Auch der bosnische Vertreter des dreiköpfigen Staatspräsidiums und Chef der Muslim-Partei SDA, Bakir Izetbegovic, forderte rasche Neuwahlen. Den Menschen müsse die Möglichkeit gegeben werden, Politiker zu wählen, denen sie vertrauten, sagte Izetbegovic. Regulärer Wahltermin ist im Oktober.
Die Proteste gegen die verbreitete Armut, Korruption und Misswirtschaft in dem Balkanland dauern seit Mittwoch an und haben sich inzwischen auf mehrere Städte ausgeweitet. In der Hauptstadt Sarajevo schlugen sie am Freitag in Gewalt um, rund 150 Menschen wurden verletzt. Am Sonntag demonstrierten erneut rund tausend Menschen in Sarajavo, um den Rücktritt der für die Missstände Verantwortlichen zu fordern. Sie sprachen sich für einen "Machtwechsel auf allen Ebenen" aus. Im Gegensatz zum Freitag verliefen die Proteste ohne Zwischenfälle.
Nach den von Gewalt überschatteten Protesten in den vergangenen Tagen ist unterdessen am Sonntag der bosnische Polizeichef Himzo Selimovic zurückgetreten. Bei einer Pressekonferenz in Sarajevo verwies Selimovic auf die mangelnden befehlsgebenden Befugnisse der Polizeidirektion.
Die landesweiten Demonstrationen sind die größten seit dem Bosnienkrieg (1992-95). Sie sind Ausdruck der Verzweiflung der Menschen und ihrer Wut über eine vielfach korrupte Führungsschicht, die es nicht schafft, die verheerende Wirtschaftslage in den Griff zu bekommen. Die Arbeitslosenquote in Bosnien liegt bei mehr als 44 Prozent. Nach amtlichen Angaben lebt ein Fünftel der 3,8 Millionen Bosnier in Armut, viele leiden Hunger.
(Quelle: salzburg24)