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Umstrittenes Urteil des OLG zu Identitätsschutz

Veröffentlicht: 19. Dezember 2013 07:46 Uhr
Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hat einem Mädchen, dessen Mutter im Juli 2012 auf offener Straße ermordet wurde, den Schutz vor einer identifizierenden medialen Berichterstattung abgesprochen. Für das OLG ist die Fünfjährige, die unmittelbare Zeugin der Bluttat war, weder Opfer einer gerichtlich strafbaren Handlung noch wurde ihr höchstpersönlicher Lebensbereich verletzt.

Der Fall hatte österreichweit für Schlagzeilen gesorgt: Ein Mann stach am helllichten Tag in Wien-Leopoldstadt auf seine Ehefrau ein, nachdem sich diese von ihm getrennt hatte. Mehrere Blätter rückten das Schicksal der zu diesem Zeitpunkt vier Jahre alten Tochter des Paares in den Fokus. Besonders weit ging die "Kronen Zeitung", die unter anderem in reißerischer Aufmachung mehrere unverpixelte Fotos aus dem Familien-Album veröffentlichte, die das Mädchen vor dem Christbaum in den Armen der getöteten Mutter zeigten.

Für einen größeren Personenkreis unter den Lesern war das Kind jedenfalls identifizierbar, zumal in mehreren Artikeln der korrekte Vorname, der Anfangsbuchstabe des Nachnamens und - in Verbindung mit Fotos vom Wohnhaus - die vollständige Adresse wiedergegeben wurden. Das Mädchen werde "nun in einem Krisenzentrum versorgt", berichtete die Zeitung.

Die auf Medienrecht spezialisierte Wiener Rechtsanwältin Maria Windhager klagte daraufhin im Namen des Mädchens wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs (§7 Absatz 1 Mediengesetz) und Schutz vor Bekanntgabe der Identität (§7a Mediengesetz). Die erste Instanz bejahte den geltend gemachten Eingriff in den höchstpersönlichen Lebensbereich und sprach dem Mädchen eine Entschädigung von 3.500 Euro zu. Die "Kronen Zeitung" habe in unzulässiger Weise den Eindruck erweckt, das Mädchen sei traumatisiert, stellte der Erstrichter unter anderem fest.

Ein Berufungssenat des Wiener OLG sah das anders. Die inkriminierten Artikel und die veröffentlichten Fotos stellen laut dem der APA vorliegenden Urteil keine Verletzung der Intimsphäre dar, da die "Kronen Zeitung" nicht "das Leben in der Familie", sondern eine "öffentlich begangene schwere Straftat" beschrieben habe. Aus der Meldung, dass das Mädchen in einem Krisenzentrum sei, ziehe der Leser "keine Rückschlüsse auf die Psyche" des Mädchens, sondern "nimmt lediglich zur Kenntnis, dass die Antragstellerin nun gut betreut werde", vermeint das OLG.

Selbst die unverpixelten Bilder hält das OLG für unproblematisch: "Dass eine Mutter mit ihrem Kind glücklich ist bzw. dies auf einem Foto ausstrahlt, ist nichts, was bei Kenntnisnahme durch Außenstehende die persönliche Integrität im besonderen Maße berührt." Zusammengefasst entnehme der Leser den inkriminierten Artikeln "bloß oberflächliche Allgemeinplätze, aus denen keinerlei Rückschluss auf den Gesundheitszustand oder ähnlich in den höchstpersönlichen Lebensbereich eingreifende Umstände offenbart werden", heißt es in dem Urteil wörtlich.

Aus diesen Gründen und weil laut OLG "Opfer im Sinne des Mediengesetzes weiterhin jene Person ist, die durch eine strafbare Handlung unmittelbar verletzt, nicht hingegen bloß indirekt betroffen ist", wurde der Berufung der "Kronen Zeitung" gegen das Ersturteil Folge gegeben und der Entschädigungsantrag abgewiesen.

(Quelle: salzburg24)

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