Ausweitung der Militäroffensive im Gazastreifen an.

Verschärft wurde die Lage zusätzlich dadurch, dass offenbar ein israelischer Soldat in die Gewalt von Hamas-Kämpfern geraten ist. Dies teilte ein Sprecher des bewaffneten Arms der radikal-islamischen Organisation am Sonntagabend mit. "Wir haben einen zionistischen Soldaten gefangen genommen", sagte Abu Ubaida von den Ezzedin-al-Kassam-Brigaden im Fernsehsender der Hamas. Er gab den Namen des Soldaten mit Shaul Aaron an. Von israelischer Seite lag zunächst keine Stellungnahme vor.

In Gaza kam es daraufhin zu Jubelszenen; von ähnlichen Szenen berichteten Augenzeugen in Ramallah und Hebron im Westjordanland. Ein israelischer Armeesprecher sagte, eine Untersuchung sei eingeleitet worden.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon begann am Sonntag eine mehrtägige Vermittlungsreise im Nahen Osten, bei der er beide Konfliktparteien an einen Tisch bringen und einen "dauerhaften Waffenstillstand" erreichen will. Er forderte eine sofortige Feuerpause. Die israelische Militäroffensive sei eine "scheußliche Tat", sagte Ban am Sonntag in Doha. "Die Gewalt muss aufhören."

Rund 130.000 Einwohner des Gazastreifens verließen laut dem Palästinensische Zentrum für Menschenrechte (PCHR) seit Beginn der israelischen Offensive bereits ihre Wohnhäuser. Die Zahl der Palästinenser auf der Flucht werde sich angesichts der israelischen Angriffe auf dicht besiedelte Wohngebiete vermutlich noch erhöhen, teilte die Menschenrechtsorganisation am Sonntag mit.

Nach Angaben palästinensischer Ärzte kamen seit Beginn der israelischen Militäroffensive am 8. Juli schon mehr als 430 Menschen im Gazastreifen ums Leben, mindestens 62 davon am Sonntag in Shedshaya. Auf israelischer Seite wurden bisher 18 Soldaten und zwei Zivilisten getötet.

Allein am Sonntag wurden der Armee zufolge 13 Soldaten "im Kampf gegen Hamas-Terroristen" in Gaza getötet. Derart hohe Verluste hatten die israelischen Streitkräfte zuletzt 2006 im Libanon-Krieg. Weitere Opfer auf beiden Seiten sind zu befürchten, nachdem Israel für Sonntagabend eine zusätzliche Ausweitung seiner Bodenoffensive ankündigte. "Wir werden nicht aufhören, bis alle Ziele erreicht sind", sagte Netanyahu am Sonntag in Tel Aviv.

Im Shifa-Krankenhaus von Gaza wurden beinahe minütlich neue Opfer eingeliefert, darunter viele vor Schmerzen schreiende Kinder, deren Körper von Splitterwunden übersät waren. "Die Bomben prasselten ununterbrochen auf uns ein, sie waren überall", berichtete eine verzweifelte Mutter in der Klinik. "Wir rannten auf die Straße und liefen los. Es war entsetzlich."

Zwar stimmten Israels Armee und die radikalislamische Hamas dem Vorschlag einer zweistündigen "humanitären Waffenruhe" auf Drängen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zu. Eine halbe Stunde später erklärten Israels Streitkräfte jedoch, die Feuerpause sei nach "Beschuss der Hamas" beendet und mit neuen Angriffen beantwortet worden.

"Shedshaya ist ein ziviles Gebiet, wo die Hamas ihre Raketen, Tunnel und Kommandozentren hat", begründete die Armee ihre Offensive. Vor Tagen schon sei die Zivilbevölkerung zum Verlassen des Gebiets aufgerufen worden, die Hamas habe sie jedoch zum Bleiben aufgefordert "und damit in die Schusslinie gerückt".

Die palästinensische Politikerin Hanan Ashrawi warf Israel vor, in Gaza ein "Massaker" anzurichten. Die palästinensische Regierung forderte die internationale Gemeinschaft zu einer "sofortigen Reaktion auf dieses Kriegsverbrechen" auf. Auch die Arabische Liga nannte das "brutale Bombardement" des Gazastreifens völkerrechtswidrig.

US-Präsident Barack Obama zeigte sich beunruhigt über die hohe Zahl der Opfer und kündigte eine Vermittlungsmission von Außenminister John Kerry in die Region an. Nach einem Bericht der israelischen Zeitung "Haaretz" könnte Kerry schon am Montag in der Region eintreffen. Nichtsdestotrotz billigte Obama Netanyahu erneut das Recht auf Selbstverteidigung im Konflikt mit der Hamas zu.

Netanyahu kritisierte im Fernsehsender CNN, Gaza sei trotz früherer Demilitarisierungsabkommen zu einer "vom Iran finanzierten und ausgerüsteten Festung des Terrors geworden, mit tausenden und abertausenden von Raketen und anderen Waffen, die hineingeschmuggelt und dort gebaut werden. Das muss ein Ende haben." Die Tunnel der Hamas könnten "relativ schnell" zerstört werden, die Demilitarisierung des Gazastreifens wiederum sei Aufgabe der gesamten Weltgemeinschaft.

Der Gazastreifen ist seit acht Jahren streng abgeschottet, nur in seltenen Ausnahmefällen dürfen Palästinenser die Grenzübergänge nach Israel passieren. Der schmale Küstenstreifen gehört mit 1,8 Millionen Menschen auf 362 Quadratkilometern zu den am dichtest besiedelten Regionen der Welt.

(Quelle: salzburg24)

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