Deutschland ist für die Bundestagswahl in 299 Wahlkreise eingeteilt, also genau die Hälfte von 598. Jeder Wähler hat nun zwei Stimmen. Mit der Erststimme entscheidet er, welcher Kandidat seinen Wahlkreis im Bund vertritt. Hierfür gilt das Mehrheitswahlrecht.
Mit der Zweitstimme für die Landesliste einer Partei entscheidet er darüber, wie die Sitze im Parlament unter den Parteien nach dem Verhältniswahlrecht aufgeteilt werden. Deshalb ist die Zweitstimme, auch wenn der Name anderes vermuten lässt, die Wichtigere der beiden. Denn davon hängt am Ende ab, wen die Volksvertretung zum neuen Bundeskanzler wählen wird.
Wenn nun eine Partei in einem Bundesland mehr Wahlkreise per Erststimme gewinnt als ihr via Zweitstimme Sitze zustehen, erhält sie sogenannte Überhangmandate. Bei der Bundestagswahl 2009 gingen 24 Überhangmandate an CDU und CSU, der Bundestag wuchs von 598 auf 622 Abgeordnete. Die Mehrheit der christlich-liberalen Koalition von Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde auf diese Weise größer, als sie nach dem Zweitstimmenanteil auf nationaler Ebene gewesen wäre.
Das Bundesverfassungsgericht erzwang im vorigen Jahr eine Neuregelung. Nun müssen die Überhangmandate einer Partei durch Ausgleichsmandate für die anderen Parteien kompensiert werden. Der neue Bundestag dürfte wegen dieser Ausgleichsmandate größer werden als der alte. Wie groß, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die Schätzungen vor der Wahl reichten von rund 635 bis über 700 Mandate.
Bei der Bundestagswahl 2009 erhielten die Unionsparteien (CDU/CSU) aber auch deshalb so viele Überhangmandate, weil sie mit 33,8 Prozent auf nationaler Ebene ein relativ schlechtes Zweitstimmen-Ergebnis erzielt hatten. Bei den Erststimmen reicht die relative Mehrheit, so dass ein Kandidat auch mit nur einem Drittel der Stimmen den Wahlkreis gewinnen kann.
Nach den aktuellen Umfragen könnten CDU/CSU dieses Mal aber bis zu 40 Prozent der Stimmen holen. Dann würde die Differenz zwischen den gewonnenen Direktmandaten und der Zahl der Sitze, die ihnen nach dem Zweitstimmenanteil zustünden, nicht so groß wie 2009.
Egal wie die Wahl am 22. September ausgeht: Binnen 30 Tagen muss sich der neue Bundestag konstituieren. Falls die Parteien ihre Verhandlungen über eine neue Regierungskoalition bis dahin nicht abgeschlossen haben, kann die Kanzlerwahl auch warten.
(Quelle: salzburg24)