Bei seinem "Siegeszug" durch die Hauptstadt Neu Delhi wurde Modi am Samstag mit Jubel und Ehrerbietungen empfangen. Tausende säumten die Straßen, tanzten, trommelten und schwenkten Fahnen mit dem Parteisymbol, der Lotusblume. "Der Lotus ist in Delhi erblüht", rief Modi seinen Anhängern zu. Überall zeigte er mit zwei Fingern das Siegeszeichen. Danach betete er am Fluss Ganges, der den meisten Indern heilig ist.
US-Präsident Barack Obama lud Modi nach Washington ein - seit 2005 hatten die USA ihm wegen seiner Haltung bei blutigen Unruhen als Regionalpolitiker die Einreise verweigert. Indiens bisheriger Premierminister Manmohan Singh (81), der nicht mehr zur Parlamentswahl angetreten war, legte am Samstag sein Amt nach zehn Jahren nieder.
Nach Angaben des Nachrichtensenders NDTV wollte Modi auch die Führer der hindu-radikalen Freiwilligenorganisation RSS treffen. RSS und BJP gehören zu einer riesigen Familie von Hindu-Organisationen, die die Dominanz des Hinduismus über alle anderen Religionen propagiert. "Wir versprechen, ein Indien aufzubauen, das stark ist, Respekt abverlangt und nicht auf Hilfe von außen angewiesen ist", sagte BJP-Chef Rajnath Singh.
Wann Modi zum Premierminister ernannt wird, wurde laut Singh zunächst nicht festgelegt. Allerdings könnte die Regierung bereits in den kommenden Tagen stehen. Nach Angaben der Wahlkommission erreichte die BJP 282 der 543 Sitze im Unterhaus; 272 sind für eine absolute Mehrheit nötig. Analyst Akshay Mathur erwartet, dass die BJP die vor der Wahl eingegangenen Allianzen mit kleineren Partnern aufrechterhält, um auch im Oberhaus des Parlaments Gesetzesvorhaben leichter durchbringen zu können. Die bisher regierende Kongresspartei stürzte bei der Wahl auf 44 Sitze ab.
Die Erwartungen an Modi sind hoch. Er hatte im Wahlkampf versprochen, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, zahlreiche Jobs zu schaffen, die Korruption zu bekämpfen und Infrastruktur wie Straßen und Strom auch in die hintersten Dörfer zu bringen. "Die Wähler haben nicht viel Geduld, da sie so viel Hoffnung in Modi setzen", meint Analyst Mathur. Deswegen müsse er nun schnell Greifbares liefern.
Nach Angaben des Weißen Hauses telefonierte Obama nach dem Wahlsieg mit Modi. Dabei habe der US-Präsident die strategische Partnerschaft beider Länder betont und angekündigt, die Zusammenarbeit zu vertiefen. Die Europäische Union hatte ihre harte Haltung gegenüber Modi schon im vergangenen Jahr aufgegeben und mit ihm Gespräche geführt. Australiens Premierminister Tony Abbott lud Modi umgehend zum G-20-Gipfel in Brisbane im Herbst ein.
Der scheidende Premierminister Singh zeigte sich in seiner Abschlussrede optimistisch für die Zukunft Indiens. Das Land werde zum bedeutenden Kraftzentrum der Weltwirtschaft aufsteigen, sagte der 81-Jährige. "Unsere Nation kann Tradition mit Moderne verbinden, Einheit mit Vielfalt, und so der Welt den Weg zeigen."
(Quelle: salzburg24)