Konkret wirft Kräuter den Ländern vor, dass die Betroffenen die bedarfsorientierte Mindestsicherung zum Teil zu spät, nicht in der angemessenen Höhe oder gar nicht bekommen, obwohl sie die rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllen, oder sie wird rechtswidrig zurückgefordert. Dass teilweise die gesetzliche Frist von drei Monaten zur Behandlung eines Antrages nicht eingehalten wird, sei den Betroffenen angesichts der prekären Lage nicht zumutbar, meinte der Volksanwalt am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal" und gegenüber der APA. Auch das Verschlechterungsverbot gegenüber der ursprünglichen Sozialhilfe, die die Mindestsicherung abgelöst hat, werde nicht immer eingehalten.
Das Gesetz an sich hält Kräuter für ein gutes, die Mindestsicherung sei eine "tolle sozialpolitische Errungenschaft". Mängel gebe es aber im Vollzug durch die Länder. Der Volksanwalt will dabei nicht einzelne Länder besonders hervorheben, Probleme gebe es durchgehend. Im städtischen Bereiche seien sie zwar größer, aber auch "am flachen Land" funktioniere nicht immer alles problemlos.
Kräuter fordert nun eine Evaluierung, damit man in einer Zwischenbilanz feststellen könne, wo Nachschärfungen im Vollzug nötig seien. Er verweist darauf, dass für den Volllzug die Länder zuständig sind. Das Sozialministerium habe keinen direkten Zugriff, sondern nur eine indirekte Einflussmöglichkeit, indem es auf die Einhaltung der 15 a-Vereinbarung poche. Deshalb fordert der Volksanwalt, dass sich das Sozialministerium mit den Landessozialreferenten zusammensetzt und eine lückenlose Einhaltung des 15 a-Vertrages sichergestellt wird.
Die Wiener Sozialstadträtin Sonja Wehsely wies die Kritik von Kräuter zurück. Sie sei "äußerst überrascht" und "ausgesprochen verwundert", sagte Wehsely. Im Gegenzug warf sie ihrem SPÖ-Parteifreund vor, einen "neuen Stil" in die Volksanwaltschaft zu tragen und "sehr populistisch und über einen Kamm scherend" zu agieren.
Wehsely verwies im Gespräch mit der APA darauf, dass die Volksanwaltschaft erst in ihrem letzten Bericht Wien ausdrücklich gelobt habe. In der Bundeshauptstadt haben im Jahr 2012 rund 144.000 Personen eine Mindestsicherung bezogen, 2013 zählte die MA 40 insgesamt 52 Volksanwaltschaftsbeschwerden in diesem Bereich, davon betrafen 19 die Verfahrensdauer. Nur eine einzige davon sei nach Einschätzung der Volksanwaltschaft gerechtfertigt gewesen.
Es sei klar, dass bei rund 144.000 Beziehern der Mindestsicherung auch hin und wieder Fehler passieren können, meinte Wehsely. Aber die Volksanwaltschaft habe in ihrem Wien-Bericht 2012 generell den Vollzug durch die MA 40 und ihr Bemühen, "dass Probleme sehr rasch abgeklärt und gelöst werden", gelobt. Das Kontrollamt (jetzt: Stadtrechnungshof) habe die Einhaltung der Dreimonatsfrist geprüft: Insgesamt seien rund zwei Drittel der vollständig eingebrachten Anträge innerhalb von 20 Werktagen erledigt worden. Auch die Bearbeitungsdauer der restlichen Anträge sei bis auf wenige Ausnahmen innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Monaten gelegen. Auch das Verschlechterungsverbot sei in Wien "zu 100 Prozent umgesetzt" worden: In Wien erhalten Mindestsicherungsbezieher im Vergleich zur früheren Sozialhilfe im Schnitt rund 50 Euro mehr pro Monat.
Auch die Forderung Kräuters nach einer Konferenz der Landessozialreferenten mit dem Sozialministerium kann die Wiener Stadträtin nicht nachvollziehen. "Das ist business as usual." Eine solche Konferenz finde jedes halbe Jahr statt, und der zuständige Sozialminister sei jedes Mal dazu eingeladen. Die Mindestsicherung stehe dabei immer mit auf der Tagesordnung.
Sozialminister Hundstorfer erklärte sich in der Angelegenheit für nicht zuständig. Der Vollzug der Mindestsicherung sei Ländersache, er habe hier keine Kompetenzen, sagte Hundstorfer im Ö1-"Mittagsjournal". Es gehe hier um Gelder der Länder und er habe auch kein fiskalisches Druckmittel.
(Quelle: salzburg24)